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08.03.08 / Neue Väter in Sicht? / Warum gute Vorsätze oft an der Realtität scheitern / Das bleibt in der Familie (Folge 19)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-08 vom 08. März 2008

Neue Väter in Sicht?
Warum gute Vorsätze oft an der Realtität scheitern / Das bleibt in der Familie (Folge 19)
von Klaus J. Groth

Es ist wie das Abzählen an den Knöpfen: Es gibt die „neuen Väter“, es gibt sie nicht, es gibt sie doch … Das geht nun schon seit mehr als 20 Jahren so. Nachdem die 68er eine ganze Vätergeneration unter Verdacht und Anklage gestellt hatten, waren die Väter für eine Weile kaum sichtbar, allenfalls als notwendiges Übel hingenommen. Bis dann im Schlager die Suche nach einem Mannsbild mit Weichzeichner eröffnet wurde: „Neue Männer braucht das Land“. So hieß ein Liedchen in der 80er Jahren. Seither werden die „neuen Männer“ immer mal wieder gesichtet, bis dann jemand feststellt, eigentlich seien die Kerle immer noch die alten, sie tun nur so, als hätten sie sich verändert.

Allerdings tut man den Vätern damit Unrecht. Die Zeiten, in denen sich die Männer verschämt im Hintergrund hielten, wenn ihre Frauen mit dem Kinderwagen durch die Straßen zuckelten, die sind vorbei. Die Väter, die mit stolz geschwellter Brust ihren Nachwuchs ausfahren, gehören heute so zur Norm, daß niemand mehr hinschaut.

Warum auch? Väter sind ebenso wie Mütter befähigt, eine enge, liebevolle Beziehung zum Baby aufzubauen. Moment mal, möchte man sagen, ist das nicht selbstverständlich? Offenbar nicht, denn um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, bedurfte es einer Studie, ausgeführt vom Psychologischen Institut der Universität Hamburg. Und diese Erkenntnis erschien dem Institut keineswegs banal, sondern wichtig genug, um veröffentlicht zu werden.

Das war allerdings vor 20 Jahren, zu jener Zeit also, als die Suche nach den „neuen Männern und Vätern“ so richtig losging. Offenbar verblüfft, stellten die Wissenschaftler damals fest, daß Kinder, die eine liebevolle Bindung zu beiden Elternteilen haben, mit Angst und Krisensituationen besser fertig werden, offener auf andere Menschen zugehen, in Problemsituationen besser lernen und später als Erwachsene keine Angst vor Partnerschaften und Liebesbeziehungen haben. Oder anders gesagt: Solche Kinder leiden weniger unter Einsamkeit, Mißtrauen und Weltangst. Behütet von Mutter und Vater gleichermaßen, werden Lebensoptimismus und Selbstbewußtsein in die Wiege gelegt.

Nach 20 Jahren „neuer Vaterschaft“ fragt man sich leicht irritiert, warum die damaligen Erkenntnisse mit entsprechenden  Verhaltensregeln extra unters Volk gebracht werden mußten. Das Psychologische Institut der Universität empfahl damals, auch die Väter sollten das Baby umsorgen, es wickeln und füttern. Bereits im Vorfeld, während der Schwangerschaft, könne eine positive Beziehung zum Kind aufgebaut werden, indem sich die Männer an den Vorbereitungen beteiligten. Gleiches gelte für die Geburt: dabei sein sei alles. Nach der Geburt dann, so warnte das Institut, sollten Eltern unter keinen Umständen wieder in die alten Rollenmuster verfallen. Weil aber auch damals Männer das Argument vorschoben, es mangele ihnen an der notwendigen Zeit, schließlich müßten sie die Brötchen verdienen, versicherte das Institut: Nicht die Quantität des Umsorgens sei wichtig, sondern vielmehr die Qualität. Die Studien des Instituts hätten nämlich ergeben, daß auch Väter, die weniger Zeit mit ihren Kindern verbringen, eine gute Beziehung aufbauen, wenn sie sich nur intensiv genug am Leben des Nachwuchses beteiligten.

Angesichts dieser Empfehlungen drängt sich der Verdacht auf, die Vaterschaft sei neu erfunden worden. Selbstverständlich ist das nicht richtig. Denn bereits vor 20 Jahren gaben 90 Prozent der Männer an, sie würden – wenn es soweit sei – mit in den Kreißsaal gehen. Wenn das Baby da sei, würden sie es selbstverständlich baden und liebevoll im Arm schaukeln. Nach dem ersten Geburtstag des Kindes allerdings sah das alles sehr viel anders aus. Da hatten sich dann 70 Prozent der „neuen Väter“ von den häuslichen Pflichten zurückgezogen und die viel zu lange vernachlässigte Priorität des Berufs wieder entdeckt.

