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15.03.08 / Gasprom verteidigt Monopol / Transitländer wehren sich gegen Erpressungsgeschäfte der Russen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Gasprom verteidigt Monopol
Transitländer wehren sich gegen Erpressungsgeschäfte der Russen
von M. Rosenthal-Kappi

Zunächst ist der neu entflammte Gasstreit zwischen Rußland und der Ukraine beigelegt, bei dem es nicht, wie vorgeschoben, um unbezahlte Rechnungen in Höhe von 600 Millionen Dollar geht, sondern eher darum, wer über die Lieferungen bis zum Endabnehmer bestimmt. Hier kennt der russische Konzern Gasprom kein Vertun, wenn es gilt, sein Monopol zu verteidigen.

In der Vergangenheit hatte Gasprom die Ukraine immer wieder beschuldigt, einen Teil des ihr zum Freundschaftspreis überlassenen Rohstoffs entnommen und zu Weltmarktpreisen weiterveräußert zu haben. Deshalb war es, wie im Januar 2006, so auch Anfang März 2008, zu verrringerten Liefermengen aus Rußland gekommen, erst um 25 Prozent, zwei Tage später gar um 50 Prozent.

Offiziell wurde als Grund für die Drosselung die Nichtbegleichung der Schulden angegeben. Für die gelieferte Gasmenge von 9,1 Milliarden Kubikmeter im Januar und Februar hatten ukrainische Versorger noch nichts bezahlt, weil sie erst die Rechnungen für 2007 beglichen hatten und für 2008 noch gar kein Liefervertrag vorlag.

Als die Ukraine sich gegen die russische Erpressung mit der Ankündigung wehrte, den Transit in die Europäische Union zu unterbrechen, wenn ihr selbst eine Unterversorgung drohe, kamen die Verhandlungen endlich in Gang. Der ukrainische Präsident Juschtschenko besuchte Wladimir Putin in Moskau, um eine Lösung des Problems auszuhandeln. Rußland drängt darauf, den in der Schweiz registrierten Zwischenhändler RosUkrEnergo aus der Versorgungsschiene auszuklammern und stattdessen zwei neue Gashandelsfirmen in der Art eines Joint Ventures mit größerer Beteiligung Gasproms zu gründen. Ein Lösungsvorschlag, der in der Ukraine schon im Vorfeld zu Problemen führte, da Regierungschefin Julia Timoschenko aufs Schärfste dagegen protestierte. Obwohl auch Timoschenko den zwielichtigen Oligarchen Dmitrij Firtasch, der 2006 Alleinimporteur des verbilligten asiatischen Gases in die Ukraine war, aus dem Gasgeschäft entfernt wissen möchte, glaubt sie – mit Hinweis auf die Übernahme der Kontrolle großer Teile weißrussischer und moldawischer Pipelines –, daß mit einem solchen Vertrag die Hintertür für die russische Kontrolle über ukrainische Erdgasvorräte und -pipelines offen stünde.

Tatsächlich besteht für die Ukraine wie auch andere Transitländer eine große Gefahr darin, bei zu großem Einfluß Gasproms auf ihre staatlichen oder halbstaatlichen Gashandelsfirmen, daß sie ihr einziges Druckmittel zur Abwehr überteuerter Energiepreise verliert, nämlich den der Nichtbelieferung der zahlungskräftigen Abnehmer im Westen. Auf diese und damit auch auf die Einhaltung seiner ihnen zugesicherten Liefergarantie ist Rußland unbedingt angewiesen.

Der nun zwischen Ukraine und Rußland ausgehandelte Gaspreis ist ein gestaffelter. Für rund vier der 9,1 Milliarden Kubikmeter gelieferten Gasmenge haben die ukrainischen Unterhändler einen Preis von 321 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas akzeptiert, für 5,1 Milliarden Kubikmeter zahlen sie den mittelasiatischen Preis von 175,5 Dollar pro 1000 Kubikmeter, so daß sich im Schnitt ein Preis von 240 Dollar pro 1000 Kubikmeter des blauen Brennstoffs ergibt. Kritiker sehen das Ergebnis mit Besorgnis, denn: Wenn die Ukraine einmal den hohen Preis gezahlt hat, wird Gasprom zukünftig nicht mehr davon abweichen.

Gasprom wird sein Monopol ausweiten, gerade auch, indem der Konzern Transitländer durch den Bau neuer Lieferwege, etwa mit dem Bau der Ostseepipeline unter Umgehung Polens und der baltischen Länder, geschickt aushebelt. Dann bleibt den Abnehmern kein Druckmittel mehr, um gegen überhöhte Preisanstiege zu protestieren. Sind die Transitländer erst einmal ausgeschaltet, kommt Gasprom seinem Ziel, an den europäischen Direktabnehmer zu gelangen, ein Stück näher. Den Erpressungen des Energieriesen sind dann westeuropäische Gashändler wie Eon oder Wingas ausgesetzt, die schon heute ein Viertel (Eon) beziehungsweise 70 Prozent (Wingas) ihrer Gaslieferung aus Rußland erhalten. Spätestens dann werden sich auch westliche Politiker mit dem russischen Präsidenten kurzschließen müssen.


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