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19.01.08 / »Preußisch, soldatisch und patriotisch« / Hermann Christian Thomasius war ein einzigartiger aufrechter Mensch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-08 vom 19. Januar 2008

»Preußisch, soldatisch und patriotisch«
Hermann Christian Thomasius war ein einzigartiger aufrechter Mensch

Trauerrede für Hermann Christian Thomasius. Anläßlich seiner Beisetzung gehalten vom Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg.

Ich möchte Gelegenheit nehmen, an dieser Stelle für die Freunde und Weggefährten des Verstorbenen seine Persönlichkeit zu würdigen. Wir trauern alle gemeinsam um einen einzigartigen Menschen. Hermann Christian Thomasius war durch seinen Charakter und seine Gesinnung im besten Sinne preußisch, soldatisch und patriotisch veranlagt. Sein Patriotismus bestand in einer – für die heutige Zeit ungewöhnlichen – großen Liebe zu Deutschland und seinen Menschen. Diese Liebe motivierte ihn, in samariterlicher Fürsorge seinen Mitmenschen, vorrangig seinen Schicksalsgefährten, zu dienen. Da sind zu nennen seine Wehrmachtskameraden und die Ostvertriebenen, deren Schicksal er als gebürtiger Ostpreuße teilte.

Worin bestand sein gelebtes Preußentum. Er hat in preußischer Pflichterfüllung dem Gemeinwohl gedient. „Unser Leben führt uns mit raschen Schritten von der Geburt bis zum Tode. In dieser kurzen Zeitspanne ist es die Bestimmung des Menschen für das Wohl der Gemeinschaft, deren Mitglied er ist, zu arbeiten.“ Ein Zitat Friedrich des Großen. Dieser Lebensleitlinie ist Thomasius gefolgt. Er hat sich mit großer Hingabe in die Pflicht für seine Wehrmachtskameraden und die Ostvertriebenen nehmen lassen.

Jahrzehnte war er als Sprecher der ost- und westpreußischen Veteranenverbände von allen uneingeschränkt als moralische Autorität anerkannt. In dieser Funktion blieb er inoffiziell bis zum Tode. Unvergessen sind die Göttinger Ehrenmalfeiern, die er gemeinsam mit der Göttinger Ostpreußengruppe über viele Jahre immer am ersten Septemberwochenende organisiert hat. Ich habe öfter daran teilgenommen. Durch seine vorzügliche Verbindung zur Bundeswehr gelang es dem Verstorbenen, zu diesen Veranstaltungen Ehrenzüge der Bundeswehr gestellt zu bekommen. Auch die verbündeten westlichen NATO-Staaten haben zu den Ehrenmalfeiern soldatische Abordnungen gestellt. Die Briten stellten auch zweimal einen Musikzug. Für dieses völkerverbindende und friedenstiftende Wirken wurde Thomasius mit dem Europakreuz der Europäischen Veteranenverbände geehrt, ausdrücklich mit dem Hinweis verbunden, daß er einen wichtigen Beitrag zur Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern geleistet habe.

Hermann Christian Thomasius verkörperte die Tugenden Mut und Gehorsam. Das sind beste Eigenschaften des preußischen-deutschen Soldatentums. Er wurde mit 18 Jahren Soldat und hat dann durch mehr als sechs Jahre den feldgrauen Rock getragen. Es ist klar, das diese Zeit bestimmend für sein ganzes Leben wurde. Die Kriegsjahre, aber auch die Erziehung im Elternhaus formten aus ihm einen Offizier mit besten Führungseigenschaften. Zwei schwere Kopfverletzungen sowie eine Körperverletzung haben seinem Einsatz für sein Land keinen Abbruch getan. Er schrieb mir am 7. November 2001 ein Wort von Generaloberst Seekt, das er in den schweren Kriegsjahren verinnerlicht hatte. Zitat: „Die Ehre des Soldaten liegt nicht im Besserwissen und Besserwollen, sondern im Gehorsam. Eine Armee, die in sich einig und im Gehorsam bleibt, ist unüberwindlich“.

