© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

Energiekrise in Fernost

Rußlands fernöstlichste Halbinsel Kamtschatka hat zwar deutlich mehr Fläche als ganz Deutschland, wird aber von lediglich 380000 Menschen bewohnt. Bei denen klopft jedes neue Jahr zuerst an: Wenn in Moskau gerade erst Mittag ist, können die Kamtschatkaner schon die Korken knallen lassen.

2008 wird ihnen jedoch der traditionelle Wunsch „Neues Jahr, neues Glück“ wie purer Hohn klingen, denn ihre Halbinsel wird von einer schweren Energiekrise heimgesucht, die auf weitere Fernost-Regionen übergreift. Angeblich lösten „Gerüchte“ sie aus, daß Energiekonzerne, allen voran Mehrheitseigner „Rossneft“, die Öllieferungen nach Kamtschatka gestoppt hätten. Laut Boris Dobshenetzki, oberster Energiemanager Kamtschatkas, lebt dieses „seit einem Monat von Tanker zu Tanker“, kurz vor Weihnachten kam der letzte und die Benzinvorräte reichen wohl nur für eine Woche.

Jetzt brach ein Run auf die Zapfsäulen aus, der tägliche Benzinverbrauch wuchs um ein Drittel auf 300 Tonnen, die Literpreise stiegen bis zu 40 Prozent an. Wo es noch Benzin gab, bildeten sich lange Schlangen, immer mehr Tankstellen schlossen und Benzin wurde nur noch auf Rationierungskarten ausgegeben – maximal 30 Liter pro Person.

Hinter verschlossenen Türen tagte die Regionalregierung unter Gouverneur Aleksej Kusmicki, während die Medien bereits die wahre Krisenursache verrieten: Rußland will den Preisanstieg auf dem Weltmarkt ausnutzen, hat seine Energieexporte gesteigert, was seine Bürger in Fernost jetzt ausbaden müssen.

Mitte Januar, so hofft man, soll die Krise vorbei sein. Dann kommt die Stunde der „Föderalen Antimonopol-Agentur“, die prüfen will, ob hier einige marktwirtschaftliche Raubritter ihre Hand im Spiel hatten.   Wolf Oschlies