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26.01.08 / Sich mit den Großen messen / Frankreich eröffnet 2009 Stützpunkt am Golf – Sarkozy setzt auf eine starke Außenpolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

Sich mit den Großen messen
Frankreich eröffnet 2009 Stützpunkt am Golf – Sarkozy setzt auf eine starke Außenpolitik
von Jean-Paul Picaper

Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sackte in den Meinungsumfragen mit einer Geschwindigkeit ab wie kein Präsident vor ihm. Der Abfall ist für ihn um so dramatischer, als er lange zuvor in der Gunst der Franzosen in kaum erreichbaren Höhen geschwebt hatte. Wie kaum ein anderer französischer Staatspräsident vor ihm zieht Nicolas Sarkozy die Häme von Gegnern aller Schattierungen auf seine Person. Offiziell geht es seinen Kritikern immer wieder um die schwache Kaufkraft der Franzosen, um die Obdachlosen und andere soziale Themen, aber vor allem nehmen sie den politischen Stil Sarkozys als Schnellentscheider und als Rednertalent aufs Korn. Er muß auch erfahren, daß in der Wirtschafts- und Sozialpolitik die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Fünf Jahre, so seine Experten, dauert es, bis seine Reformen Früchte tragen werden. Die Zeit dazwischen muß Sarkozy also nutzen, um die Franzosen wieder für sich einzunehmen. So wird für ihn die Versuchung groß sein, in der nächsten Zeit seine Anstrengungen auf die Außenpolitik zu verlagern, zumal Frankreich den EU-Vorsitz ab Juli 2008 innehaben wird. Auf dem internationalen Parkett ist sich Sarkozy wenigstens seiner Popularität bei seinen Landsleuten sicher. Vieles deutet außerdem darauf hin, daß er in den internationalen Beziehungen und in Sachen EU-Gestaltung noch langfristiger als in der Innenpolitik denkt. Die Liste seiner Reisen in Europa sowie nach Amerika, Afrika und Asien ist nach acht Monaten Amtszeit nicht weniger beeindruckend als seine Besuche von Zielen im eigenen Lande. Seine außenpolitischen Weichenstellungen zeugen von einer neuen Qualität der französischen Außenpolitik. Insbesondere die Entscheidung, 2009 im Persischen Golf einen Militärstützpunkt zu eröffnen, ist von großer Tragweite.

Seit einem halben Jahrhundert hatte Frankreich in Übersee keine Stützpunkte mehr eingerichtet. Es verwaltete nur noch die Reste seiner einstigen Kolonialbesitztümer. Dort ist Paris allerdings militärisch und geheimdienstlich verwurzelt. Das zeigte neulich die schnelle Festnahme mit Hilfe des französischen Geheimdienstes von Mördern einer französischen Touristenfamilie in Mauretanien. Die mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) vereinbarte Verankerung Frankreichs in Abu Dhabi, in der Nähe der Enge von Ormuz und direkt gegenüber dem Iran, den Paris als eine werdende Großmacht betrachtet, kann man einerseits als einen Ableger des bisherigen Stützpunktes in Dschibuti am Roten Meer betrachten. In der Tat werden die am Golf stationierten 400 bis 500 Mann teilweise der Garnison in Dschibuti entnommen werden, in der seit Jahrzehnten 2800 französische Soldaten stationiert sind. Aber die Seestreitkräfte in Abu Dhabi sollen zusätzlich in den Raum verlegt werden, was die Absicht unterstreicht, mit einem neuen, moderneren Flugzeugträger und den mit Atomsprengköpfen bestückten strategischen Nuklear-U-Booten die Landesverteidigung weltweit zu betreiben, zumal der neue Stützpunkt im Mittelpunkt des unruhigen Nahen Ostens liegt. Nach Informationen aus Paris bestehen Pläne für weitere Stützpunkte Frankreichs in Afrika und im Indischen Ozean, wo Frankreich auch Besitztümer wie die Inseln Réunion und Mayotte hat und Madagaskar liegt, zu dem Paris besondere Beziehungen unterhält. Ganz abgesehen von der Karibik ist Frankreich im Pazifik in Französisch-Polynesien, Neukaledonien und auf den Fidschis präsent.

Diese Initiative unterstreicht den Willen des Präsidenten, unter den Großmächten mitzumischen. Sarkozy hat der von seinem Vorgänger ausgelösten Fehde mit den USA ein Ende gesetzt. Diese Geste war ein Akt der Versöhnung nicht nur gegenüber Amerika, sondern auch in Europa selbst, das die Querelen zwischen den Bush-Anhängern und -Gegnern geteilt hatte. Nicht von ungefähr ergriff deswegen der ehemalige britische Premier Tony Blair auf dem jüngsten Kongreß der Sarkozy-Partei UMP das Wort. Sarkozy könnte jetzt Blairs Bewerbung um ein hohes Amt in Brüssel unterstützen. Im Nahen Osten wird dem französisch-amerikanischen Verteidigungspakt mit dem neuen Stützpunkt eine französische Komponente hinzugefügt, und das ist eine wichtige Änderung des neuen transatlantischen Bündnisses, wovon die Diplomaten in Paris schwärmen. Alle reden auch von einem Bündnis USA/Europa als ökonomischem Bollwerk gegen die Tiger der Globalisierung.

Bisher galt die französische Anwesenheit im Golf als „flexibel“. Französische Schiffe und Flugzeuge nehmen regelmäßig an Manövern teil, französische Ausbilder unterrichten Helikopterpiloten der Vereinigten Arabischen Emirate. Besonders im Rüstungssektor ist die Zusammenarbeit eng. Die Emirate verwenden französische Mirage-Kampfflugzeuge (aber auch amerikanische F16) und besitzen sogar mehr Leclerc-Panzer als die französische Armee. Darüber hinaus entsteht Sarkozys Nuklearkooperation mit den arabischen Staaten. Nach Marokko, Algerien und Libyen sollen jetzt Katar und die VAE zivile Atomreaktoren bekommen.

Foto: In entspannter Atmosphäre: Sarkozy erreichte seine Ziele im Nahen Osten.


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