Ganz zum Schluß des Krieges im April 1945 konnte er als Bataillonskommandeur eines Jägerbataillons in der Armee Wenck mithelfen, – Zehntausend Soldaten wie Flüchtlingen den Übergang über die Elbe bei Tangermünde zu ermöglichen und sie damit vor der sowjetischen Gefangenschaft bewahren. Das bleibt ein ganz besonderes Ruhmesblatt im Leben unseres verstorbenen Freundes, der hoch dekoriert den Krieg überlebte.

Göttingen als Standort für ein Ehrenmal der ost- und westpreußischen Wehrmachtsverbände mußte aufgrund der dortigen politisch verhetzten studentischen Jugend Anfang der 90er Jahre aufgegeben werden. Zu oft wurde das Ehrenmal beschädigt und beschmiert. Hermann Christian Thomasius hat, nun schon im achten Lebensjahrzehnt stehend, mit bewundernswerter Energie mit seinen Veteranenverbänden die Finanzmittel für ein neues Ehrenmal in München-Oberschleißheim aufgebracht. Diese Gedenkstätte war dem Tannenbergdenkmal in Ostpreußen nachgebildet, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft Thomasius groß wurde.

Die Einweihung im Jahr 1995 wurde für alle, die dabei waren, zu einem unauslöschlichen Erlebnis für bewährte Kameradschaft und Treue. Denn Kameradschaft ist Treue, auch Treue gegenüber den im Felde gebliebenen Kameraden, und das schließt die Bewahrung ihrer Ehre ein. Hermann Christian Thomasius hat bis zu seinem Tod darunter gelitten, daß die Oberschleißheim-Anlage keinen Bestand hatte. Die Sicherung der 20 bronzenen Erinnerungstafeln des Ehrenmals hat er der LO als besonderes Vermächtnis aufgegeben.

Sein zweites großes ehrenamtliches Engagement galt seinen vertriebenen ostdeutschen Schicksalsgefährten. Er war lange Jahre Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Soltau-Fallingbostel. Mit diesem Amt gehörte er auch zeitweise dem erweiterten Landesvorstand des BdV in Niedersachsen an. Damit nicht genug, ließ er sich bei einer Führungskrise des Landesverbandes in die Pflicht nehmen und übernahm für drei Jahre den Vorsitz im BdV-Landesverband Niedersachsen. In dieser Zeit war ich einer seiner Stellvertreter, und er wurde mir in diesen Jahren zum Vorbild. Seine Gradlinigkeit, seine Verläßlichkeit, auch die Treue zum gegebenen Wort, sein Festhalten an den Werten der Vorfahren waren vorbildlich.

Das Beharren im Glauben, das Festhalten an der geschichtlich gewachsenen Tradition und die Liebe zum Vaterland, kurz, Glaube, Tradition, Vaterland, das waren die persönlichen Fixpunkte im Leben des Hermann Christian Thomasius. Er wußte sich darin einig, mit vielen seiner im Felde gebliebenen Offizierskameraden.

Was hat man ihm und seiner Generation nicht alles angetan. Man nahm ihm die Heimat, man nahm den Wehrmachtssoldaten die Ehre, man nahm ihnen die Werte, die sie von Eltern und Großeltern übernommen und versuchten weiterzugeben. Wohin wir damit gekommen sind, braucht in diesem Kreis nicht erläutert zu werden. Durch den Krieg wurden ihm drei Brüder und die Existenzgrundlage genommen. Trotzdem: Nichts konnte ihm rauben die Liebe und den Glauben an die zeitlosen Werte des Christentums und des Preußentums. Auch den hohen Wert einer intakten Familie für das Gemeinwesen hat er immer betont. Thomasius hat dem Zeitgeist widerstanden und eine gute Spur zurückgelassen. Er ist getreulich seinem Konfirmationsspruch gefolgt, der ihm bei seiner Konfirmation am 2. April 1936 mitgegeben wurde: „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“. (Offb. 2,10)

