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12.01.08 / Späte Einsicht eines Senators / Eskalierende Jugendgewalt: Körting (SPD) kritisiert plötzlich lasche Richter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-08 vom 12. Januar 2008

Späte Einsicht eines Senators
Eskalierende Jugendgewalt: Körting (SPD) kritisiert plötzlich lasche Richter
von Markus Schleusener

Immer neue Übergriffe. Seit den Bildern aus München diskutiert ganz Berlin über immer neue Gewalttaten, insbesondere von ausländischen Jugendlichen.

Zu Silvester wurde ein 51jähriger von jungen Männern verprügelt, weil er sie gebeten hatte, keine Böller auf den Bahnsteig zu werfen. Zwei Tage später wurde ein Busfahrer vermöbelt, als er „Fahrgäste“ am Zerkratzen der Scheiben hindern wollte. Wenig später demolierten Jugendliche eine Haltestelle und gingen auf Passanten los.

Jahrelang wurde so etwas ignoriert. Vor allem über den hohen Ausländeranteil unter den Tätern verlor kaum jemand ein Wort. Politisch nicht korrekt, hieß es dann nur. Wenn jetzt derlei Nachrichten von Gewalttaten wie Schockwellen in enger Folge durchs Land fegen, dann hat das auch mit der vorherigen Politik des Verdrängens zu tun. Diese Erkenntnis setzt sich sogar bei denen durch, die selbst jahrelang zu den „Wegschauern“ gehört haben. Einer von ihnen versucht sogar, sich jetzt an die Spitze der Bewegung gegen brutale Jugendliche zu setzen: Berlins Innensenator Erhart Körting.

Der SPD-Politiker hat große Empörung bei Richtern und Politikern ausgelöst, als er in einem „Focus“-Interview vergangene Woche sagte, daß für die Gewaltmisere bei Migranten „Allesversteher und -verzeiher“ unter den Richtern mitverantwortlich seien. Diesen gehe es nur um die Psyche der Täter, die Psyche der Opfer sei „etlichen Richtern scheißegal“.

Und überhaupt! Die gängige Praxis der Verurteilung von jungen Erwachsenen (18–21 Jahre) nach Jugendstrafrecht – die sei auch nicht in Ordnung. „Sie und vor allem die Gutachter behandeln beinahe jeden 18- bis 21jährigen, als ob er Klein-Doofi wäre.“

Harte, geradezu populistische Worte von jemandem, der selbst früher Justizstaatssekretär war und nun auch als langjähriger Innensenator an den entsprechenden Gesetzen maßgeblichen Anteil hatte. Zu Beginn dieser Woche ruderte Körting dann wieder leicht zurück, offenbar weil er allzu vielen in der Richterschaft auf den Schlips getreten war. Plötzlich lobte Körting: „Ich sagte, daß die Zeit der Allesversteher und -verzeiher in Berlin glücklicherweise vorbei ist.“

Ist sie das wirklich? Berlin ist nach wie vor ein Paradies für jugendliche Schwerverbrecher. Nur einer von vielen Fällen: Vergangene Woche wurde das Verfahren gegen Patrick S. in Berlin-Moabit verhandelt. Mit zwei Kumpels hat der 18jährige am S-Bahnhof Schöneweide zwei Männer überfallen. Die Opfer wurden geschlagen, eines bis zur Bewußtlosigkeit. Die Beute: ein Rucksack, ein Mobiltelefon.

Elf Monate dauerte es, bis es endlich zur Verhandlung kam. Seinen Verteidiger kann Patrick selbst nicht bezahlen, also tut der Staat das für ihn. Und dann die Jugendgerichtshilfe, das „Highlight eines jeden Jugendprozesses“, wie die Boulevardzeitung „BZ“ höhnt: „,Schädliche Neigungen? Kann ich nicht erkennen‘, sagt die nette Dame vom Amt über den prügelnden Jugendlichen.“

Er kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Innensenator aber meint, diese Zeiten seien endlich vorbei. Schließlich würden in Berlin „nur“ 50 Prozent der Jugendlichen auch nach Jugendstrafrecht verurteilt. Körting hofft offenbar vor allem, daß die Wähler seine eigene jahrelange Untätigkeit einfach vergessen haben.

Immerhin hat sich bei der Videoüberwachung etwas getan. Sie gibt es zwar auch in Berliner U-Bahnen schon lange. Bis vor wenigen Wochen hätte es Videoaufnahmen wie die Münchner Bilder von dem verprügelten Rentner aus Berlin aber wahrscheinlich nicht gegeben. Der Grund: Die Bilder wurden nicht aufgezeichnet.

Hartmut W. wurde richtig sauer, als er das erfuhr. Vor einem Dreivierteljahr wurde ihm auf dem Bahnhof Güntzelstraße von zwei „südländisch aussehenden Jugendlichen“ sein Telefon geklaut. „Die sind einfach gekommen und haben es mir aus der Hand gerissen“, erinnert sich der 55jährige zornig. Die Diebe waren zu schnell und entkamen. W. wandte sich an die Polizei und an die Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG). Dort mußte er erfahren, daß die Kameras auf den Bahnhöfen nur „Anlaßbezogene Aufnahmen“ machen. Das heißt: Erst, wenn ein Angestellter in der Überwachungszentrale vor einer riesigen Wand mit etlichen Bildschirmen zufällig sieht, wie sich eine Straftat ereignet, löst er die Aufzeichnung aus.

Als W. überfallen wurde, hat aber gerade niemand auf den Monitor geschaut. Also konnten die Täter nicht identifiziert und erst recht nicht überführt werden. Die lapidare Auskunft der BVG damals: „Das verhindert der Datenschutz.“

Damals lief aber erst ein Pilotprojekt: Auf drei (anderen) Linien wurde rund um die Uhr aufgezeichnet. Im November hat das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD und Linkspartei das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) beschlossen. „Nun will die BVG aufrüsten“, beschwert sich Anja-Maria Gardain, die Pressesprecherin des Datenschutzbeauftragten, über die Verkehrsbetriebe.

Bis die BVG aber technisch flächendeckend so weit ist, kann es noch ein wenig dauern. Am besten aber ist es sowieso, erst gar nicht überfallen zu werden. Denn Kameras verhindern keine Straftat. Da müßte der Staat, insbesondere die Gerichte, schon härter gegen die Straftäter vorgehen, vor allem gegen die in den vergangenen Jahren immer zahlreicher gewordenen Mehrfachdelinquenten.

Foto: Gewalt gegen Sachen, Gewalt gegen Menschen: Spuren der Verwüstung in einer Berliner U-Bahn


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