19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
15.12.07 / Lohnender Blick in die Weite / Vom Sonnenkult im südlichen Schwarzwald und dem geheimnisvollen Belchengipfel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-07 vom 15. Dezember 2007

Lohnender Blick in die Weite
Vom Sonnenkult im südlichen Schwarzwald und dem geheimnisvollen Belchengipfel
von Elke Gersmann

Er ist nicht einfach nur irgendein Berg. Er ist der unumstrittene König des Schwarzwaldes, umrankt von Mythen und Geheimnissen. Bereits im 18. Jahrhundert hatte der Belchen einen erlesenen Fanclub. Dieser scharte sich um den bekannten alemannischen Dichter Johann Peter Hebel und frönte dem Belchismus. Hebel selbst wähnte sogar den Belchen als erste Station von der Erde zum Himmel.

Aber auch der vielreisende Goethe und der französische Dichter Victor Hugo verfielen dem 1414 Meter hohen Berg. Es muß also etwas dran sein an dem Zauber, dem schon viele erlegen sind.

Schön ist es hier das ganze Jahr. Doch vor allem an klaren Herbsttagen, wenn das bunte Laub von Bergahorn und Buche an seinen Hängen im milden Lüftchen raschelt, offenbart der Belchen seine ganze Magie. Dann verliert sich der Blick in der Weite.

Es ist still, nur der Wind rauscht durch das hohe Gras und trägt das Muhen der Hinterwälder Rinder aus dem Tal herauf. Diese sehr alte und außerdem kleinste Rinderrasse Mitteleuropas ist perfekt an das rauhe Klima des Hochschwarzwaldes angepaßt. Sie war vom Aussterben bedroht und verdankt ihr Überleben auch einigen engagierten Bauern rund um den Belchen.

Als kleine Öko-Rasenmäher werden die Rinder ab 2008 helfen, die Kulturlandschaft des Berges zu erhalten. Denn die runde Kuppe des Gipfels war nicht immer komplett frei von Bäumen und Büschen. Durch Rodung erhielten Bergbauern vor Jahrhunderten neues Weideland für ihr Vieh – und schufen eine Landschaft mit einer speziellen Flora und Fauna, die heute als schützenswert gilt. Ihnen verdanken wir auch die grandiose Rundumsicht. Es ist schwer, sich zu entscheiden, in welcher Richtung der Ausblick am schönsten ist.

Beeindruckend die Fernsicht auf die Bergkette der Schweizer Alpen, aus denen sich auf der einen Seite Eiger, Mönch und Jungfrau majestätisch erheben und auf der anderen der Mont Blanc ein Zeichen setzt. Lieblich schön dagegen der Blick ins kleine Wiesental mit seinen Höfen.

Und es gibt noch viel mehr zu entdecken, am besten auf einer Picknickdecke bei einer ordentlichen Vesper: Freiburg und der Feldberg, Rheintal, Münstertal, die Vogesen und der Schweizer Jura.

Der Belchengipfel ist nicht nur vermeintliche Kultstätte, hier haust auch ein wunderliches Wesen: der Badische Riesenregenwurm.

Lumbricus badensis lebt nur hier und erreicht eine stattliche Länge von 60 Zentimetern. Auf dem Riesenregenwurm-Erlebnispfad kann man ihm nachspüren. Besonders für Kinder ein großer Spaß.

Überhaupt sollte man sich den Belchen erwandern. Denn hier im Belchenland führen fast alle Wege hinauf zum Gipfel.

Ein beliebter Startpunkt ist Schönau.

Der kleine Luftkurort ist ein beliebtes Urlaubsziel. Hier starten auch regelmäßig öffentliche Busse zur Belchenbahn.

Damit versucht man, den Autoverkehr auf dem Berg einzudämmen. Denn er wurde fast zu Tode geliebt.

Jahrelang brausten jedes Wochenende Autokarawanen die Straße zum Gipfel hinauf. Mit fatalen Folgen für die Natur.

Im Jahr 2001 fand schließlich die Expo-2000-Seilbahn hier eine neue Heimat, Flora und Fauna konnten aufatmen. Heute ist für Autos beim Jägerstüble an der Seilbahnstation Schluß. Aber selbst wer von dort aus zu Fuß startet, kann einen ganzen Tag wandernd auf dem Belchen verbringen.

Diejenigen, die es anspruchsvoller mögen, starten in Neuenweg, westlich von Schönau. Die 15 Kilometer lange Wanderung führt vorbei am idyllischen Nonnenmattweiher mit seiner typischen Hochmoorvegetation aus Wollgras, Farnen und Sonnentau. In der Mitte des Sees schwimmt eine kleine Torfinsel und das klare Wasser eignet sich hervorragend, um müde Wandererfüße zu kühlen. Auch der Nonnenmattweiher steht unter Naturschutz, der hier im südlichen Schwarzwald eine große Rolle spielt.

Wer von Schönau auf den Belchen wandert, kann außerdem erleben, daß regenerative Energien keine Grenzen kennen: Die evangelische Bergkirche in Schönau ist das erste Denkmal im Land, auf dessen Dach eine Solaranlage installiert wurde.

Den Titel der Öko- beziehungsweise Solarhauptstadt muß sich das kleine Schönau jedoch mit dem größeren Freiburg teilen. Die Solarbranche boomt und das Angebot der klassischen Stadtführungen wurde um die Solartouren ergänzt. Doch auch wer sich nicht so sehr für Stromgewinnung interessiert, sollte einen Ausflug nach Freiburg unternehmen und ein wenig südliches Flair genießen.

Denn die Stadt an der Dreisam ist bei Studenten nicht nur wegen ihrer 550 Jahre alten Universität beliebt – vor allem das milde Klima und die vielen Sonnenstunden sind verlockend. Die beschwingte Atmosphäre wirkt ansteckend, entspannt schlendert man durch die engen Gassen der Altstadt, an denen die Freiburger Bächle entlang plätschern.

Im Zentrum der Stadt steht das Freiburger Münster, ein gotisches Meisterwerk, mit dessen Bau schon im 13. Jahrhundert begonnen wurde. Wer sich die 328 Stufen den Turm hinaufwagt, wird mit einem spannenden Ausblick über die Stadt belohnt. Aber für alle, die Angst vor einem Drehwurm haben, gibt es auch eine Alternative: Im Stadtgarten startet eine Seilbahn hinauf auf den Schloßberg. Oben gibt es wieder viel zu sehen: die Stadt, das Münster, die sanften Landschaften rund um Freiburg. Schön – aber nicht ganz so schön wie auf dem Belchen.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren