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15.03.08 / Null Toleranz gegenüber dem Verbrechen / »Kriminalität darf sich nicht lohnen« und »Wehret den Anfängen« sind die Maximen der Zero-Tolerance-Strategie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Null Toleranz gegenüber dem Verbrechen
»Kriminalität darf sich nicht lohnen« und »Wehret den Anfängen« sind die Maximen der Zero-Tolerance-Strategie
von Manuel Ruoff

Die Nulltoleranzstrategie fußt auf der Broken-Windows-Theorie. Letztere stammt, wie der Name bereits vermuten läßt, aus dem englischsprachigen Bereich, aus den USA und wurde durch den Politikwissenschaftler James Q. Wilson und den Kriminologen George L. Kelling entwickelt. Im März des Jahres 1982 wurde sie erstmals in der Zeitschrift „The Atlantic Monthly“ der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.

Die beiden Sozialwissenschaftler wollen erkannt haben, daß bei einem Gebäude oder Auto, das unbeschädigt ist, die Schwelle für Vandalen relativ hoch sei, dieses als erste zu beschädigen. Ist hingegen das Gebäude oder das Auto bereits beschädigt, sind beispielsweise schon Scheiben eingeschlagen – daher die Bezeichnung der Theorie –, sei es nur eine Frage der Zeit, daß weitere Beschädigungen folgten.

Wilson und Kelling haben die ihrer Ansicht nach zu konstatierende Abwärtsspirale sehr plastisch beschrieben: „Ein Grundstück ist verlassen, das Unkraut wächst und eine Scheibe wird eingeschlagen. Erwachsene schelten lärmende Kinder nicht mehr; die Kinder, dadurch ermutigt, werden rebellischer. Familien ziehen aus, ungebundene Erwachsene ziehen ein. Jugendliche treffen sich vor dem Laden an der Ecke. Der Ladenbesitzer fordert sie auf wegzugehen, sie weigern sich. Es kommt zu Auseinandersetzungen. Abfall häuft sich. Die Leute beginnen vor dem Laden zu trinken: und dann stürzt ein Betrunkener auf dem Bürgersteig, darf liegen bleiben und seinen Rausch ausschlafen. Fußgänger werden von Bettlern angesprochen … viele Einwohner werden glauben, daß die Kriminalität, insbesondere Gewaltverbrechen, ansteigt.“ „Ein derartiges Gebiet“, so die Schlußfolgerung der beiden Autoren, „ist sehr anfällig für die Entstehung von Kriminalität.“

Die Lehre, die daraus gezogen wird, lautet: Wehret den Anfängen. Das heißt, um im Bilde zu bleiben, daß zerbrochene Scheiben sofort repariert werden. Für diese Arbeiten beziehungsweise die Kosten sind dabei die Verursacher, also die Täter, heranzuziehen. Dabei wird auf Abschreckung gesetzt. Gesetzesbrecher sollen möglichst frühzeitig die Erfahrung machen und die Lektion erhalten: Kriminalität lohnt sich nicht.

Die Umsetzung dieser Maxime, gegenüber Kriminalität und Kriminellen keine Toleranz zu zeigen, ist vor allem mit dem Namen Rudolph Giuliani verbunden. 1994 zog der Republikaner und Jurist als Bürgermeister in New Yorks Rathaus ein. In dieser Funktion setzte er William Bratton als Commissioner der New Yorker Polizei ein, einen Verfechter der Zero-Tolerance-Strategie, der diese nun in die Praxis umsetzte.

In den zwei jeweils vierjährigen Amtsperioden Bürgermeister Giulianis sank in New York die Kriminalitätsrate um etwa 57 Prozent. Der Eindruck einer verbrechensgeplagten Metropole, wie er in den Jahren vor Giulianis Amtszeit vorgeherrscht hatte, wich dem einer sicheren Großstadt. Es gab weniger Graffiti auf den U-Bahnen – und dafür einen Wirtschaftsaufschwung, welcher der Tatsache zugeschrieben wurde, daß sich die Leute auch nachts im Freien wieder sicher fühlten.

Zum Schrecken der Verfechter sogenannter linksliberaler Kriminalitätspolitik – der Begriff „Kriminalitätsbekämpfung“ wäre in diesem Zusammenhang irreführend – hat die Nulltoleranzstrategie inzwischen auch außerhalb New Yorks und auch außerhalb der USA Anwendung gefunden. Malaysia wäre hier ebenso zu nennen wie Singapur.


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