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05.01.08 / Gern hat er die Frau’n geküßt / Erinnerung an den umschwärmten Tenor Richard Tauber, der mit seiner Stimme sein Publikum begeisterte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

Gern hat er die Frau’n geküßt
Erinnerung an den umschwärmten Tenor Richard Tauber, der mit seiner Stimme sein Publikum begeisterte
von U. Klöckner-Draga

Kein Sänger hat je so viel Glanz verbreitet. Schon gar nicht in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ein Mythos schon zu Lebzeiten: Richard Tauber. Schon mit 17 Jahren hatte der am 16. Mai 1891 unehelich in einem Gasthaus in Linz an der Donau Geborene die Schule verlassen, um Musik zu studieren. Zunächst wollte er Dirigent, dann Sänger werden. Doch die ersten Gesangstudien fielen vernichtend aus. Erst in dem hellhörigen Karl Beines fand der mittlerweile 20jährige einen idealen Gesangslehrer, der von der „berückend schönen stimmlichen Mittellage“ seines Schülers begeistert war. Als Richards Vater 1913 Leiter des Stadttheaters von Chemnitz wurde, holte er den Sohn an sein Theater. Als Tamino in Mozarts „Die Zauberflöte“ hatte der junge Tenor einen derartigen Erfolg, daß ihm der Intendant der Dresdner Hofoper sofort einen Fünfjahresvertrag anbot. Schon bald avancierte Richard Tauber zum Lokalstar.

1915 wollte der energiegeladene Sänger die Reichshauptstadt Berlin erobern, doch fiel er mit Pauken und Trompeten durch. Ihm fehlten noch die Routine und die Sicherheit. Mehr Glück hatte Tauber an der Wiener Hofoper. Mit seiner Antrittsrolle als Don Octavio in Mozarts „Don Giovanni“ machte er von sich reden. Richard Tauber war es gelungen, die Verbindung von ausdrucksvoller Innigkeit und italienischer Belcanto-Schönheit herzustellen. Durch

Erich Kleiber wurde der gefeierte Mozart-Interpret dann an die Berliner Staatsoper Unter den Linden verpflichtet und hatte endlich auch dort Erfolg. Schnell stand er ohne Rivalen da.

Schicksalhaft wurde Taubers Bekanntschaft mit dem über 20 Jahre älteren Franz Lehár. Dem Sänger brachte sie noch größeren Ruhm und dem Komponisten ein triumphales Comeback seiner Werke. Lehár schrieb für Tauber die Tenorpartien in seinen Operetten und machte ihn damit zu seinem Standard-Interpreten. Der Komponist: „Tauber und ich, wir sind Brüder, ohne den Luxus der Blutsverwandtschaft.“ Und sein Urteil als Freund: „Als Musiker – weit über dem Handwerk stehend, tiefgründig und von umfassendem Können. Als gottbegnadeter Sänger, die Stimme, die ich beim Komponieren höre. Als Mensch – ein lieber prächtiger Kerl, treu wie Gold und zuverlässig wie Stahl.“

1926 fand in Berlin die Premiere von „Pa-ganini“ statt. Es folgten 1927 „Der Zarewitsch“, dann 1928 das Singspiel „Friederike“ mit der gefeierten Käthe Dorsch in der Titelrolle. 1929 folgte „Das Land des Lächelns“, und 1930 führte Tauber zusammen mit Gitta Alpar Lehárs „Schön ist die Welt“ zum Erfolg.

Der enthusiastische Furor dieser Operettenaufrührungen entfachte nicht nur in Berlin einen enormen Medienrummel. Der umjubelte Tenor erwarb sich eine unvorstellbare Popularität und wurde von seinem Publikum geradezu vergöttert. Der gefeierte Bonvivant füllte die Klatschspalten. Seine Liebesaffären, seine Stimmungsschwankungen und seine Extravaganzen wurden Tagesgespräch.

Die größten Bühnen der Welt bemühten sich um den deutschen Tenor. Er verdiente pro Abend 2000 Reichsmark, aber er lebte auch in großem Stil.

Auf über 700 konservierten Tonträgern bezauberte der ungemein vielseitige Sänger ein Millionenpublikum. Selbst simple Schlager wurden durch seinen lyrischen Tenor veredelt. Mit Liedern wie „Gern hab’ ich die Frau’n geküßt“, „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ verschaffte er sich eine bis heute ungebrochene Popularität.

Als sich der Tonfilm durchgesetzt hatte, gründete der Bühnenstar die „Richard Tauber Tonfilm GmbH“ und verschrieb sich auch diesem neuen Medium. Allein 1930 entstanden gleich drei Filme mit Tauber in der Hauptrolle: „Ich glaub nie mehr an eine Frau“, „Das lockende Ziel“ und „Das Land des Lächelns“. 1931 folgte dann „Die große Attraktion“. Presse und Publikum waren von Taubers zurück-haltendem, menschlichen Spiel begeistert und natürlich von seinen Liedern, die er in den Filmen sang. 1932 wurde sein letzter Tonfilm in Berlin gedreht: „Melodie der Liebe“.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann für viele Stars die Götterdämmerung. Auch Richard Tauber fiel dem sogenannten „Arierparagraphen“ zum Opfer, denn sein Vater war Jude. Sein Vermögen wurde beschlagnahmt. Tourneen führten den Exilanten weiterhin um die ganze Welt. Tauber drehte Filme in englischer Sprache: so 1934 den Schubert-Film „Blossom-Time“, 1935 folgte „Hearts Desire“, 1936 „Land without Music“  und im Jahr darauf „I Pagliacci“.

Neben seinen Auftritten als Sänger und Filmschauspieler betätigte sich der vielseitige Künstler auch als Dirigent und Komponist. Von ihm stammten die Operetten „Der singende Traum“ und „Old Chelsea“ mit dem Schlager „We are in love with you“.

1940 wurde Tauber britischer Staatsbürger und Mitglied der Londoner Covent Garden Opera. Er hatte die englische Schauspielerin Diana Napier geheiratet, die ihn bis zuletzt betreute und pflegte. Nach Kriegsende hatte er große Pläne. Zusammen mit Franz Lehár gab er 1946 in Zürich ein Konzert. Ein Gastspiel in New York mit „Yours is my Heart“ wurde nach wenigen Tagen abgesetzt, weil „the world famous tenor“ an einer akuten Kehlkopfentzündung litt. Auch wollte er wieder in Berlin und Wien auftreten.

Im September 1947 nahm Tauber das Angebot an, in London bei einem Gastspiel der Wiener Staatsoper mitzuwirken. Als Octavio in „Don Giovanni“ (unter dem Dirigenten Karl Böhm) stand er neben Maria Cebotari und Elisabeth Schwarzkopf auf der Bühne von Covent Garden.

Ihn quälten Hustenanfälle, die er dem Londoner Großstadtnebel zuschob. Dennoch trat Richard Tauber auf und sang den Don Octavio so herrlich wie nie. Das Publikum raste vor Begeisterung.

Anfang Oktober kam Tauber ins Krankenhaus und mußte operiert werden. Er glaubte, daß ihm ein Abszeß entfernt werden müsse. In Wirklichkeit wurde die inzwischen vom Krebs befallene linke Lunge entfernt.

Inzwischen hatte sich herausgestellt, daß der Mann, der Millionen verdient hatte, kein Geld mehr besaß. Für den Klinikaufenthalt und die Nachbehandlung sammelten Freunde und Kollegen. Nach mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt fühlte sich Tauber gestärkt, plante sogar für das kommende Jahr eine neue Tournee durch Amerika und Australien.

Doch der körperliche Verfall war nicht mehr aufzuhalten, der Krebs hatte inzwischen auch den rechten Lungenflügel befallen. Am 7. Januar 1948 flüsterte er seiner Frau schwer atmend zu: „Morgen werde ich wieder lachen, und du auch ...“, dann schlief er ein.

Der Todeskampf dauerte bis in die frühen Morgenstunden, dann war Richard Tauber erlöst. Am 8. Januar starb der „Nachfolger Carusos“ in einem Londoner Krankenhaus. Er wurde nur 56 Jahre alt.

Foto: Traumpaar: Die Hochzeit Richard Taubers mit Diana Napier im Jahr 1936


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