26.04.2024

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19.01.08 / Sonderlocke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

Klaus D. Voss:
Sonderlocke

Warum soll eine schlechte Nachricht nicht auch etwas Gutes haben? Bitte sehr: Mit Streiks der Lokführer müssen die Bahnreisenden nicht mehr rechnen. Wenigstens das.

Aber das dicke Ende der Quasi-Tarifeinigung werden die Bahnkunden noch zu spüren bekommen. Nicht allein mit steigenden Fahrpreisen, weil die Bahn die Lohnausgaben finanzieren muß. Hinter dem verabredeten Tarifabschluß mit einer Elf vor dem Komma steckt eine Sprengladung für den Arbeitsmarkt. Der gefürchtete eigenständige Tarifvertrag für eine kleine Berufsgruppe liegt auf dem Tisch. Letztlich hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) Vereinbarungen sanktioniert, die Konzerne wie die Bahn erpreßbar machen.

Jetzt kann es jede Berufsgruppe den Lokführern nachmachen und exorbitante Forderungen stellen. Zum Eintritt in den exklusiven Klub der Tarifkönige muß man nur einer Berufsgruppe mit spezialisierten Aufgaben angehören. Wenn einer nicht will, bleiben alle stehen. In einem Unternehmen wie der Bahn gibt es viele solcher Schlüsselpositionen, vom Lokführer bis zum Schrankenwärter.

Die deutschen Unternehmen konnten bisher darauf vertrauen, daß selbst im Tarifstreit das Zusammenspiel der einzelnen Beschäftigten-Gruppen gewahrt blieb und daß die Gewerkschaften mit ihrer Verantwortung für Flächentarifverträge die Wirtschaft vor der „englischen Krankheit“ bewahren konnten. Das ist mit der Sonderlocke für Lokführer jetzt vorbei.

Und die gute Nachricht für die Bahnfahrer hat natürlich auch eine schlechte Seite: Wer weiß denn, wann die Streckengänger die Lust auf eine Elf vor dem Komma bekommen? Oder die Fahrdienstleiter?


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