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15.03.08 / Erziehung statt Strafe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Erziehung statt Strafe

Das deutsche Jugendstrafrecht orientiert sich an dem Gedanken, auf die schiefe Bahn geratenen Jugendlichen mit sanftem Druck wieder auf den Pfad der Tugend zu verhelfen. So folge die richterliche Urteilspraxis in erster Linie dem Erziehungsgedanken, heißt es. So werden für Ersttäter häufig sogenannte richterliche Weisungen ausgesprochen. Das kann die Verpflichtung zur Annahme einer Lehrstelle sein, eine freiwillige gemeinnützige Arbeit zu übernehmen, oder bei Gewaltverbrechen der Besuch eines Antiaggressionstrainings. Obwohl auch das Jugendstrafrecht Sanktionen wie Jugendarrest oder Haft vorsieht, schöpfen die Gerichte diese Mittel kaum aus. So wird eine Chance nach der anderen gewährt, jugendliche Serientäter werden von Maßnahme zu Maßnahme gereicht, der Gedanke des „Bestrafens“ ist den Jugendgerichten fremd.

So stand auch der Münchner U-Bahn-Schläger Serkan A. mindestens sechsmal vor Gericht, Bedrohung, Raub und Körperverletzung, die höchste verbüßte Strafe waren sechs Monate Untersuchungshaft und eine anschließende Verurteilung auf Bewährung. Bis zu fünf Jahre Haft wären möglich gewesen.

Die milden Urteile stammen unter anderem von der Münchner Richterin Beate Hümmer, die auch schon in den 90er Jahren den Serienstraftäter „Mehmet“ nach 63 Straftaten auf Bewährung verurteilte. Die Praxis ist Programm. In Hamburg entschied ein Gericht in der Revisionsverhandlung die Freilassung eines bereits zu einer Freiheitsstrafe verurteilten 18jährigen Briten, der eine 70jährige Rentnerin brutal verprügelt hatte. Der Täter setzte sich vor Ausgang des Prozesses in seine Heimat ab. Ob das Opfer je Schadensersatzleistungen oder Schmerzensgeld erhält, ist fraglich. Auch die Möglichkeit, jugendliche Gewalttäter unmittelbar nach der Tat für die Dauer der Untersuchungen in U-Haft zu nehmen, wird von der Justiz nur selten wahrgenommen.

Gründe für eine Inhaftierung liegen zum Beispiel bei Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr vor. Selbst bei vorbestraften Serientätern stellen Untersuchungsrichter nicht selten fest: „Haftgründe liegen     nicht vor“.    M. A.


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