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15.03.08 / Mulikulti-Schrullen / Deutsch-Türkin über ihre Familie und deren eigenwillige Macken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-08 vom 15. März 2008

Mulikulti-Schrullen
Deutsch-Türkin über ihre Familie und deren eigenwillige Macken

Wie ist denn nun die Familie Güngör, eher deutsch, eher türkisch oder vielleicht irgend etwas dazwischen? Solche Fragen äußerte verwundert eine deutsche Besucherin dieser Familie, deren Beobachtungen keinesfalls mit ihren Erwartungen übereinstimmten. Vielleicht war es diese ältere Dame, die Dilek Güngör, geboren 1972 in Schwäbisch Gmünd als Kind türkischer Einwanderer, auf die Idee brachte, das Verhalten ihrer Lieben im Umgang miteinander einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei entdeckte die ausgebildete Journalistin ein schier unerschöpfliches komisches Potenzial in diesem „Dazwischen-Sein“. Wie meist, steckt auch hier die Komik im Detail. Das Ergebnis, 217 heitere, mit liebenswürdig-spitzer Feder verfaßte Miniaturen mit Szenen aus dem Alltag der eigenen, seit Jahrzehnten in Deutschland ansässigen türkisch-deutschen Familie, stellt der Piper Verlag unter dem Titel „Ganz schön deutsch – Meine türkische Familie und ich“ vor.

Alles begann mit den Glossen in der „Berliner Zeitung“, in denen Dilek Güngör von 2004 bis 2006 jeden Sonnabend eine Fortsetzung ihrer familiären „soap opera“ zum besten gab. Die „Stuttgarter Zeitung“ druckt seit 2005 ebenfalls die Kolumnen Güngörs ab. Den Lesern gefielen die humorvollen Episoden so gut, daß davon bereits 2004 eine erste, etwas schmalere Sammlung als Taschenbuchausgabe erschien. Wie viele der nun nochmals zusammengefaßten kurzen Geschichten wirklich neu oder ob sie sämtlich bereits einzeln veröffentlicht worden sind – dies bleibt ein Geheimnis des Verlags.

Die Akteure des Buches, Mitglieder und Freunde der Familie Güngör, ob sie nun in Deutschland oder Südostanatolien leben, sind uns sofort sympathisch. Ein bißchen chaotisch, bunt und manchmal auch laut geht es bei ihnen daheim zu. Jeder hat so seine gewissen Eigenheiten und lieb gewordenen Gewohnheiten. Oftmals führen gerade diese Schrullen zu den Vorfällen, die die Autorin ironisch, aber mit viel Sympathie für die handelnden Personen schildert. Die Mutter mag nicht von der Schnäppchenjagd ablassen, ob der Vorratsschrank nun von Waren überquillt oder nicht, und die fürsorgliche Tante würde ihre beiden Nichten – das sind die Autorin und ihre Schwester – lieber heute als morgen verkuppeln. Über den Onkel wird heftig spekuliert, weil er sich zum ersten Mal in seinem Leben ein Oberhemd selbst gekauft hat, ein auffälliges noch dazu. Und man besitzt ein Internettelefon mit einer Webcam, vor der sich alle drängen, um den Großeltern in der Türkei Neuigkeiten zu erzählen und ihnen zuzuwinken. Hüben wie drüben wird viel durcheinander geredet, bis die Mutter ganz erledigt meint: „Vielleicht sollten wir die Reise in die Türkei bleiben lassen und einfach regelmäßig den Computer einschalten, das ist Familienbesuch genug.“

Es bleibt zu bemerken, daß das Niveau der Episoden durchaus schwankt. Mitunter scheint das Bemühen der Erzählerin durch, dem alltäglichen Miteinander um jeden Preis eine skurrile Note abringen zu wollen in der Absicht, der Sammlung eine weitere Folge hinzuzufügen. Wer einer leichten Lektüre wie dieser nicht abgeneigt ist, dem sei empfohlen, das Buch in gewissen Abständen zur Hand zu nehmen.  Dagmar Jestrzemski

Dilek Güngör: „Ganz schön deutsch – Meine türkische Familie und ich“, Piper Verlag, München 2007, broschiert, 219 Seiten, 8,30 Euro


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