Die Mütter klagten: Zwar gehe der Vater mit dem Nachwuchs auf den Spielplatz, suche Nuggets im Freizeitpark oder bastele auch mal eine Papierschwalbe, ansonsten aber Fehlanzeige, die alltägliche Pflege überließen die Herren immer noch den Müttern. Wo die Kinder Mühe machten, zogen sich die Männern gerne aus der Verantwortung: Elternabende, Arztbesuche, Chauffeurdienste zum Tennisspiel, das bleibe bei den Müttern hängen. Während die Männer meinten, sie seien im Betrieb unabkömmlich, gingen sie davon aus, daß zuhause mit Mutter alles bestens laufe.

Dabei hatten sich die Männer durchaus vorgenommen, die besseren Väter zu sein. Jedenfalls wollten sie anders sein als ihre Väter – weniger autoritär, weniger ungeduldig, dafür verständnisvoller, häufiger zu Hause, mit den Gedanken auch mal bei der Familie und nicht immer nur beim Job. Doch das blieben überwiegend Lippenbekenntnisse. Es fehlten einfach die Vorbilder.

Männer, die wirklich versuchten, ihre Vorsätze umzusetzen, liefen herum wie Außerirdische in der von Frauen besetzten Familienwelt. Sie waren Einzelgänger auf dem Spielplatz, Laien in der Krabbelgruppe, Dilettanten am Herd und im Berufsleben. Exoten, die nach so merkwürdigen Dingen wie Teilzeit oder Telearbeit fragten.

Die Situation hat sich möglicherweise entscheidend geändert, seit zum Jahresbeginn 2007 das Elterngeld gezahlt wird. Jedenfalls zeigten sich die Politiker überrascht von der spontanen Nachfrage. Das Staatsinstitut für Familienforschung in Bamberg hält es sogar für möglich, daß 20 Prozent der Väter „neue Väter“ sein möchten, die für eine ausgeglichene Balance zwischen Beruf und Familie sorgen wollen. Immerhin muß Papa zwei Monate daheim bleiben, wenn die sogenannten Vätermonate ausgezahlt werden sollen. Von den prognostizierten 20 Prozent ist jetzt gerade mal die Hälfte erreicht, aber auch das gilt schon als handfeste Überraschung. Immerhin hat sich die Zahl der Väter, die für die Erziehung ihrer Kinder eine Pause im Beruf einlegen, verdoppelt.

Noch etwas anderes hat sich entscheidend geändert: Nur noch ein Drittel der jungen Väter sieht sich in erster Linie als Ernährer der Familie. Die jungen Frauen sind gut ausgebildet und selbstbewußt, da wird die Versorgung der Familie als gemeinsame Aufgabe angesehen.

Dennoch klafft zwischen Theorie und Praxis eine erhebliche Lücke. Es ist ja nicht so, daß die „neuen Väter“ nicht mit Leib und Seele absolute Familienväter sein wollen, nur trauen tun sie sich halt nicht. Denn noch immer gilt die Baby-Pause als Karriere-Killer. Dabei signalisieren Personalabteilungen häufig mit einer extra großen Grünen Laterne, die Dinge im Sinne der Väter regeln zu wollen. Sie haben die Familienfreundlichkeit als sogenannten weichen Standortfaktor erkannt. Dennoch weiß jeder aus praktischer Erfahrung: Für die Kollegen und unmittelbaren Vorgesetzen ist der Mann mit der Baby-Pause schnell weg vom Fenster.

Die Werbeagenturen, die die zur Fußball-Weltmeisterschaft gestartete Kampagne „Du bist Deutschland“ jetzt fortführen, um für mehr Kinderfreundlichkeit in Deutschland zu werben, sie haben noch viel zu tun. Nur 25 Prozent der Deutschen sind überzeugt, daß dieses Land bereits kinderfreundlich ist. In Frankreich sind es 80 Prozent. Den „neuen Vätern“ muß einerseits etwas Mut gemacht werden, andererseits benötigen sie berufliche Sicherheit. 

