18.04.2024

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23.02.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-08 vom 23. Februar 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

fast jeder an mich gerichtete Brief weckt in mir, die ich auf ein so langes Leben in, mit und für Ostpreußen zurückblicken kann, Erinnerungen. Sie sind plötzlich da und fast greifbar nahe, als seien nicht Jahrzehnte, ja weit mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen. So erging es mir jetzt mit dem Schreiben meines Landsmannes Knut Walter Perkuhn. Als ich seinen Nachnamen las, mußte ich an eine Begegnung mit Agnes Miegel denken. Ich war damals wohl 20 Jahre alt und hatte eine Erzählung geschrieben, die den Titel „Hanne Perkuhn“ trug. Ich hatte diesen Namen schon oft gehört und ihn gewählt, weil er mir passend erschien, denn die Geschichte spielte in der Niederung. Sie handelte von einer zuerst verschmähten und dann doch erfüllten Liebe, aber darum ging es nicht. Die Erzählung, wie mir die Dichterin versicherte, hätte ihr gefallen, aber den Namen hätte ich falsch geschrieben: Perkuhn leite sich doch von dem prussischen Gott Perkunos ab, dann sei der Name echt. Ich habe ihn schleunigst geändert, und die Hanne hatte dann kein „h“ in ihrem Nachnamen.

Die Erzählung, die in mehreren Zeitschriften erschien und auch gesendet wurde, ist längst vergessen, aber der Name stand jetzt vor mir im Briefkopf dieses Leserschreibens – mit „h“. Und nach über 70 Jahren fühlte ich mich rehabilitiert. Denn Herr Knut Walter Perkuhn forscht bereits jahrelang über seine väterlichen Vorfahren, und die haben sich immer so geschrieben. Unser Leser ist nun bei seiner Ahnenforschung auf drei Linien Perkuhn gestoßen, deren verwandtschaftlicher Zusammenschluß in grauer Vorzeit noch nicht ergründet ist. Er hofft durch eine gezielte Suche weiterzukommen und ist im Niekammerschen Güteradreßbuch von 1932 fündig geworden. Da gibt es einmal einen Besitzer Rudolf Perkuhn in Skuldeinen, Gemeinde Kaukehmen, Kreis Niederung, (später Kuckerneese, Kreis Elchniederung). Gibt es noch Angehörige dieser Landwirtsfamilie aus dem Dorf zwischen Ruß und Gilge? Auch in Muldszen (Mulden), Kreis Gerdauen, ist 1932 ein Hofbesitzer August Perkuhn verzeichnet. Unser Leser wäre sehr erfreut, wenn sich jemand aus diesen Linien melden und er damit etwas über die familiären Zusammenhänge erfahren würde, denn er möchte klären, ob es auch hier Verbandelungen zu einer der drei noch nicht gelösten Linien gibt. (Knut Walter Perkuhn, Bergstraße 25, 29565 Wriedel / Brockhöfe.)

Immer wieder gehen die Gedanken zurück in die grausamste Zeit, die wir Älteren, die wir aus unserer angestammten Heimat flüchten mußten, erlebt haben. Dazu gehört auch Edeltraut Ratter, die als 14jährige ihren Heimatort Adlig-Kermuschienen (Kermen) verlassen mußte. Vieles, was auf dem langen Fluchtweg geschah, hat sie vergessen oder weiß nur noch wenig davon, aber ein Erlebnis beschäftigt sie noch heute. Vielleicht kann unsere Ostpreußische Familie ihr helfen, aber ich muß schon ein sehr großes Fragezeichen setzen. Lassen wir Frau Ratter selber sprechen: „Wir sind damals auf der Flucht in Rogehnen, Kreis Preußisch Holland, gelandet. Dort mußten wir unsere Pferde für den Druscheinsatz abgeben. Wir hatten auch unsere Anna mit (Tochter?) Ljuba aus Kiew dabei. Sie ist eine ganz Liebe gewesen. Im Januar 1945, als die Front immer näher kam, konnten wir dann in einen Wehrmachtsbus einsteigen. Anna und Ljuba konnten wir leider nicht mitnehmen. Sie wollte sich den russischen Kriegsgefangenen des Rogehner Gutes anschließen. Von der Fahrt mit dem Bus habe ich nur noch wenig Erinnerungen. Der Kraftfahrer drängte die Flüchtlingstrecks in den Straßengraben, um vor der Sprengung der Weichselbrücke rüber zu kommen. An einer Stelle mußte er kurz anhalten. Das nutzte eine zu Fuß flüchtende Mutter mit ihren vier Kindern, um in den Bus zu kommen. Leider machte die Frau einen Fehler und stieg zuerst ein. Als sie im Bus war, fuhr der Mann los und ließ sich nicht dazu bewegen, noch einmal anzuhalten. Die Schreie der Mutter und ihrer zurückgebliebenen Kinder höre ich heute noch! Ich weiß allerdings nicht, ob die Frau doch schon ein Kind im Bus hatte. Wir sind dann in Danzig in einer Schule, deren Klassenräume mit Stroh ausgelegt waren, untergekommen. Ob die Frau dabei war? Ich kann mich nicht erinnern. Wir sind dann später mit einem Zug, dessen Lokomotive von Eisenbahnern repariert worden war und an die sie Viehwaggons angekoppelt hatten, nach Berlin gekommen. Vielleicht kann sich noch jemand an diese Situation vor der Weichselbrücke erinnern, war mit im Bus oder hat sich der verlassenen Kinder angenommen?“ Ja, das ist die Frage, die sich ja leider nur auf einen kleinen Personenkreis beschränkt. Frau Ratter wäre jedenfalls sehr froh, wenn sie einen Hinweis auf die auseinandergerissene Familie erhalten würde und hofft auf eine glückliche Lösung dieses Geschehens. (Edeltraut Ratter, Bischofswerder Weg 6, 16559 Liebenwalde, E-Mail: edeltrautratter@ t-online.de.)

Einmal schon hat Frau Edelgard Hesse aus Crivitz durch unsere Ostpreußische Familie Erfolg gehabt, nun hofft sie, daß sie auch etwas über das Schicksal ihrer Großeltern erfahren kann. Diese haben in Gehlenburg gewohnt, hießen Adam Bendig, * 1880, und Auguste geborene Stormbrowski, * 1884. Sie sollen zuletzt neben der Schlosserei gewohnt und dort ein kleines Milchgeschäft gehabt haben. Bendigs blieben auch nach dem Russeneinfall in Gehlenburg und sind dann wahrscheinlich in ein Lager gekommen. Ihre Kinder waren damals schon erwachsen: Gustav, der Vater von Frau Hesse, hatte noch zwei Geschwister, Paul und Maria. Wer kann etwas über die Großeltern oder andere Verwandte aus der Gehlenburger Zeit sagen, wer verließ mit ihnen die Stadt oder weiß, wohin das Ehepaar Bendig kam? Frau Hesse würde sich – nachdem ihre erste Anfrage ihr Mut gemacht hat – über jeden Hinweis freuen. (Edeltraud Hesse, Weinbergstraße 58, 19085 Crivitz, Telefon 0 38 63 / 22 25 77.)

Herr Heinz Csallner aus Frankfurt / Main übersandte uns eine Postkarte, welche die lange Zeitspanne vom Ersten Weltkrieg bis heute erstaunlich gut überstanden hat. Sie zeigt ein ernstes Männergesicht unter dem Stahlhelm, fast scheint es, als ob der Mann schon sein Schicksal erahnte, denn er verstarb 1918, fiel wohl in der großen Panzerschlacht bei Cambrai. Es handelt sich um Josef Engling, so lese ich jedenfalls den Namen, * 1889 in Prossitten, Kreis Rößel. Herr Csallner vermutet, daß er ein Schriftsteller aus dem Ermland war, aber dieser Name taucht in der ostpreußischen Literatur nicht auf, und wir wollen auch nicht lange rätseln: Wer weiß etwas über diesen Mann mit den großen, klugen Augen hinter Brille, sein Leben und Schicksal würde nicht nur Herrn Csallner interessieren. Zuschriften bitte an die Ostpreußische Familie.

