20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.12.07 / Als die Bilder laufen lernten / Vor 90 Jahren wurde die Ufa in Berlin gegründet, und bald kam alles, was Rang und Namen hatte nach Babelsberg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-07 vom 22. Dezember 2007

Als die Bilder laufen lernten
Vor 90 Jahren wurde die Ufa in Berlin gegründet, und bald kam alles, was Rang und Namen hatte nach Babelsberg
von Rüdiger Ruhnau

Keine andere der vielen Kunstgattungen ist so stark von der Technik abhängig wie der Film. Zwar war es schon lange ein Traum der Menschen, bewegtes Leben in der Zweiflächendimension darzustellen, doch erst einmal mußte die technische Entwicklung so weit fortgeschritten sein, um diesen Menschheitstraum verwirklichen zu können.

Die Wunderwelt des Kinos nahm ihren Anfang, als Max Sklada-nowski 1895 im Berliner Varieté „Wintergarten“, als erster in Deutschland, selbstgefertigte „laufende Bilder“ öffentlich vorführte. Oskar Messter verbesserte nicht nur die kinematographischen Aufnahme- und Wiedergabegeräte, er führte auch die erste deutsche Wochenschau vor. Messters erster brauchbarer Film, zu dem er auch gleich den Projektor mitlieferte, entstand auf dem Pariser Platz in Berlin, mit dem etwas langatmigen Titel „Belebtes Straßenbild um die Mittagszeit Unter den Linden, mit dem Brandenburger Tor im Hintergrund“.

Bald nach der Jahrhundertwende entstanden Spielfilme von über 60 Metern Länge, sie zeigten die Handlung schon etwas ausführlicher. Da man das Schneiden der Zelluloidbänder und das künstlerische Zusammensetzen einzelner Spielszenen noch nicht beherrschte, mußte der gesamte Spielablauf ohne Unterbrechung aufgenommen werden. Den Unterschied zwischen Theater- und Filmdarstellung hatte man in der Frühzeit noch nicht begriffen und glaubte, die fehlende Sprache durch übertriebene Gebärden ausgleichen zu müssen. Das Resultat war ein komisches Grimassenschneiden nebst Herumfuchteln, es wurde einfach das Theaterspiel übernommen.

Mit dem Auftreten großer Mimen wie Asta Nielsen beanspruchte der Film, als Kunstgattung anerkannt zu werden. Die Dänin Nielsen, der erste importierte deutsche Filmstar, revolutionierte mit ihrem seelenvollen Ausdrucksspiel die Filmdarstellung. Der Filmunternehmer Paul Davidsohn, einer ostpreußischen Kaufmannsfamilie entstammend, hatte in Berlin die Projektions AG Union, PAGU, ins Leben gerufen. Er bespielte das seinerzeit größte Kino am Alexanderplatz, das „Union-Theater“ (U.T.). Einen Markstein im Streben nach gediegener Kunst im Filmschaffen stellte der Streifen „Der Student von Prag“ dar, mit dem Westpreußen Paul Wegener als Hauptdarsteller. Dieser Film entstand in den Ateliers der Produktionsfirma „Deutsche Bioskop“, sozusagen in der Urzelle der späteren Ufa-Stadt Neubabelsberg. Zu den Publikumslieblingen vor dem Ersten Weltkrieg zählten neben Henny Porten die Schauspieler Johannes Riemann, Werner Krauß und Hans Albers.

Die Wirkung des Films als ein Mittel der Propaganda ist in Deutschland erst spät erkannt worden. Während England und Frankreich das Gebiet der psychologischen Kriegführung meisterhaft beherrschten, den Film zur Stimmungsmache gegen die Mittelmächte einsetzten, geschah in dieser Hinsicht im Reich fast nichts. Das änderte sich erst, als Oberst Hans von Haeften, Vertreter der Obersten Heeresleitung und Chef der Militärischen Dienststelle für Auslandspropaganda im Auswärtigen Amt, die Angelegenheit in die Hand nahm. Die von finanziellen Problemen gebeutelten Filmproduzenten und Kinobesitzer sollten zu einer großen Dachgesellschaft zusammengefaßt werden, die von führenden Banken und Unternehmen gegründet, finanziert, zugleich aber auch staatlich subventioniert und kontrolliert werden sollte. Am 18. Dezember 1917 wurde unter General Erich v. Ludendorffs Schirmherrschaft dann die Universum Film AG (Ufa) gegründet.

