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26.01.08 / Wegweisende künstlerische Kraft / Karlsruhe und Colmar würdigen den Renaissancemaler Matthias Grünewald

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

Wegweisende künstlerische Kraft
Karlsruhe und Colmar würdigen den Renaissancemaler Matthias Grünewald
von Helga Steinberg

Er gehört zu den großartigsten und geheimnisvollsten Künstlern der europäischen Kunstgeschichte und zählt neben Albrecht Dürer und Lucas Cranach zu den berühmtesten Malern der Renaissance: Matthias Grünewald. Nur wenig weiß man über den Werdegang des Künstlers, dessen Wirkung bis hinein in die Moderne zu spüren ist.

Geboren wurde er als Mathis Gothard Neithardt vermutlich um 1480 in Würzburg. 1510 hielt er sich in Aschaffenburg auf, wo er für den Erzbischof von Mainz, Ulrich von Gemmingen, als Baumeister und Wasserbauingenieur die Umbauarbeiten am Aschaffenburger Schloß leitete. Von 1516 bis 1526 ist er als Hofkünstler des Mainzer und Magdeburger Erzbischofs und Kardinals Albrecht von Brandenburg nachweisbar. 1526 / 27 hielt er sich in Frankfurt am Main auf, wo er im Auftrag des Rats der Stadt für Magdeburg Zeichnungen von den Frankfurter Wassermühlen anfertigte. Neit-hardt, genannt Grünewald, hielt sich ab 1527 in Halle an der Saale auf, wo er als Maler und Wasserkünstler in Diensten des Herzogs von Brandenburg war. Vermutlich starb er 1528; seine Werke aber sind unsterblich geworden.

Seine berühmteste Arbeit ist der sogenannte Isenheimer Altar, der sich heute im Musée d’Unterlinden in Colmar befindet. Von etwa 1512 bis 1516 waren der Bildschnitzer Nikolaus von Hagenau und Grünewald damit beschäftigt, das monumentale Polyptychon zu schaffen, das den Hochaltar des Antoniterklosters in Isenheim, einem etwa 20 Kilometer von Colmar entfernt gelegenen Dorf, schmücken sollte. Um seine Zerstörung während der Französischen Revolution zu verhindern, wurde er 1793 nach Colmar in die Bibliothèque Nationale du District verbracht und 1852 in der Kirche des ehemaligen Dominikanerinnenklosters Unterlinden aufgestellt. Heute ist das Kloster ein Museum.

Der Altar steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die in Colmar unter dem Titel „Grünewald – Blicke auf ein Meisterwerk“ zu sehen ist. Besonders eindrucksvoll sind Grünewalds Vorzeichnungen für den Altar, aber auch die Blätter deutscher Künstler wie Hans Holbein der Ältere, Albrecht Dürer, Lucas Cranach, Albrecht Altdorfer und Hans Baldung Grien. Vier Themenkreise gliedern die Ausstellung: Gesichter und Körper, Gewandstudien, Landschaften, religiöse Szenen. Aufschlußreich auch, die Techniken zu entdecken, die Grünewald für seine Arbeiten anwandte. Zeitgleich präsentiert die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe die Ausstellung „Grünewald und seine Zeit“. Mit rund 160 Werken ermöglicht diese Ausstellung einen Vergleich mit den anderen Größen dieser Epoche, aber auch einen Blick auf die wegweisende Kraft Grünewalds in der Kunst. Mit vier Gemälden, darunter den Tafeln des Tauberbischofsheimer Altars mit der Darstellung der Kreuztragung und der Kreuzigung Christi, verfügt Karlsruhe über den bedeutendsten Bestand an Gemälden Grünewalds in einem deutschen Museum. Hier wird einmal mehr deutlich, daß seine noch heute beeindruckende Passionsdarstellungen zwar meist nicht dem höfischen Geschmack entsprachen, sie dennoch zu zeitlosen Inkunabeln existentiellen Leidens des Menschen wurden.

Musée d’Unterlinden, 1 rue d’Unterlinden, F-68000 Colmar, täglich von 9 bis 18 Uhr, Eintritt 10 / 8 Euro, bis 2. März

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Hans-Thoma-Straße 2-6, 76133 Karlsruhe, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr, Eintritt 9 / 6 Euro, bis 2. März

Dritter Höhepunkt wird eine Ausstellung des Berliner Kupferstichkabinetts sein, das vom 15. März bis 1. Juni vornehmlich Zeichnungen Grünewalds zeigen wird (wir werden berichten).

Foto: Matthias Grünewald: Die Kreuztragung Christi (Mischtechnik auf Tannenholz, um 1523 / 25; Ausschnitt, im Besitz der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe


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