Bei der nächsten Suchfrage geht es ebenfalls um Fotos – ja, mehrere sind es, und sie haben schon eine eigenartige Geschichte. Frau Ilse Conrad-Kowalski besitzt und hütet sie, denn sie zeigen Aufnahmen aus ihrer Kindheit, als die Familie herrliche Kanufahrten durch die ostpreußischen Wasserparadiese unternahm, schon als junges Ehepaar, später mit ihren fünf Kindern. Ihr Vater führte als begeisterter Paddler auch Logbücher, die er mit Fotografien von den Fahrten versah. Sie galten nach der Vertreibung aus der Heimat als verloren, als – es muß in den 60er Jahren gewesen sein – die Familie einen Packen dieser Fotos erhielt, herausgelöst aus den Logbüchern. Der Schreiber des beigelegten Briefes, der aus der russischen Zone kam, nannte weder Namen noch Anschrift, Finder wie Übermittler wollten aus verständlichen Gründen anonym bleiben. Offenbar hatte der Absender die Bilder von jemandem bekommen, der im polnisch besetzten Teil Ostpreußens lebte. Vermutlich handelte es sich bei dem Übermittler um einen Landsmann aus Osterode, denn er kannte die damals aktuelle Anschrift von Herrn Dr. Kowalski in Bacharach. „Heute, wo das Ostpreußenblatt auch in Mitteldeutschland gelesen werden kann, könnte dieses Rätsel vielleicht gelöst werden“, meint Frau Conrad-Kowalski. Falls der oder die großen Unbekannten noch am Leben sind, wäre sie glücklich, wenn sich diese bei ihr melden würden, denn sie möchte sich gerne persönlich bedanken für diesen Schatz. (Ilse Conrad-Kowalski, Rademacherstraße 11, 23556 Lübeck, Telefon: 04 51/ 89 18 18.)

Bedanken möchte ich mich auch, aber zum Glück ist der Absender nicht anonym. Mein Dank gilt Herrn Manfred Zink, der mir – nun seinerseits als kleinen Dank für die Unterstützung bei seinen vielen Fragen – eine für sein Privatarchiv Königberg / Pr. sorgsam zusammengestellte Broschüre über den Königsberger Rundfunk zusandte, die viel Dokumentarisches enthält, das ich nicht in meinem Archiv besitze. Einige Angaben, lieber Herr Zink, konnte ich bereits verwenden. Leider hatte Ihre letzte Suche nach Material über einige Königsberger Volksschulen im Dezember 1907 nur wenig Erfolg. Vielleicht lag es mit daran, daß Sie eine neue Telefonnummer haben, denn ich weiß zum Beispiel von Herrn Gerhard Mannke, daß er vergeblich versucht hatte, Sie zu erreichen. (Hier nun die richtige Telefonnummer von Manfred Zink in Lehre-Flechdorf 0 53 08 / 52 01 08, Fax 52 01 09.) Herrn Mannke danke ich für den Hinweis auf eine Dokumentation, die vielleicht weiterhelfen könnte auf der Suche nach Informationen über den Gedenkstein des Schleusen-Baumeisters Paul Kühne. Sein ehemaliger „Direx“ von der Königsberger Bessel-Oberrealschule, Paul Dehnen, hatte zusammen mit dem bekannten Fotografen Walter Raschdorf das Buch „Die Kriegsgräber in Ostpreußen von 1914/15“ herausgegeben. Ein Reprint, allerdings ohne die Fotos, erschien 1966 im Holzner-Verlag, Würzburg. Ja, so reichen sich Fragesteller und Informanten bei uns die Hand – wir sind eben eine echt Ostpreußische Familie!

Eure Ruth Geede

Foto: Josef Engling: Wer weiß etwas über diesen Weltkriegssoldaten?


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