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22.03.08 / Ost-Deutsch (58): Schraube

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Ost-Deutsch (58):
Schraube
von Wolf Oschlies

Als Gott der Herr die Welt geschaffen hatte, gab er jedem Volk Ordnung und Zeichen“, behauptet der rumänische Autor Mihai Sadoveanu (1880–1961) in seinem Roman „Baltagul“ (Die Axt): Der Zigeuner bekam eine Geige, der Ungar Stiefel und Wachs für seine Bartspitzen, der Deutsche „urubul“ (die Schraube).

Im 14. Jahrhundert tauchte die mittelhochdeutsche „schrube“ auf. Ihre Herkunft ist noch unklar, ihre Verbreitung bei Slawen unverkennbar: Russisch „surup“, tschechisch „sroub“, polnisch „sruba“, samt beigefügten Funktionsbestimmungen wie polnisch „sruba imbusowa“ (Imbusschraube) oder tschechisch „bezpecnostni sroub“ (Sicherheitsschraube).  

Ganz ähnlich geht es bei Südslawen weiter: Saraf bei Kroaten, sraf (oder straf) bei Serben und Mazedoniern, srauba bei Bosniern – alles ganz vertraut. Dazu kommt das passende Verb für „sarafi koji se mogu rukom sarafiti“ – Schrauben, die man mit der Hand festschrauben kann. Oder Partizipien, etwa bei „zasarafljeni nosac“, dem verschraubten Träger. Auch das ganze Wortfeld mutet sehr deutsch an, von tschechisch „utahnout srouby“ (Schrauben anziehen) bis zu serbischen „rasklimani srafovi“ (verklemmten Schrauben). Die Krönung ist natürlich die tschechische „lodni sraub“, die Schiffsschraube, 1827 vom böhmischen Forstmann Josef Ressel (1793–1857) erfunden. In Vor-Euro-Zeiten prangte Ressels Bild auf dem österreichischen 500-Schilling-Schein, in tschechischen Handbüchern zu nationalen Größen stand seine Biographie, im slowenischen Ljubljana war sein Grab: Wem „gehört“ Ressel?

In ex-jugoslawischen Presseberichten steht manches über Schlägereien, bei denen „nozevi, sekire, lanci, plinski pistoli i srafcigeri“ in Aktion waren: Messer, Beile, Ketten, Gaspistolen und Schraubenzieher.

Im Normalfall aber ist der „s(t)rafciger“ ein Werkzeug, das man auf Schritt und Tritt benötigt, ganz wie der polnische „srubokret“, der tschechische „sroubovak“ oder die rumänische „surubelnita“.

Vorsicht nur beim mazedonischen „strafciger“, der im Jargon heimischer Kellner auch ein Mischgetränk aus Rotwein und Rum bezeichnet: Ein höllisches Gesöff, vor dem ich warne!


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