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08.03.08 / Sozialer Friede in Gefahr / China: Inflation treibt die Preise und schwächt die neue Mittelschicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-08 vom 08. März 2008

Sozialer Friede in Gefahr
China: Inflation treibt die Preise und schwächt die neue Mittelschicht
von Albrecht Rothacher

Rückt die Inflation im Euro-Raum bereits auf vier Prozent, so hat sie in China bereits sieben Prozent erreicht. Die Ursachen sind die gleichen: Weltweit stark steigende Preise für Nahrungsmittel und Energie sowie der fehlende Wettbewerb der öffentlichen Versorgungsunternehmen für Strom, Gas und Wasser. In China ist die Inflation politisch besonders heikel, weil sie die Ersparnisse der Mittelschichten angreift, die in Ermanglung eines Pensionssystems ihre einzige Altersvorsorge darstellen. Dazu hat sich wegen steigender Futtermittelpreise die Lieblingsspeise der Chinesen, das Schweinefleisch, um 50 Prozent besonders stark verteuert. Gemüse und Eier kosten 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Der massive Kälteeinbruch vom Januar in Mittel- und Südchina hat die Landwirtschaft und Energiewirtschaft so stark geschädigt, daß mit weiteren Verknappungen und Teuerungen gerechnet wird.

Die Zentralbank hat zur Dämpfung der Nachfrage wiederholt die Zinsen erhöht und die Geldmenge verknappt. Ohne viel Erfolg. Die Regierung hat deshalb Preiskontrollen bei Grundnahrungsmitteln wie Milch und Nudeln wiedereingeführt: Mit dem vorhersehbaren Ergebnis, daß diese auf den Märkten noch knapper werden. Wahrscheinlich wird auch der Yuan weiter leicht aufgewertet, um Importe von Rohstoffen zu verbilligen und die steigende Nachfrage nach chinesischen Waren im Ausland zu bremsen. Auch eine Exportsteuer wurde deshalb eingeführt.

Dennoch bleibt China weiter von den amerikanischen und europäischen Exportmärkten abhängig. Riesige Fertigungskapazitäten wurden auf Kredit hochgezogen, die nun dringend ausgelastet werden müssen. Überkapazitäten und wachsende Lagerbestände würden mit Konkursen und faulen Krediten die Bilanzen der Banken, die bislang ihre Verluste in den USA noch verstecken, verhageln und die überhöhten Börsenkurse zum Einsturz bringen. Deshalb sieht die Pekinger Führung mit großer Sorge auf die ständig wachsenden Anzeichen einer Rezession in den USA, ihrem wichtigsten Exportmarkt. Wegen dieser Unwägbarkeiten hat die Weltbank ihre Wachstumsvorhersage für China für 2008 auf „nur“ noch 9,6 Prozent reduziert. Dies nach dem Rekordwachstum von 11,4 Prozent im Vorjahr.

Jenes Riesenwachstum hat die sozialen und regionalen Ungleichheiten weiter verschärft. Aus Angst vor sozialen Unruhen greift die Regierung vermehrt zu alten kommunistischen Rezepten wie Preiskontrollen und Beschäftigungsgarantien für Arbeiter mit mehr als zehn Jahren Betriebszugehörigkeit. Ohnehin sind die größten Firmen Chinas, wie Minmetals, die Bank of China, Air China, Shanghai Automobile und die Ölgiganten CNPC und Sinopec weiter im Staatsbesitz. Sie genießen Importschutz und bevorzugten Zugang zu Krediten. Ihr Führungspersonal wird von der KP ernannt. Ihr fehlender Wettbewerb treibt ebenfalls die Inflation. Bei weiteren Preissteigerungen und einem mutmaßlich bevorstehenden Einbruch der weltweit – gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis – teuersten Börsenkurse dürfte die Unzufriedenheit der Mittelschichten stark wachsen. Doch wird der soziale Friede in China von der patriotischen Olympia-Propaganda allein kaum erhalten werden können.


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