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19.01.08 / Porträt der Gegensätze / Helmut Kuhn schreibt über Arme und Reiche in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

Porträt der Gegensätze
Helmut Kuhn schreibt über Arme und Reiche in Deutschland

Der Journalist Helmut Kuhn hat sich eines gesellschaftlich relevanten Themas angenommen und auf seine Weise versucht, es einem breitem Publikum schmackhaft zu machen. „Arm – Reich – und dazwischen nichts?“, so der Titel des Buches, das nur Altbekanntes wiederkäut. In den ersten Kapiteln werden vor allem Zahlen präsentiert, die aufzeigen, daß sich die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter öffnet. Mit reportageartigen Einsprengseln belebt der Autor das Zahlenwerk. In „Kaiser, König, Bettelmann“ beschreibt er jene Menschen, die in Parks nach Pfandflaschen suchen. Zwischendurch berichtet er von „Aldi-Armut“ und der Sehnsucht vieler Menschen, durch Casting-Shows ins große Rampenlicht zu kommen.

Doch berühmt ist nicht gleich reich, und daher widmet sich der Autor ausführlich den Reichen in unserem Lande. Sehr schön gelungen ist ihm die Reportage „Von Kaisern und Königen“, in der er immer wieder auf das Alttagsleben dieses Personenkreises auf Sylt eingeht. Die kleinen Anekdoten, die von exzentrischen Butlern über Champagner zum Frühstück reichen, entfalten ihre ganze Durchschlagskraft allerdings erst, nachdem der Leser sich bis zum Thema Kinderarmut durchgearbeitet hat. In „Die Kinder der Arche“ schildert Helmut Kuhn das Leben vieler Unterschichtskinder in Berlin. Diese Kinder wachsen in einem Umfeld der völligen Gleichgültigkeit auf. „Es scheint wie vor mehr als 100 Jahren: Man erkennt die Armen wieder an den Zähnen. ,Es ist schon paradox. Denn die Ärmsten würden ja den besten Zahnersatz völlig umsonst bekommen. Eigentlich ist das ungerecht. Denn Patienten, die zwar arbeiten, aber wenig verdienen, müssen viel Geld zuzahlen und können sich gute Zähne oft nicht leisten. Und die Ärmsten haben Lücken über Lücken, aber es interessiert sie nicht.‘“ Wenn von Kindern berichtet wird, die zur Arche kommen und dort erstmals selbstgekochtes Essen bekommen, dabei vor Dreck und Läusen starren, da ihre Eltern im Alkoholrausch keine Zeit für sie haben, dann läuft einem eine Gänsehaut über den Körper. Allerdings ist das auch ein Kritikpunkt, denn Helmut Kuhn setzt offenbar bewußt auf diese Effekte, denn auch wenn alles, was er schreibt, der Wahrheit entspricht, so blendet er doch aus, daß es in Deutschland durchaus noch eine breite Mittelschicht gibt. Zudem übernimmt er die Aussagen seiner Gesprächspartner zu kritiklos.              Bel

Helmut Kuhn: „Arm – Reich – und dazwischen nichts?“, Lübbe, Bergisch Gladbach 2007, geb., 256 Seiten, 19,95 Euro, Best.-Nr. 6511


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