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22.12.07 / Wegen Erfolgs gefeuert / Krach im Berliner Zoo: »Knut-Manager« Uhlich mußte gehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-07 vom 22. Dezember 2007

Wegen Erfolgs gefeuert
Krach im Berliner Zoo: »Knut-Manager« Uhlich mußte gehen
von Mariano Albrecht

Der defizitäre Berliner Zoo hat sich in der vergangenen Woche von dem Mann getrennt, der es im vergangenen Jahr geschafft hatte, dem Unternehmen geschätzte acht bis zehn Millionen Euro in die Kassen zu spülen. Freilich kam dem nun gefeuerten Kaufmännischen Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Berliner Zoo AG, Gerald R. Uhlich, dabei zugute, daß die Geburt des kleinen Eisbären Knut dem Unternehmen nie dagewesene Besucherströme bescherte.

Doch genau daran rieben sich die Gemüter altehrwürdiger Zoologen wie des Direktors von Berlins Zoo und Tierpark, Bernhard Blaszkiewitz. Auch dem Vorstand war der große Rummel um die Knut-Vermarktung offenbar unheimlich. Zudem schienen die Vorstellungen Uhlichs von der Führung eines modernen Zoos nicht denen der Zoologen des 1844 gegründeten Unternehmens zu entsprechen. Was war passiert?

Der Berliner Zoo im Westen und der Tierpark Berlin im Ostteil der Stadt liegen sich seit dem Mauerfall in den Haaren. Das ungeliebte Kind Ost bekommt mehr Subventionen aufgrund seiner Größe, der alteingesessenen Vorstand des Zoo fürchtet eine gegenseitige Kannibalisierung der Angebote. Als Uhlich vor drei Jahren den Posten des Kaufmännischen Direktors für beide Einrichtungen übernahm, wollte er das ändern.

Uhlich ist Manager, mit Tieren hatte er bis zum Antritt seiner Arbeit in Zoo und Tierpark nicht viel zu tun. Bis vor drei Jahren arbeitete er in der Metall- und Textilindustrie. Der studierte Ökonom kennt sich mit Zahlen aus, kunden- und gewinnorientiertes Arbeiten sind sein Job. Direktor Blaszkiewitz war der Mann von Anfang an suspekt, er befürchtete, daß die ehrwürdige Einrichtung zum Disneyland verkommt. „Unsere Aufgabe ist es seit dem Jahr 1844, Tiere auszustellen, denen es gut gehen soll, und Naturschutz zu betreiben“, formuliert der Biologe sein Selbstverständnis.

Neben den Eintrittsgeldern lebt der Berliner Zoo von Zuschüssen des Berliner Senats, ebenso das Tochterunternehmen Tierpark, die Kassen sind streng getrennt. Von den Zooeinnahmen darf gemäß der Satzung der Zoo AG kein Geld an den größeren Tierpark transferiert werden, In der Vergangenheit flossen pro Jahr rund zwölf Millionen Euro in Zoo und Tierpark, nun werden die Subventionen zurückgefahren. 2008 erhält der Zoo nur noch 1,8 Millionen Euro, der Tierpark 6,7 Millionen. Außerdem füllen zahlreiche Spenden die ständig leeren Kassen auf, Tierhaltung kostet viel Geld.

Gerald R. Uhlich vertritt die Meinung, daß sich das Konzept Zoo, wie es in der Vergangenheit existierte, überlebt habe. „In einer Zeit, in der die Menschen reisen, sich Tiere in freier Wildbahn ansehen können und eine Medienflut die Welt ins Wohnzimmer bringt, ist die reine Tierschau kaum noch gefragt.“

Man müsse dem Besucher Erlebniswelten im Lernzoo bieten, um die wissenschaftliche Arbeit eines Zoos auf ein solides Fundament zu stellen. „Man kann nur soviel Artenschutz betreiben, wie Geld da ist“, meint der Geschäftsmann. Mit Geschäftspartnerschaften, einem neuen Kartensystem und Zusammenarbeit mit der Tourismusindustrie wollte Uhlich dem Zuschußbetrieb neuen Schwung geben. Das stieß auf Kritik. Die Zucht seltener Tierarten kostet Geld. Und wie man das verdient, zeigte Uhlich den subventionsverwöhnten Zoovorständen. Uhlich machte den Eisbären Knut zur eingetragenen Marke, verkaufte Musik- und Buchrechte an Verlage und kurbelte eine Souvenirindustrie an.

Tierschützer sahen den kleinen Eisbären mißbraucht. Dem Zoo warfen sie vor, andere Tiere zu vernachlässigen. Daß das Geld aus der Knut-Kampagne dem gesamten Tierbestand zugute kam, wurde geflissentlich ausgeblendet.

Uhlich sah sich wachsenden Anfeindungen ausgesetzt, Rückendeckung aus dem Vorstand bekam er keine. Statt dessen bestehen die Verantwortlichen in Berlin auf eingefahrenen Bahnen, obwohl andernorts bereits überaus erfolgreich der Kurs neu bestimmt wird.
Zum Beispiel in Hannover. Seit dem Beginn des Umbaus des Zoos dort 1994 wuchs die jährliche Besucherzahl um 94 Prozent. Parallel dazu stiegen die Eintrittseinnahmen um mehr als 419 Prozent. Das Konzept: Erlebniswelt statt Tierausstellung.

2007 verbuchte Berlins Zoo dank Uhlichs Engagement seit Jahren erstmals schwarze Zahlen. Doch dies ging den Akteuren im Vorstand offenbar zu schnell. Subventionen aus Steuermitteln sind bequemer als ein Leistungsdruck wie in einem Wirtschaftsunternehmen.

Glückwunsch: Zum Geburtstag gab es für Knut eine große Gemüsetorte mit Holzkerze. Der Berliner Bär erblickte vor einem Jahr das Licht der Welt. Für den Mann, der ihn zum Star machte, ist allerdings Schluß. Gerald R. Uhlich machte die Marke Knut zum weltweiten Kultobjekt und brachte die Kassen des Berliner Zoos zum Klingen. Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan ... Foto: ddp


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