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26.01.08 / Eigener Herd ... / Viele Erinnerungen prägen das Leben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-08 vom 26. Januar 2008

Eigener Herd ...
Viele Erinnerungen prägen das Leben
von H. Patzelt-Hennig

Datt Brotke es em Oawe, un de leewe Gottke es boawe!“ hörte ich meine Großmutter murmeln, als sie nach unserer Rückkehr in die Heimat 1945 zum ersten Mal wieder dem Backofen ihres eigenen Herdes zwei beachtliche Brote anvertraut hatte. Vielleicht hatte sie diesen Spruch immer gesprochen, wenn sie Brot geschoben hatte, mir war es jedoch nie aufgefallen. In der Zeit vor der Flucht hielt ich, wenn bei uns Brot gebacken wurde, es nur für wichtig, daß ich mein Schmeckkuckelchen bekam. Ein kleines, handgroßes Brot, das für mich mitgebacken wurde und mir allein gehörte.

Die Brote, die jetzt im Ofen steckten, konnten hingegen auch aus meiner Sicht nicht groß genug sein. Viel Mühe hatte es gekostet, daß sie so groß wurden. Wir hatten zunächst das Getreide, das wir bei der Rückkehr noch vorgefunden hatten, sorgfältig von dem säubern müssen, was die Mäuse darin hinterlassen hatten. Dann mußte das Korn auf einer kleinen Kaffeemühle gemahlen werden, was bei der erforderlichen Menge einiges an Mühe und Zeit kostete. Immer malmte und quietschte das kastaniengroße Mahlwerk auf einem der Schöße von Mutter, Großmutter oder Großtante, ganz gleich zu welcher Tageszeit.

Dann war aus dem Mehl endlich Brotteig geworden. Und während Großmutter ihn knetete, standen wir um die hölzerne Mulde wie zum Abendmahl vor einem Altar. Denn Brot hatte lange nicht mehr unsere Mahlzeiten bereichert. Auf dem wochenlangen Fußmarsch aus der Nähe von Danzig, wo uns die Russen überrascht hatten, bis zu unserem Dorf an der Memel hatten wir fast nur von fettloser Kartoffelsuppe gelebt, die wir uns abends in den verlassenen Häusern, in denen wir übernachteten, kochten. Und nach Hause zurückgekehrt, sah es ähnlich aus. Suppe morgens, Suppe abends und oft auch mittags in irgend einer Art. Es gab keinerlei Versorgung. Daß auf unseren Tisch nun wieder Brot gelangen sollte, war ein Segen, den ich gar nicht recht fassen konnte. Und den Augenblick, als die beiden braunen Brotlaibe vor uns lagen, habe ich nie vergessen.


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