Es war wohl seine Aufgabe – so sehe ich es, als Überlebender der waffentragenden Kriegsgeneration seine Mitmenschen immer wieder daran zu erinnern, daß es jenseits der staatlich verordneten Sichtweise über die deutsche Geschichte im 20igsten Jahrhundert auch noch eine an der historischen Wahrheit orientierte Sichtweise gibt. Dieser Aufgabe ist er umfassend nachgekommen. Die Instrumentalisierung der deutschen Schuld während der NS-Zeit zum Zwecke der politischen Gefügigkeit Deutschlands hat er scharf kritisiert. Unter der Diffamierung der Wehrmachtssoldaten hat er gelitten, dennoch die Ehre seiner Kameraden immer verteidigt.

Zu den nachgeborenen jungen Bundeswehroffizieren hatte der Verstorbene ein herzliches, väterlich-kameradschaftliches Verhältnis. Er blieb auch im Zivilberuf gewissermaßen im übertragenen Sinne lebenslang Soldat. Seinen überlebenden Offizierskameraden der Wehrmacht hat er zeitlebens Respekt und Anhänglichkeit entgegengebracht. Wer sein Vertrauen erworben hatte, der konnte mit seiner unverrückbaren Treue rechnen. Mir schrieb er am 3. Juni 2002, „Lieber Herr von Gottberg, für mich sind und bleiben Sie immer der alte Kürassier vom ostpreußischen Kürassierregiment Nr. 3 Graf Wrangel, in dem sowohl Ihr Vater und Großvater als auch mein Vater und zwei seiner Brüder gedient haben.“ Das war eine Ehrerbietung, über die ich mich sehr gefreut habe, die mir aber gleichwohl nicht zustand.

Wie Millionen andere Kriegsteilnehmer stand Thomasius 1945 nach Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft vor dem Nichts. Mit Fleiß und Beharrlichkeit hat er sich nicht nur eine berufliche Existenz aufgebaut, sondern mit vielen anderen gemeinsam, die zerstörte Altbundesrepublik wieder aufgebaut. Die Ostvertrieben, zu denen er gehörte, hatten daran überproportional Anteil.

Ich bin dankbar, über 22 Jahre Weggefährte des Verstorbenen gewesen zu sein. Die Wertschätzung, die er mir und meiner ganzen Familie entgegengebracht hat, aber auch sein moralischer Zuspruch und mancher kluger Rat waren mir wichtige Hilfe nunmehr 17 Jahre an der Spitze der Landsmannschaft Ostpreußen wirken zu können. Deshalb kommt die vorgetragene Würdigung nicht in erster Linie von einem Freund, sondern von der großen Ostpreußenfamilie, die in der Landsmannschaft Ostpreußen organisiert ist. Hermann Christian Thomasius hat sich in ganz ungewöhnlicher Weise um Ostpreußen und die Ostpreußen und um sein deutsches Vaterland verdient gemacht. Ein großer Sohn Ostpreußens ist abberufen worden. Er bleibt uns allen, die wir ihn kennenlernen durften, unvergessen.

Wilhelm v. Gottberg

Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen

Hermann Christian Thomasius wurde am 7. Januar 2008 auf dem Friedhof der Friedenskirche in Vlotho / Uffeln zur letzten Ruhe gebettet. Dem Trauergottesdienst wurden Leitworte aus dem 90. Psalm und dem Johannisevangelium vorangestellt. Die Trauergemeinde sang am Schluß der Trauerfeier stehend den Choral von Leuthen. Über seinem Grab ertönte das Trompetensolo vom guten Kameraden.

Foto: Hermann Christian Thomasius war immer im Dienst für Heimat und Vaterland.


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