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22.03.08 / Und Merkel schweigt sich aus / Der Streit um den Post-Mindestlohn spaltet die Union

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Und Merkel schweigt sich aus
Der Streit um den Post-Mindestlohn spaltet die Union
von Mariano Albrecht

Alles auf Anfang. Der Streit um die Mindestlöhne geht weiter. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte dem von der Großen Koalition verabschiedeten Beschluß über die Postmindestlöhne eine Abfuhr erteilt. Doch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz geht in die Berufung, er bezieht sich auf die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts. Die CDU-Spitze muß sich notgedrungen hinter Scholz stellen, Vereinbarungen müssen eingehalten werden. Indes brodelt es in der CDU. Der Vorsitzende der Mittelstands-vereinigung der Union, Josef Schlarmann, fordert die Parteispitze und SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz auf, den Mindestlohn sofort zu stoppen. Putscht der Unions-Mittelstand gegen die Parteispitze?

Bundeskanzlerin Merkel scheint die Sache mal wieder auszusitzen. Macht die CDU Abstriche an den vereinbarten Mindestlöhnen, droht ihr eine Glaubwürdigkeitsdebatte. Zieht die Unionsspitze den Streit gegen die Interessen der eigenen Parteimitglieder durch, verprellt sie die Basis. Droht Merkel ein ähnliches Szenario wie SPD-Chef Kurt Beck?

Es geht um Standpunkte. Mit ihrer Zustimmung zur Aufnahme der Postdienstleistungen in das Entsendegesetz hatte sich die Union gegen alle Rufe aus der Wirtschaft und den eigenen Reihen einen Schritt nach links gewagt.

Die Mittelständler fürchten die Aufweichung der Tarifautonomie. Spitzenmanager großer Unternehmen hätten keine Probleme mit der Einführung von Mindestlöhnen, zitiert Schlarmann aus dem „Handelsblatt“. Aber kleine und mittlere Unternehmen könnten durch die Verpflichtung, zu hohe Mindestlöhne zahlen zu müssen, vom Markt verdrängt werden. Bleiben die Löhne niedrig, müssen weiterhin viele vollbeschäftigte Arbeitnehmer zusätzlich zu ihrem Lohn Geldleistungen des Staates in Anspruch nehmen, weil sie von ihrem schwer verdienten Lohn nicht leben können. Die Verhärtung der Fronten dürfte der Union äußerst ungelegen kommen, denn zieht sich der Streit weiter in die Länge, drohen die Mindestlöhne zum Wahlkampfthema zu werden. Profitieren würde die Linkspartei.

Sind die privaten Postdienste in dem Streit im schlimmsten Fall Bauernopfer, droht bei einer Ausweitung auf andere Branchen größeres Ungemach. Doch die Union sitzt beim Thema Mindestlohn auf der ganzen Linie zwischen den Stühlen. Was bei der Post geht, lehnt selbst die Unionsspitze für weitere Branchen ab, das sorgt für Ärger in der Koalition. Kanzlerin Merkel scheint ständig bemüht, das wackelige Konstrukt zusammenzuhalten. Schon geht SPD-Fraktionschef Peter Struck in die Offensive und fordert Merkel auf, ein Machtwort zu sprechen, doch die Kanzlerin scheint in eine Starre verfallen zu sein.

Getrieben vom Koalitionspartner und uneinig mit den eigenen Leuten drohen der Partei Grabenkämpfe im eigenen Lager. Alles andere als eine gute Ausgangsposition im bevorstehenden Wahlkampf. Die Umfragewerte der Union liegen bei 38 Prozent, die SPD sitzt im Rekordtief, alle anderen Parteien sind nichts mehr als unsichere Kantonisten. Die Bildung einer bürgerlichen Regierungsmehrheit ist für Angela Merkel in einer solchen Konstellation mehr als unsicher.

Schlarmann bemängelt die handwerklichen Fehler der Mindestlohnvereinbarung, ein regionaler Tarifvertrag könnte für allgemeingültig erklärt werden, auch will er das Kartellamt einbezogen sehen. „Wir sind der Meinung, und das zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister, daß all diese Verordnungen ein Verfalldatum haben müssen, weil sich die Bedingungen am Arbeitsmarkt sehr schnell ändern“, so Schlarmann. Trotz eigener Bedenken gegen den Mindestlohn befürwortet er das Festhalten an der Koalitionsvereinbarung. Offensichtlich läuft alles darauf hinaus, bei der Festsetzung der Mindestlöhne sich am niedrigsten Tarif der Branche zu orientieren. Doch das ist mit der SPD nicht zu machen, dann bliebe alles beim alten. Der Streit um den Mindestlohn bei der Post ist für die Union zur Zerreißprobe geworden. Koalitionspartner oder eigene Partei?

Foto: Streitobjekt Post-Mindestlöhne: Wieviel Stundenlohn muß sein?


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