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08.03.08 / Starke und dramatische Farben / Zwei Ausstellungen in Bielefeld und in Berlin zeigen Werke von Emil Nolde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-08 vom 08. März 2008

Starke und dramatische Farben
Zwei Ausstellungen in Bielefeld und in Berlin zeigen Werke von Emil Nolde

Eine Ausstellung mit 57 Gemälden und 65 Papierarbeiten widmet sich erstmals Noldes Selbstverständnis als „nordischer Künstler“. Die Kunsthalle Bielefeld vertieft damit ihre Forschung zum Expressionismus und präsentiert erneut einen der bekanntesten Vertreter der deutschen Moderne.

Emil Nolde (1867–1956), einer der großen Einzelgänger in der deutschen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts, wurde als Mitglied der Künstlergruppe Brücke, der er 1906/07 angehörte, mit seinen „Farbenstürmen“ zum Vorbild der jüngeren Künstlerfreunde und inspirierte sie zu ihrem eigenen Aufbruch in die Moderne.

Seiner Heimatregion im deutsch-dänischen Grenzland blieb er stets in seinem Leben und in seinem Schaffen eng verbunden. Auch wenn er seit 1910/11 die Wintermonate in Berlin verbrachte, behielt er dort seinen Wohnsitz und erbaute sich schließlich 1929 Wohnhaus und Atelier in Seebüll nach seinen Vorstellungen inmitten der norddeutschen Landschaft, wo er fernab jeder Stadt während der Sommermonate arbeitete. Die Natur im hohen Norden Deutschlands mit dem flachen Land unter einem unendlichen Himmel, in der ständigen  Gegenwart des Meeres, dessen Rätsel und Geheimnisse sich für ihn in Sagen- und Mythengestalten personifizieren, haben ihn geprägt und in seinem Werk ein grandioses Echo gefunden. Zeitlebens verstand er sich als „nordischer Künstler“.

In der persönlichen Auseinandersetzung mit Vincent van Gogh und Edvard Munch entwickelte Nolde seinen eigentümlichen Malstil, der mit der Intensität der Farben den Betrachter bis heute in seinen Bann zieht. Den kleinteiligen, noch an van Gogh orientierten Farbauftrag führte er fort zu einer flächenbetonenden Malweise, die der Farbe Dominanz über die Form verleiht, bis in manchen der späteren Landschaften und Meeresansichten die dramatische Farbigkeit einen fast abstrakten Stellenwert gewinnt.

Sein Werk reflektiert in den weiten, flachen Landschaften unter einem hohen, mit schweren Wolken beladenen Himmel, in den Porträts ihrer eigenwillig-kantigen Bewohner, in den grotesk-phantastischen Figuren und den dramatischen Meeresbildern mit lodernden Farben und tiefer, dramatischer Dunkelheit den Geist des Nordens.

Die intensive Helligkeit und die starken Farben der nördlichen Sommer, das Nordlicht, die tiefe Polarnacht, der schreckliche Troll und die Traum-Gesichte der Spökenkiekerei finden in Noldes Bildern ein grandioses Echo.

Die im vergangenen Jahr in Berlin eröffnete Dependance der Nolde Stiftung Seebüll widmet sich derzeit mit einer Sonderausstellung Noldes Südseereise in den Jahren 1913/14. Im Sommer 1913 betraute das Reichskolonialamt in Berlin die Ärzte Alfred Leber und Ludwig Külz mit der „Medizinisch-demographischen Deutsch-Neuguinea-Expedition“.

Diese Expedition galt der Erforschung von Epidemien und der hohen Sterblichkeitsquote der einheimischen Bevölkerung in den deutschen Kolonien. Leber, der Nolde schon länger kannte, konnte den Maler als „ethnographischen Zeichner“ sowie seine Frau Ada für die Teilnahme an der Expedition gewinnen.

Die von Dr. Manfred Reuther, dem Direktor der Nolde Stiftung Seebüll, konzipierte Ausstellung zeigt in großer Dichte neben weltberühmten Werken wie „Tropensonne“, „Familie“ oder „Krokusblüte“ eine breite Folge der Aquarelle und Zeichnungen, die während der Reise auf sibirischen Bahnhöfen, in Japan, China und Neuguinea entstanden sind, darüber hinaus auch drei Figuren, die Nolde in der Südsee für seine eigene Sammlung erworben hat.

Nach fast einem Jahr kehrte der Maler mit seiner Frau nach Berlin zurück.

„Es ging heimwärts nach Alsen“, schreibt Nolde in seiner Selbstbiographie. „Dort angekommen, war es uns, als ob wir hinfielen, von all den Erlebnissen der großen Reise bedrängt ... Dieses eine Jahr war uns unendlich reich gewesen, so reich, als ob es zehn Lebensjahre enthalte.“  pm

Die Ausstellung in der Kunsthalle Bielefeld, Artur-Ladebeck-Straße 5, 33602 Bielefeld, ist täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, sonnabends von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 7 / 2 bis 5 Euro, bis 12. Mai.

Die Nolde Stiftung Seebüll, Dependance Berlin, Jägerstraße 55, 10117 Berlin, ist täglich von 10 bis 19 Uhr geöffnet, Eintritt 6 / 4 Euro, bis 18. Mai.


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