26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.02.08 / Ost-Deutsch (51): Stamm

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 02. Februar 2008

Ost-Deutsch (51):
Stamm
von Wolf Oschlies

Danke Bojana Lekic, bildschöne Starreporterin des Belgrader Oppositionssenders B92! Hätten Sie einen hohen Politiker nicht 2003 mit „To nije za stamtise“ (Das ist nichts für Stammtische) zusammengestaucht – ich wüßte bis heute nicht, daß ein gut deutscher „Stammtisch“ auch bei Serben steht. Den polnischen „sztamtisz“ und den russischen „stamtis“ (kyrillisch geschrieben) kenne ich längst – als Medium entspannter Treffen, bei denen seit einigen Jahren Unterhaltungen in Fremdsprachen, meist Deutsch, gepflegt werden.

Der althochdeutsche „stam“ war ein Baumstamm, der mit seinem Gewirr von Ästen als „liutstam“ (Volksstamm) das Bild von weit verzweigten Verwandtschaftsbeziehungen abgab. Seither dient das Wort für alles, was Basis und Grundlage ist: Stammkapital, Stammannschaft, Stammhalter, Wortstamm etc., darunter das Stammbuch und der Stammgast, die im Osten alt eingeführt sind.

Donald Tusk „do sztambucha“ (ins Stammbuch) war Ende Ok-tober ein polnischer Kommentar betitelt, ein ziemlich dusseliger Kommentar über den Sieger der jüngsten Wahlen, der mich auch nur seiner Wortwahl wegen interessierte. Stammbücher kennen auch Tschechen, streng im deutschen Sinne von „Ahnentafel“, wie vor einem Jahr das Prager Nationalmuseum erkennen ließ: „Novovekove rukopisy zastupuje stambuch Tychona Brahe mladsiho“ (Neuzeitliche Handschriften präsentiert das Stammbuch von Tycho Brahe junior).

Bei Tschechen heimisch ist auch der „stamgast“, wie ein Webportal (stamgast.cz) heißt, das böhmische Kochrezepte verbreitet. Im ostmährischen Karvina „stamgasti placou“ (weinten die Stammgäste), weil ihre Lieblingskneipe „Alfa“ im August einem Bankneubau weichen mußte. Im nordböhmischen Marienbad „stamgast dopil a zemrel“ (trank ein Stammgast aus und verstarb) und was sonst noch mit „stamgasti“ passierte. Am meisten gefiel mir im April 2006 der Politiker Jandak, der im damaligen Wahlkampf „mluvi jako stamgast hospody ctvrte cenove skupiny“ (redet wie ein Stammgast einer Kneipe der vierten Preisgruppe), wie einige kritisch oder lobend meinten, denn Jandak ist ungemein populär.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren