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09.02.08 / Polens Kult-Krimi / Skurrile Charaktere um 1919

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-08 vom 09. Februar 2008

Polens Kult-Krimi
Skurrile Charaktere um 1919

In dem Kriminalroman „Gespenster in Breslau“ stellt Marek Krajewski dem Leser seinen absoluten Antihelden Eberhard Mock vor. Ein von Alpträumen geplagter Kriminalassistent, der nicht nur dem Laster des Alkohols, sondern auch dem der käuflichen Liebe verfallen ist, wird beim Leser, auf den ersten Blick, keinen vertrauenserweckenden Eindruck hinterlassen. Doch liegt der Fall bei Eberhard Mock ganz anders.

Der stets elegant gekleidete Kriminalassistent ist alles andere als ein ungehobelter, ungewaschener Trunkenbold. Der 36jährige hat es nicht ganz leicht im Leben, zumal er immer noch mit seinem alten gebrechlichen Vater unter einem Dach lebt. Leider befindet sich das Dach in diesem Fall über der alten Schlachterei von Mocks verstorbenem Onkel, was sich auch nicht gerade förderlich auf Mocks Versuche, eine Nacht alptraumfrei zu verbringen, auswirkt. Ebenso ist die Tatsache, daß plötzlich die übel zugerichteten Leichen von vier als Matrosen verkleideten jungen Männern gefunden werden und kurz darauf ein Schreiben auftaucht, in dem der Mörder den arglosen Polizisten für den Tod dieser Männer verantwortlich macht, der baldigen Genesung Mocks alles andere als zuträglich.

„,Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Mock, gesteh Deinen Fehler ein; gesteh, daß Du endlich glaubst. Und wenn Du keine Toten mehr sehen willst, gesteh Deinen Fehler ein.‘“

Als ambitionierter Kriminalassistent versucht Eberhard Mock der Sache auf den Grund zu gehen, zumal er auch keine Ahnung hat, welchen Fehler er denn um Himmels Willen gestehen solle. Dieser Umstand führt allerdings nur dazu, daß alle Personen, die von dem mit reichlich Schwächen behafteten und dennoch smarten Mock verhört werden, bald darauf ebenfalls tot aufgefunden werden.

Die Handlung des Romans spielt in Breslau im Jahr 1919. Dies hebt die Spannung des Krimis deutlich an. Breslau als Kulisse scheußlicher Verbrechen wirkt durch die Zurückversetzung in die Vergangenheit noch düsterer und unheimlicher auf den Leser.

Ein spannender, atmosphärisch gelungener Roman, bei dem es dem Leser nicht nur darauf ankommt, den Mörder und seine Beweggründe zum Morden herauszufinden, sondern auch den psychologisch höchst komplizierten, aber dennoch sehr sympathischen Mock zu analysieren.

„Frenzel drehte sich um und sah im Dämmerlicht einen gutgebauten Mann in einem hellen Anzug mit einem Melonenhut ... Das Gesamtbild wurde von glänzenden Lackschuhen abgerundet.“

Kein Wunder, daß Krajewski mit seinem „Kult-Polizisten“ Mock in Polen so erfolgreich ist.        A. Ney

Marek Krajewski: „Gespenster in Breslau“, dtv, München 2007, 315 Seiten, 14,50 Euro


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