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16.02.08 / Pavillon auf einer Nilinsel / Im brandenburgischen Lauchhammer schuf man Eisenobjekte jeder Art

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-08 vom 16. Februar 2008

Pavillon auf einer Nilinsel
Im brandenburgischen Lauchhammer schuf man Eisenobjekte jeder Art
von Silke Osman

Dieses Material entzieht sich den Zeitstilen und Moden und fordert die ,Bildhauerfaust‘ heraus, nicht anders, als wäre in Stein und Holz zu hauen, dieses Material läßt keine Phrase zu.“ Als Martin Sperlich, der aus dem ostpreußischen Darkehmen stammende, langjährige Direktor der Staatlichen Schösser und Gärten in Berlin, diesen Satz sprach, meinte er ein Material, das man gemeinhin nicht mit kunstvollen Schöpfungen in Verbindung bringt: Eisen. Dieser Werkstoff, der eher den Ingenieur denn den Künstler fasziniert, galt lange als unedel und armselig. Und doch fanden sich immer wieder Bildhauer, die sich diesem Material zuwandten, als die technischen Möglichkeiten es zuließen. Als „fer de Berlin“ hat es schließlich sogar Weltgeltung erlangt.

Neben Medaillen Porträtmedaillons und Skulpturen waren Schmuckstücke aus Eisen gefragt; sie machten das „fer de Berlin“ erst berühmt. Die filigranen Schöpfungen entstanden aus besonders dünnflüssigem Eisen, das bis heute unerreicht ist. Modelle aus Messing oder Silber wurden in Formsand geklopft, der sich durch hohe Feinkörnigkeit auszeichnete. Über feine Kanäle und Verästelungen gelangte das flüssige Eisen in die Form. Durch die anschließende Feinarbeit, durch Polieren und Zusammenfügen und durch einen Firnis aus Ruß, Leinöl und anderen Zutaten erhielten die Stücke schließlich ihre typische Form. So eigneten sie sich durch ihre schlichte Ausstrahlung und die schwarze Farbe gut als Trauerschmuck. Als Königin Luise 1810 starb, trugen denn auch die Damen, die etwas auf sich hielten, Eisenschmuck aus der Königlich Preußischen Eisengießerei Berlin (KPEG). Bald aber galt er als passende Ergänzung zur klassischen schlichten Kleidermode der damaligen Zeit.

Dem Aufruf der preußischen Prinzessin Marianne, jede wertvolle Kleinigkeit zum Wohl des Vaterlandes zu opfern, waren 1813 viele Frauen gefolgt und hatten ihre goldenen Eheringe und anderen Schmuck abgegeben, um die Staatskasse für den Krieg gegen Napoleon zu füllen. „Gold gab ich für Eisen“ wurde zu einem prägnanten Motto dieser Aktion. Das Tragen von Eisenschmuck war so zu einem patriotischen Bekenntnis geworden.

Schon 1784 war es Detlev Carl Graf von Einsiedel im brandenburgischen Lauchhammer gelungen, eine lebensgroße vollplastische Figur in Eisen zu gießen. Lauchhamer wurde bald zu einem „kunsttechnischen Wallfahrtsort“, produzierte man dort doch Eisenobjekte aller Art. Neben Büsten und Skulpturen fertigte man auch Ofenplatten, Plaketten und Gebrauchsgegenstände wie Töpfe und Bügeleisen. Selbst Karl Friedrich Schinkel ließ es sich nicht nehmen, Stühle in Gußeisen zu entwerfen. Das größte Objekt war der von 1863 bis 1868 auf einer Nilinsel bei Kairo errichtete gußeiserne Pavillon für den ägyptischen Vizekönig. Im Kunstgußmuseum Lauchhammer wurde jetzt das neue Schaudepot der Bronzeschule im Landkreis Oberspreewald-Lausitz vorgestellt. Zu dem heutigen Denkmalensemble mit der weiterhin arbeitenden Kunstgießerei gehört auch das ehemalige Schulgebäude aus dem 19. Jahrhundert, das zukünftig eine wertvolle Modellsammlung aufnehmen soll. Heute verfügt der unter Denkmalschutz gestellte Modellfundus über 1550 Objekte. In drei Jahren soll der Aufbau abgeschlossen sein.

Foto: Kunstgußmuseum Lauchhammer: Gußfiguren (hier aus Bronze) in all ihrer Vielfalt


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