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23.02.08 / Ost-Deutsch (54): Tasche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-08 vom 23. Februar 2008

Ost-Deutsch (54):
Tasche
von Wolf Oschlies

Erinnert sich noch jemand an Frau Thatcher, die britische Premierministerin, die mit drohendem Schwenken ihrer Handta-sche von der EU Geld zurück verlangte? „Prodata tasna Margaret Tacer“, berichtete vor Jahren die Belgrader Presse: Maggy Thatchers Tasche verkauft, genauer: auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung für 100000 Pfund versteigert. Ähnlich klang es anderswo, denn die deutsche „Tasche“ ist fast allen Slawen vertraut.

„Ne izvrnete sadrzaj tasne“, raten Serben: Drehen Sie nicht den Inhalt der Tasche um. Tschechen freuen sich, wenn sie zu Weih-nachten „peknou sportovni tasku“ bekommen, eine schöne Sporttasche. Selbst Russen tauschen ihre traditionelle „sumka“ immer öfter gegen eine „taska“ aus, und die Polen aus dem südlichen Teschener Gebiet kennen überhaupt nur die „taszka“. Bei jungen Südslawinnen sind „tasne ispisane grafitima“ in Mode, Taschen mit aufgemalten Grafittis, und in Belgrad wurde im November 2005 erstmals eine Frau verhaftet, die Männern ein „novcanik iz tasne“ klaute, eine Geldbörse aus der Tasche.

Man trägt also Tasche. Was für eine? „Setaju s masnom i akten-tasnom“ beschrieb der Belgrader „Evro Glas“ moderne serbische Geschäftsleute: Sie schreiten mit Krawatte und Aktentasche. Ein Mazedone kaufte eine Flasche Wein „i ja odnese doma vo svoja-ta aktentasna“ (und trug sie heim in seiner Aktentasche). Ein Tscheche erwachte „a u hlavy mi lezela igelitova taska“ (und beim Kopf lag mir eine Igelittasche). Mein Gott, wie alt muß der gewe-sen sein, wenn er sich noch an Igelit erinnert, diesen schrecklichen Kunststoff aus der ersten Nachkriegszeit.

Auch nicht gerade letzter Modeschrei sind die slowakische „patróntaska“ oder die mazedonische „patrondasa“, beide unverkennbar die deutsche „Patronentasche“ und in dieser Form, als zusammengesetztes Substantiv, übernommen, welche Wortbildung Slawen gemeinhin möglichst meiden.

Mein persönlicher Favorit kommt aus dem „Slownik jezyka slaskiego“, dem (nicht völlig ernstgemeinten, wiewohl wunderschönen) „Wörterbuch der schlesischen Sprache“. In diesem steht die „hampstertasza“ (Hamstertasche), definiert als „duza pakowna torba“, also große Pack-tasche.


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