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22.12.07 / Die richtigen Worte für Scarlett / Theaterstück schildert den Krampf ums richtige Drehbuch für »Vom Winde verweht«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-07 vom 22. Dezember 2007

Die richtigen Worte für Scarlett
Theaterstück schildert den Krampf ums richtige Drehbuch für »Vom Winde verweht«
von Rebecca Bellano

Als am 11. November mit großem Aufwand in Hamburg die deutsche Übersetzung von „Rhett“ präsentiert wurde, gab es ein Bonbon der Extraklasse. Der deutsche Schauspieler und Frauenschwarm Ralf Bauer und seine Kollegen Lutz Herkenrath und Meike Harten spielten die erste Szene des Theaterstücks „Mondlicht und Magnolien“ an, das noch bis zum 12. Januar im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater zu sehen ist. „Mondlicht und Magnolien“? Was hat das mit „Vom Winde verweht“, Scarlett O’Hara und Rhett Butler zu tun?

„Mondlicht und Magnolien“ lautete der Arbeitstitel bei der Verfilmung von „Vom Winde verweht“. Und genau um die Verfilmung des Buches geht es in dem Vier-Mann-Stück, das der Brite Ron Hutchinson für die Bühne geschrieben hat.

Das Stück spielt 1936. Film-Produzent David O. Selznick, hier gespielt von Ralf Bauer, hat die Dreharbeiten für „Vom Winde verweht“ stoppen lassen. Zwar kann Scarlett-Darstellerin Vivian Leigh Regisseur George Cukor gut leiden, Rhett-Darsteller und Star des Films Clark Gable und Selznick möchten aber lieber Gables Freund Victor Fleming (dargestellt von Konstantin Graudus) als Regisseur. Auch das Drehbuch von Sidney Howard erscheint dem Produzenten zu lang und schwergängig, so daß er über Nacht entscheidet, ihn durch Ben Hecht (hier Lutz Herkenrath) zu ersetzen. An dieser Stelle setzt das Stück ein.

Hecht kommt zu Selznick ins Büro und schockiert den Hollywood-Filmemacher mit der Aussage, daß er bei der Lektüre von „Vom Winde verweht“ nicht über die erste Seite hinausgekommen sei. „Sie haben es nicht gelesen“, fragt Selznick mehrfach ungläubig hintereinander, denn er kann es nicht fassen, daß der Drehbuchautor den Bestseller nicht kennt. „Würg“ ist dessen einziger Kommentar zu dem Roman von Margaret Mitchell. Doch Produzent Selznick läßt sich nicht entmutigen, zusammen mit dem etwas später vom Set von „Zauberer von Oz“ eintreffenden Regisseur Fleming spielt er Hecht die Szenen vor. Da der aber nur fünf Tage Zeit hat, schließen sich die drei Herren in Selznicks Büro ein und werden nur von dessen kühler Sekretärin Miss Poggenphul (Meike Harten) versorgt. Da David O. Selznick vernommen hat, daß Bananen und Erdnüsse die Denkaktivität erhöhen, gibt es nur dieses Denkfutter.

Mancher Disput zwischen den drei Männern offenbart den Zeitenwandel. Als Hecht schreiben soll, daß Scarlett das schwarze Sklavenmädchen Prissy schlägt, weigert er sich. Das sei politisch nicht korrekt, die Zuschauer wären empört. Selznick besteht aber auf der Szene, denn erstens sei das im US-Bürgerkrieg durchaus üblich gewesen und außerdem stehe Scarlett, die im brennenden Atlanta ihrer Konkurrentin Melanie bei der Geburt ihres ersten Kindes helfen soll, unter massiven Druck.

Was bei der Buchpräsentation ohne Bühnenbild und im Sitzen vorgetragen wurde, wird im Ernst-Deutsch-Theater vor für aktuelle Verhältnisse opulentem Bühnenbild präsentiert. Doch wer das Spiel der Schauspieler bei der Buchpräsentation gesehen hat, wird beim Besuch der Vorstellung im Ernst-Deutsch-Theater enttäuscht sein. Das Bühnenbild motiviert Ralf Bauer offenbar zu großen Gesten. Gesten, die übertrieben und hyperaktiv wirken.

Überhaupt wird das Spiel der drei in Konkurrenz zueinander stehenden Herren im Laufe der Zeit immer klamaukiger – so klamaukig, daß einige Zuschauer das Theater in der Pause verlassen. Zwar ist es realistisch, daß man nach fünf Tagen Dauerarbeit ohne Schlaf und Pause gereizt ist und wie betrunken wirkt, doch leider übertreiben die Darsteller. Auch wenn so mancher Lacher die Schauspieler für ihr Tun belohnt, ein feineres, zurückhaltenderes Spiel hätte das Niveau deutlich gehoben. Zumal die Dialoge der drei unter Leistungsdruck stehenden Männer – jeder drehfreie Tag kostet Selznick für die damalige Zeit unglaubliche 50000 US-Dollar – genügend scharfzüngige Schußwechsel bieten.

Im großen und ganzen ist „Mondlicht und Magnolien“ für „Vom Winde verweht“-Fans sehr empfehlenswert. Übrigens: Am Ende drehten Selznick und Fleming den Film doch mit dem Drehbuch von Sidney Howard.


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