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15.03.08 / Bundeswehr bekommt ihr Fett weg / Wehrbeauftragter redet Klartext: Soldaten zu dick, Kasernen sind Schrott, Auftrag unklar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Bundeswehr bekommt ihr Fett weg
Wehrbeauftragter redet Klartext: Soldaten zu dick, Kasernen sind Schrott, Auftrag unklar
von H.-J. von Leesen

Der im Auftrag des Bundestages tätige Wehrbeauftragte besuchte 2007 zahlreiche Bundeswehreinheiten, sei es innerhalb Deutschlands, sei es in den zahlreichen Einsatzgebieten, die über die ganze Welt verstreut sind. Seitdem die Bundeswehr versucht, vom Libanon über den Kosovo, das Horn von Afrika, Usbekistan bis Afghanistan auf der Wacht zu stehen, um die Menschenrechte zu schützen und um die westliche Demokratie zu verbreiten, haben die Soldaten verstärkten Redebedarf.

Wie im Vorjahr muß der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) konstatieren, daß vielerorts begründet Klage geführt wird über unzureichende Ausrüstung, Versorgung sowie Betreuung. Immer wieder müssen Soldaten für den Einsatz notwendige Ausrüstungsgegenstände selbst beschaffen, da sich entweder die Führung aus Geldmangel nicht in der Lage sieht, sie zu stellen, oder Reparaturarbeiten eine unangemessen lange Zeit in Anspruch nehmen. So liest man beispielsweise, daß ein Dingo, ein gepanzertes Transportfahrzeug, wegen fehlender Ersatzteile seit sieben Monaten nicht einsatzfähig ist.

Und obwohl die Bundeswehr chronisch unterfinanziert ist, senden die politisch Verantwortlichen immer wieder Bundeswehreinheiten in Krisengebiete. Die Suppe müssen die Soldaten auslöffeln. Enttäuschung macht sich überall breit. Die Bürokratie des Bundesverteidigungsministeriums wuchert auch in den Einsatzgebieten. Der Beauftragte stellt eklatante Führungsfehler fest, bei denen es sich, wie er betont, nicht um Einzelfälle handelt. Er führt den unangemessenen Umgang von Vorgesetzten mit ihren Soldaten auf den allgemeinen Werteverfall unserer Gesellschaft ebenso zurück wie auf die reformierte Offiziersausbildung, der es an Praxisbezug fehlt.

Beim Sanitätsdienst ist die bereits im Vorjahr drohende Überschreitung der Grenze personeller Belastungsfähigkeit Realität geworden. Das liegt nicht zuletzt daran, daß ein hoher Prozentsatz der Sanitätsoffiziere und -unteroffiziere Frauen sind, die verständlicherweise häufig ihren Mutterschaftsurlaub nehmen.

Schon im Bericht 2006 schlug der Wehrbeauftragte Alarm wegen der katastrophalen Zustände der Bundeswehrkasernen in den alten Bundesländern. Da zunächst die in noch viel schlechterer Verfassung befindlichen Kasernen in der ehemaligen DDR saniert werden mußten, vernachlässigte man jene in den alten Bundesländern. Nun ist deren Zustand desolat. Man erfährt, daß in Kasernen der Platz fehlt für die dort unterzubringenden Soldaten. So müssen in Zwei-Personen-Zimmern vier Soldaten in unzumutbarer Enge leben. Andere finden überhaupt keinen Platz in der Kaserne und müssen in mitgebrachten Wohnwagen vor der Kaserne nächtigen oder ihr Feldbett in den Diensträumen aufschlagen. 

Der Zustand der Bundeswehr ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Es ist nicht die Bundeswehr dafür verantwortlich, daß ein hoher Prozentsatz junger Männer und Frauen in ihren Reihen körperlich nicht belastbar ist. Sie sind zu fett und an keine Anstrengung gewöhnt. Dabei sind die wirklich „schweren“ Fälle schon als „wehrdienstunfähig“ gemustert worden,  sie machen 40 Prozent aus. Da nützt es der Volksgesundheit auch nichts, daß die Bundeswehr jährlich 26 Millionen Euro ausgibt, um Spitzensportler zu fördern, die dann Deutschland bei den Olympischen Spielen vertreten.

Wie überall in der Bundesrepublik, so wird auch von den Soldaten zunehmend Zweifel am Sinn der Auslandseinsätze dem Wehrbeauftragten gegenüber geäußert. Die Soldaten stellen fest, daß die Bundeswehr ihren Rückhalt in der afghanischen Bevölkerung verloren hat. Die Soldaten wissen nicht, wie auf Dauer die Spannungen zwischen den verschiedenen Völkern im Kosovo abgebaut werden können. Und man kann sich auch vorstellen – was nicht im Bericht steht –, was unsere Marinesoldaten, die im Mittelmeer angeblich Waffenschmuggel verhindern sollen, denken, wenn sie nach Ablauf ihres Einsatzes erfahren, daß bei Tausenden von Schiffsdurchsuchungen nicht eine einzige Waffe gefunden wurde.

Die Lektüre des Jahresberichtes ist jedem politisch Interessierten zu empfehlen. Zu beziehen über: Wehrbeauftragter des deutschen Bundestages, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, www.bundestag.de.


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