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05.01.08 / Die Karten der Könige / Graf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-08 vom 05. Januar 2008

Die Karten der Könige
Graf von Schmettau entwarf für drei Preußenkönige Landkarten, doch keiner dankte es ihm
von Karel Chemnitz

Nun ist ja bekannt: Friedrich der Große war nicht nur ein großer Schlachtenlenker und ein hochgebildeter Zeitgenosse, sondern in manchen Dingen auch ein wenig schwierig. Mit zunehmenden Alter entwickelte der „Philosoph von Sanssouci“ ein immer stärkeres Mißtrauen gegen seine Umgebung. Was der große König aber regelrecht haßte, waren – man will es kaum glauben – Landkarten. Er hatte zeitlebens eine fast körperliche Abneigung gegen diese.

Es war 1778, als Major Friedrich Wilhelm Karl Graf von Schmettau gleich in zwei „Fettnäppchen“ trat. Da hatte doch der Offizier aus gutem Hause tatsächlich öffentlich daran gezweifelt, daß sein allerhöchster Feldherr im Böhmischen Krieg nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen hatte. Dazu kam dann noch die Sache mit den Landkarten, die Schmettau erstellt hatte, und von denen um die 270 gedruckt wurden.

Der adlige Geometer erfaßte die Kurmark – in etwa das heutige Land Brandenburg – sowie Teile von Pommern und Mecklenburg, Schlesien und Ostpreußen. Die Karten müssen im Eigenverlag entstanden sein. Und auch die Kosten wird Schmettau zum Großteil übernommen haben. Was – so wird man sich bei Hofe in Berlin und Potsdam gefragt haben – hat nur den Mann geritten, wegen profaner Landkarten sich mit Friedrich anzulegen. Im 18. Jahrhundert galt das Kopieren und Stehlen von Landkarten als Hauptaufgabe von Spionen aus allen Herrgottsländern. Ein preußischer Offizier hätte gut daran getan, die Hände davon zu lassen, zumal er von entsprechenden Abneigungen seines Landesvater wußte. Gewiß, Friedrich II. war ein den Wissenschaften zugewandter Zeitgenosse. Einer, der wußte, daß Projekte wie die Trockenlegung des Oderbruchs oder erfolgreiche Kriege ohne Karten kaum möglich waren. Doch dagegen stand: Lieber gar keine Karten vom eigenen Land, als sich der Gefahr des Verrates aussetzen. So hatten Majestät schon 1750 die Vermessung der Kurmark stoppen lassen. Nun also brachte Schmettau Landkarten in Umlauf und kritisierte gleichzeitig das militärische Genie seines Königs. Der Rausschmiß aus der Armee folgte auf dem Fuße. Schmettau zog sich auf sein Gut Garzau bei Strausberg östlich von Berlin  zurück. Eines von dreien, die der Graf besaß. Er betätigte sich erfolgreich als Parkgestalter. Seine Grabpyramide hat die Zeiten überdauert – leer und als Ruine. Das heutige Herrenhaus zu Garzau entstand allerdings erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

1802 verkauft Schmettau seine Güter und erwirbt von der  Krone Schloß Köpenick. Damals weit außerhalb von Berlin. Theodor Fontane hat Jahre später noch Spuren von Schmettau im Schloß entdeckt. Die Landkarten-Verdienste erwähnt der Dichter zwar, den Streit aber läßt er außen vor. Mehr oder weniger heimlich setzte Schmettau nach dem Rausschmiß seine Kartomanie fort. Bekräftigt und moralisch unterstützt vom Kronprinzen, der ihm offenbar die  Bezahlung seiner Arbeiten in Aussicht stellte. Und wirklich – nach dem Tod von Friedrich II. wird Schmettau von dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm II. rehabilitiert und als Oberst dem Generalstab zugeteilt. Doch als es dann um Geld für die Karten geht, reagiert der Landesvater unwirsch. Nur einen Teil der Kosten wolle er tragen. Etwa 12000 von 30000 Talern. Der Streit gelangt vor Gericht. Am Ende die enttäuschende Einsicht: Es ist kein gut Prozessieren gegen den ersten Mann des Königreiches Preußen-Brandenburg. Wieder verläßt Schmettau die Armee, und wieder zieht sich auf seine Besitzungen zurück. Auf dem Totenbett muß den König wohl so etwas wie das schlechte Gewissen geplagt haben. Er ruft seinen Obristen zurück und macht ihn sogar noch zum Generalmajor.

Es ist Friedrich Wilhelm III., der nächste Hohenzollern-Fürst auf dem Thron, der eine gründliche Untersuchung anordnet. Ohne Erfolg, inzwischen sind notwendige Akten verschwunden oder wichtige Zeugen verstorben. Geld gibt es also nicht. Wohl aber wird Schmettau als Trostpflästerchen der Rote Adlerorden verliehen. An der Spitze einer Division zieht im Herbst 1806 Graf Schmettau nach Thüringen, ist dabei bei der Doppelschlacht  von Jena und Auerstedt. Dort wird der inzwischen 63jährige schwer verwundet und stirbt am 18. Oktober im Haus der Goethe-Freundin Frau von Stein in Weimar. Auf dem Jacobs-Friedhof der Klassikerstadt liegt er begraben. Der Militärwissenschaftler von Clausewitz hat Schmettau einen „großen Kritikus, der den Ideen und Gewohnheiten seiner Zeit etwas voraus war“ genannt. Und Theodor Fontane will in ihm nicht nur einen „Soldat und Heerführer“ sehen, sondern sogar „einen heiteren Philosophen und Freund der Wissenschaften und Künste des Friedens“.

Foto: Voller Abneigung: Friedrich der Große mit verhaßter Landkarte


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