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02.02.08 / Laser statt Messer / oder Kleber statt Faden – neue Transplantationstechniken lassen Fast-Blinde wieder sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-08 vom 02. Februar 2008

Laser statt Messer
oder Kleber statt Faden – neue Transplantationstechniken lassen Fast-Blinde wieder sehen
von Rosemarie Kappler

Menschen sind Augenwesen und die Hornhaut ist ihr Fenster zur Welt. Wenn  sich die Hornhaut verformt oder infolge von Infektionen, Verletzungen, angeborenen Krankheiten oder den natürlichen Alterungsprozessen eintrübt, schwindet das Sehvermögen, Blindheit droht. Fast schien es so, als ob auch Danielle Klug, Theologiestudentin aus Trier, damit rechnen müßte, ihr ohnehin unscharfes Restsehvermögen eines Tages gänzlich zu verlieren. Bei der 23jährigen war ein sogenannter Keratokonus diagnostiziert worden, eine fortschreitende Augenerkrankung, bei der die Hornhäute wegen einer Kollagenschwäche vorgewölbt sind. Die Folge: unscharfes Sehen, mangelnde Bewegungswahrnehmung, ungenügende Orientierung in der Welt.

„Meine Sehkraft hatte sich nur noch auf zehn Prozent beziehungsweise 20 Prozent reduziert. In Schule und Ausbildung war ich ständig auf die Unterstützung durch Mitschüler und Lehrer angewiesen“, erzählt die gebürtige Zweibrückerin, die über Jahre mit der Angst leben mußte, eines Tages völlig zu erblinden.

Auf Anraten ihres Augenarztes nahm sie letztes Jahr Kontakt zur Universitäts-Augenklinik in Homburg auf. Dort hatte Prof. Berthold Seitz ein Verfahren der schonenden Hornhaut-Transplantation etabliert, das er am Universitätsklinikum Erlangen mitentwickelt hatte: die sogenannte Excimer-Keratoplastik. Studien belegen: Das Laser-Verfahren verkürzt Heilungszeiten, reduziert Nebenwirkungen und stellt gegenüber herkömmlichen Verfahren eine höhere Sehkraft her. Das liegt insgesamt an der Präzision der Methode. Seitz erklärt das so: „Wird das sonst übliche Rundmesser zum Ausschneiden des Transplantates benutzt, sind die Schnittränder in der Regel wegen des ausgeübten Druckes rauh und zerfranst. Über die Nahttechnik kann vorübergehend vieles zwar ausgeglichen werden, wird der Faden jedoch entfernt, kann sich die neue Hornhaut erneut verkrümmen.“ Die Schnittränder des Excimer-Lasers seien hingegen äußerst präzise. Transplantat und Empfängerauge werden so präpariert, daß die Spenderhornhaut sich nach dem Schlüssel-Schloß-Prinzip perfekt in das Auge einfügt.

Gut eineinhalb Jahre verbleibt der Faden der Spezialnaht im Auge, bevor das Transplantat als sicher eingeheilt gelten kann.

Bereits nach zehn Tagen, erzählt Danielle Klug, habe sie erstmals wieder Formen, Farben und Bewegungen wahrnehmen können. In knapp zwei Jahren ist das linke Auge an der Reihe.

„Ich fühle mich schon jetzt wie neugeboren“, freut sich Danielle.

Inzwischen hat Seitz 100 Menschen mit Hilfe des Lasers zu einer neuen Hornhaut verholfen. Homburg ist damit nach Erlangen zum zweiten Zentrum in Deutschland geworden, in dem das moderne Verfahren angeboten wird. „Jährlich könnten wir gut 300 solcher Transplantationen durchführen, aber die Anzahl ist durch fehlende Hornhäute begrenzt“, beklagt Seitz.

Den jährlich in Deutschland erforderlichen 8000 Operationen stünden gerade mal halb so viele Hornhautspenden gegenüber.

Die Universitäts-Augenklinik in Homburg verfügt zwar über eine vom Lions-Club finanzierte Hornhautbank, dennoch stehen auch hier zur Zeit 80 Patienten auf der Warteliste.

Bei eingetrübter Hornhaut ist die Transplantation die einzige Sehkraft rettende Möglichkeit. Augenkliniken, vor allem aber von Blindheit bedrohte Menschen, sind deshalb auf diese Art der Organspende angewiesen.

Künftig soll die Transplantation noch exakter werden. Mit seinem Forscherteam untersucht Seitz die Einsatzmöglichkeiten des Femto-Sekunden-Lasers.

Dank seiner Schnittführung selbst im Innern der Hornhaut könnte es eines Tages möglich werden, auf Fäden völlig zu verzichten.

Der Transplantat-Zuschnitt soll nach den Vorstellungen der Homburger Wissenschaftler selbstverschließende Wunden ermöglichen, die mit einem Gewebekleber oder durch Anwendung einer therapeutischen Kontaktlinse rasch heilen.

Foto: Neue Operationstechnik: Eine Spezialnaht dichtet das Auge ab und hält das Transplantat sicher im Griff.


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