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05.01.08 / Mit der SPD kam in Hamburg die Ungleichheit / Der Namensgeber der zweithöchsten Auszeichnung der Hansestadt, der Bürgermeister-Stolten-Medaille, starb vor 80 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

Mit der SPD kam in Hamburg die Ungleichheit
Der Namensgeber der zweithöchsten Auszeichnung der Hansestadt, der Bürgermeister-Stolten-Medaille, starb vor 80 Jahren
von Manuel Ruoff

Hamburg ist stolz auf seine traditionell vergleichsweise flache gesellschaftliche Hierarchie. Vor der Novemberrevolution, welche die SPD an die Macht brachte, besaß zwar nicht jeder Hamburger das Bürgerrecht, aber oberhalb des Bürgers gab es nichts mehr. Hamburgs Erster Bürgermeister Johann Heinrich Burchard brachte das in der Zeit des Wilhelminismus auf den Punkt. Die Nachricht, der preußische König geruhe, den Hamburger Rudolph Schröder in den Adelsstand zu erheben, kommentierte er mit der Richtigstellung, der Monarch könne den Hanseaten zwar in den Adelsstand „versetzen“, in ihn „erheben“ könne er einen hanseatischen Kaufmann jedoch nicht.

Von diesem gesunden Selbstbewußtsein war auch Hamburgs Umgang mit der Ehrenbürgerschaft geprägt. Sie wurde ausschließlich an Nichthamburger verliehen. Das war nicht nur logisch, sondern auch konsequent. Es war logisch, denn es ist unsinnig, jemand ehrenhalber zu etwas machen zu wollen, was er bereits ist. Und es war konsequent, denn wenn Hamburger Bürger zu sein das höchste der Gefühle und nicht mehr zu toppen war, dann konnte Hamburg zwar mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft bedauernswerte Zeitgenossen, die nicht das Glück hatten, Hamburger zu sein, auf das eigene Niveau anheben, aber nicht Bürger der Stadt aus dem Kreis ihrer Mitbürger erheben.

Auf die Schnapsidee, daß die Ehrenbürgerschaft etwas Besseres sei als die Bürgerschaft, und sie zu mißbrauchen, um einzelne Hamburger aus dem Kreis ihrer Mitbürger herauszuheben, kam man erst 1948 unter einem sozialdemokratischen Bürgermeister, als der damalige Vorstandsvorsitzenden der Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumgenossenschaften in Hamburg und vormalige Hamburger Senator Henry Everling sie erhielt. Seit jener erstmaligen Verleihung der Ehrenbürgerschaft an einen Hamburger ist sie die höchste Auszeichnung, die ein Hamburger durch seine Vaterstadt erfahren kann.

Ebenso wie die Ehrenbürgerschaft für Hamburger ist auch Hamburgs zweithöchste Auszeichnung, die Bürgermeister-Stolten-Medaille, in einer Zeit sozialdemokratischer Dominanz eingeführt worden, nämlich 1925. Wie bei der Einführung der Ehrenbürgerschaft für Hamburger war auch bei der Stiftung der Bürgermeister-Stolten-Medaille ein Sozialdemokrat der erste Nutznießer, nämlich der Namensgeber, der erste Abgeordnete der SPD in der hamburgischen Bürgerschaft und damalige Bürgermeister der Hansestadt Otto Stolten.

Dem Hanseaten sind Auszeichnungen fremd. Sie widersprechen seinem Verständnis von Understatement (Bescheidenheit), Bürgerstolz vor Fürstenthronen und Gleichheit im Geiste des mittelalterlichen Stadtrechts, in dem es bereits heißt: „Es gibt über dir keinen Herren und unter dir keinen Knecht.“ Sich mit „Auszeichnungen fremder Herren“ zu schmükken, verbot den Hanseaten ihr Bürgerstolz, und Bürger aus den eigenen Reihen mit einer Hamburger „Hundemarke“ schmücken zu wollen, ihr Ideal der Gleichheit. Dem bescheidenen Hanseaten ist das Bewußtsein erfüllter Pflicht Lohn genug, ihn dürstet nicht nach „äußerlich sichtbaren Ordensinsignien“, die „den Dekorierten vor seinen Kollegen und Mitbürgern als einen vorzüglicheren auszeichnen sollen“.

So war es in Hamburg zumindest bis zur Novemberrevolution. Seitdem dominieren in der Hansestadt mit Ausnahme der NS-Zeit sowie kurzer bürgerlicher Zwischenspiele die Sozialdemokraten. Und seitdem ist eine geradezu unhanseatische Flut an Medaillen über die Stadt hineingebrochen.

Abgesehen von der bereits erwähnten Bürgermeister-Stolten-Medaille wurden von der Stadtregierung 1926 die Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes, 1927 die Sportmedaille, 1928 die Johannes-Brahms-Medaille, 1978 die Senator-Biermann-Ratjen-Medaille und 1986 die Alfred-Toepfer-Medaille gestiftet. Hinzu kam ab 1919 eine Fülle an Preisen wie der Lessing-, der Bach-, der Lichtwark-, der Edwin-Scharff-, der Fritz-Schumacher-, der Alexander-Zinn-, der Senator-Neumann-, der Aby-M.-Warburg-, der Karl-Schneider- und der Hubert-Fichte-Preis.

Einen traditionsbewußten, auszeichnungsscheuen Hanseaten erinnern derart viele Auszeichnungen schon fast an DDR-Verhältnisse.

Foto: Bürgermeister-Stolten-Medaille: Die Vorderseite (links) zeigt das Profil des Politikers mit der Umschrift „Bürgermeister Otto Stolten 1919–1925“, die Rückseite das Wappen Hamburgs mit dem Monogramm des Künstlers darunter und der Umschrift „Das Gemeinwohl ist das höchste Gesetz“.


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