Vorerst aber kann es für Oma und Opa keine Entwarnung geben. Ohne sie läuft nichts mehr. Während in den 70er und 80er Jahren sich junge Paare bewußt von ihren Eltern entfernten, sind die Beziehungen jetzt wieder enger geworden. Aus triftigem Grund: Unter den heutigen Lebensbedingungen sind Großeltern für die Enkelkinder ein Garant für Kontinuität und Stabilität. Und günstiger als eine kostspielige Tagesmutter ist Oma allemal. Allerdings hat es auch niemals eine so gut ausgebildete und gut situierte Großelterngeneration gegeben. Oma und Opa teilen nicht nur ihre Zeit mit den Enkeln, sie helfen auch finanziell aus. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Familie fließen zehn Prozent der Renten und Pensionen an die jüngere Generation.

In der nächsten Folge lesen Sie: Kindergärten; gestern und heute – Was können die Unternehmen tun? – Unternehmen Kindergarten

 

Familienmenschen (und andere)

Friedrich Wilhelm I., König in Preußen (* 14. August 1688 in Berlin; † 31. Mai 1740 in Potsdam) wurde bekannt als der Soldatenkönig. Er verstand sich als erster Diener des Staates und wollte seinen Untertanen ein fürsorglicher Landesvater zu sein. Vom ihm stammt der Ausspruch „Holle der Deuffel lieber meine zeitliche wohlfardt als daß so viele Leute Bettler werden und ich reich“. Im krassen Gegensatz zu dieser Fürsorglichkeit steht das Verhalten des Königs als Vater. Die Erziehung seiner Kinder war überaus unnachsichtig und streng. Insbesondere der Thronfolger Friedrich hatte darunter zu leiden. Der Vater verdächtigte seinen Sohn, er werde im Staat wieder die überwundene feudale  Völlerei einführen. Der Vater verlangte die Erfüllung der preußischen Tugenden – Strenge, Unbestechlichkeit, Stärke und Sparsamkeit, der Sohn flüchtete in die Musik. Die war dem König ohnehin suspekt (obwohl er selbst sich der Kunst der Malerei widmete). 1730 versuchte der Kronprinz dem strengen Regiment des Vaters zu entfliehen. Er wurde aufgegriffen und in die Festung Küstrin gesperrt. Dort mußte er auf Geheiß des Vaters die Enthauptung seines Freundes und Fluchthelfers Hans Hermann von Katte mit ansehen. Der König selbst hatte das Urteil in die Todesstrafe umgewandelt. Seine Berater konnten ihn nur mit Mühe davon abhalten, sie auch am Thronfolger vollstrecken zu lassen. Friedrich II., der Große, hat später das Königtum durchaus im Sinne seines Vaters fortgeführt.

Markus Mustermann wird in Werbung und Statistik eine Person genannt, die stellvertretend für viele andere steht. Markus Mustermann ist ein typischer „neuer Vater“, denn wer sich für diese Aufgabe entschieden hat, ist in der Regel jung und am Beginn seiner Laufbahn, also nicht einem größeren Kreis bekannt. Darum zitieren wir an dieser Stelle Aussagen unbekannter „neuer Väter“: „Mit der Hausarbeit hatte ich nie Berührungsängste, aber für ein Kind verantwortlich zu sein, das ist etwas ganz anderes. Da kann man keinen Arbeitsplan abarbeiten oder Tätigkeiten wie Füttern und Wickeln auf einen anderen Zeitpunkt verschieben – die Bedürfnisse des Kindes haben immer Vorrang. Ich möchte keine Minute meiner Elternzeit missen, sie war eine große Bereicherung.“M.A (33), Vater von drei Kindern zwischen vier Jahren und zehn Monaten. „Ich genieße diese langsame Kinderzeit. Anfangs habe ich noch versucht, morgens meine E-Mails zu pflegen, aber das hatte gar keinen Zweck. Jetzt frühstücken wir gemütlich, gehen an den Strand, auf den Spielplatz, treffen uns mit Freunden, und mittags kochen wir. Danach bringe ich Paula in den Kindergarten.“A.K. (34), Vater eines Kindes (2,5 Jahre alt)

„Für uns war von Anfang an klar, daß ich die beiden Partnermonate gleich zu Anfang nehme: Der Große wurde im Sommer eingeschult, und ich wollte Zeit für ihn haben, damit er sich nicht zurückgesetzt fühlt. Morgens habe ich für uns alle das Frühstück gemacht und dann Max zur Schule gebracht. Wir haben  alle davon profitiert, und Max hat es gut getan, daß ich so viel Zeit für ihn hatte.“ P. D. (44), Vater von zwei Kindern, eines sechs Jahre, das andere fünf Monate alt.


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