In den 1920er Jahren hinterließ der Expressionismus auch im Film seine Spuren, beispielsweise in F. W. Murnaus Opus „Der letzte Mann“ mit Emil Jannings in der tragischen Rolle eines Hotelportiers. Murnau gehörte zu den begabtesten Regisseuren der Stummfilmzeit, er verfilmte unter anderem „Tartuffe“, „Faust“ und „Phantom“, nach einem Roman von Gerhart Hauptmann. Die Erstaufführung dieses Streifens übernahm 1922 der Ufa-Palast am Zoo, der sich zu einer Art Hofburg des Konzerns mauserte.

Nicht immer spielte das Publikum mit. Schon der erste Preußenfilm „Fridericus Rex, ein Königsschicksal“ aus der frühen Ära des Stummfilms löste Demonstrationen von Gegnern aus. Manchmal mußte die Polizei selbst im Kino gegen die Krawallmacher einschreiten. Die größte Entdeckung für die Gestalt Friedrichs des Großen war Otto Gebühr, dem die Rolle des Alten Fritz wie auf den Leib geschnitten saß. In vielen späteren Preußenfilmen wie „Das Flötenkonzert von Sanssouci“ oder „Der Choral von Leuthen“ konnte Otto Gebühr sein großes Talent unter Beweis stellen. Von 44 Preußen-Verfilmungen entstanden allein 27 in der Weimarer Republik, ein Zeichen, daß die Empfänglichkeit des Publikums für Darbietungen aus der ruhmreichen deutschen Geschichte ungebrochen war.

Im Südwesten Berlins liegt die Villenkolonie Neubabelsberg. Mit der Ufa setzte ein bemerkenswerter Aufschwung zur Filmstadt ein. Alles, was Rang und Namen hatte, kam nach Babelsberg. Ganze Stadtviertel zauberten die Kulissenbauer hervor. Athen, New York, romantische Schlösser neben Wolkenkratzern, nichts war in der „Ufa-Stadt Babelsberg“ unmöglich. Mit dem ersten deutschen Tonfilm „Melodie des Herzens“ mit Willy Fritsch begann 1929 der Start in die Tonfilmzeit. Im selben Jahr drehte Altmeister Carl Froelich „Die Nacht gehört uns“ mit Hans Albers. Der „blonde Hans“ durfte salopp und natürlich sprechen, ohne Bühnenpathos. Es begann die große Zeit der Ufa-Stars. 1936 verdiente die unvergleichliche Zarah Leander mit drei Filmen 200000 Mark. In München feierte man eine Filmfestwoche, und in ganz Deutschland beging man in über 2000 Lichtspielhäusern den Volksfilmtag. Zu billigen Preisen sollte für jedermann der Weg zum guten deutschen Film offenstehen. Zu den herausragenden Leinwandstreifen, die auf den Internationalen Filmkunsttagen in Venedig höchste Wertschätzung erfuhren, gehörten „Es war eine rauschende Ballnacht“ (Zarah Leander, Hans Stüwe), „Bel Ami“ (Willi Forst, Olga Tschechowa), „Der Gouverneur“ (Willy Birgel). Die Eröffnung bestritt der „Robert-Koch“-Film mit Emil Jannings in der Titelrolle.

Mit der Gründung der „Deutschen Filmakademie“ in Babelsberg hoffte man auch, durch die Heranbildung eines befähigten Nachwuchses die künstlerische Qualität des Filmschaffens weiter zu steigern. Inzwischen existierte nur noch ein einziger Filmkonzern. Die Ufa hatte alle übrigen Filmgesellschaften, wie „Tobis“, „Terra“, „Bavaria“ oder „Wien Film“ vereinnahmt. Der Staat hatte die Aktien der Gesellschaften aufgekauft, damit befand sich die deutsche Filmproduktion im Reichsbesitz. Zur wichtigsten technischen Neuerung der Ufa avancierte der „Agfacolor“-Film. Als Jubiläumsgeschenk – 25 Jahre Ufa – präsentierte das Unternehmen 1942 seinen Zuschauern den mit großem Aufwand hergestellten Farbfilm „Münchhausen“. Bis zum Kriegs-ende wurden in den Ateliers der Ufa noch Filme gedreht.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren