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22.03.08 / Alles nur getürkt? / Die Arbeitslosenzahlen sind offensichtlich geschönt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Alles nur getürkt?
Die Arbeitslosenzahlen sind offensichtlich geschönt
von Ansgar Lange

Schröders Agenda 2010 ist fünf Jahre alt. Zeit für eine Bilanz. Experten führen die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt auf genau diese Reformen zurück. Sie hätten dazu beigetragen, daß Arbeitslose den Unternehmen schneller und für weniger Geld zur Verfügung stehen. Keinen Erfolg habe es aber bei den Langzeitarbeitslosen gegeben. Sie hätten weniger Anreize, eine Arbeit anzunehmen, da sie im Niedriglohnsektor oft schlechter gestellt sind als ein Hartz-IV-Empfänger. Der sonst recht kritische „neoliberale“ Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte dazu: „Dies ist der erste Aufschwung seit Willy Brandt, bei dem die Sockelarbeitslosigkeit in Westdeutschland nicht zugenommen hat.“

Oder ist alles doch nur getürkt? Die offizielle Arbeitslosenstatistik ist nämlich offenbar geschönt. Dies geht aus einer kleinen Anfrage der FDP an die Bundesregierung hervor. Rund 3,2 Millionen Personen, die derzeit Arbeitslosengeld beziehen, tauchen in der Arbeitslosenstatistik gar nicht auf, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner (SPD), nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Allerdings wies Klaus Brandner alle Manipulationsvorwürfe weit von sich. Man könne schließlich nicht darüber hinweg diskutieren, daß im letzten Jahr über 600000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse hinzugekommen seien.

Die FDP-Abgeordnete Claudia Winterstein, Berichterstatterin für den Haushalt Arbeit und Soziales im Haushaltsausschuß des Bundestages, monierte gegenüber der „FAZ“: „Die Arbeitslosenstatistik sagt nur die halbe Wahrheit. Wer aber nur die statistische Arbeitslosigkeit betrachtet, schönt die Bilanz und betrügt sich selbst. 2007 gab es offiziell 3,77 Millionen Arbeitslose, aber 6,34 Millionen Leistungsbezieher.“

In der Statistik der Bundesagentur werden nur die Personen als arbeitslos gezählt, die sich arbeitslos gemeldet haben, ohne Beschäftigung sind oder weniger als 15 Stunden in der Woche arbeiten, Arbeit suchen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Rund 225000 Empfänger des Arbeitslosengeldes I tauchten in der Statistik des Jahres 2007 gar nicht auf, da sie von der „58er“-Regelung profitieren. Danach fielen Erwerbslose ab diesem Alter aus der Statistik, wenn sie selbst keine Vermittlung mehr wünschten. Sie hatten Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Beginn der Rente, wenn sie erklärten, daß sie dem Arbeitsmarkt auf Dauer nicht mehr zur Verfügung stehen. Ende vergangenen Jahres ist diese Regelung ausgelaufen. Daher ist in dieser Altersgruppe in Zukunft (also ab 2008) mit zusätzlichen Arbeitslosen zu rechnen.

Besonders eklatant ist das Auseinanderfallen zwischen Statistik und Wirklichkeit beim Arbeitslosengeld II. So legte Brandner dar, 2007 seien durchschnittlich 5,33 Millionen Personen als „erwerbsfähige Hilfesuchende“ registriert gewesen. Davon seien aber 54 Prozent, also rund 2,85 Millionen, nicht als arbeitslos geführt worden. Angesichts dieser „Enthüllung“ ist es um so unverständlicher, warum Bundesarbeitsminister Olaf Scholz Ende Februar bei der Vorstellung der veröffentlichten Arbeitsmarktdaten so selbstgefällig tat. Er sprach von einer bemerkenswerten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und brüstete sich damit, daß die Zahl der Langzeitarbeitslosen kontinuierlich abnimmt.

Insbesondere ältere Menschen – die oft zu den Langzeitarbeitslosen gehören – haben es aber weiterhin extrem schwer auf dem deutschen überregulierten Arbeitsmarkt. Die Arbeitsmarktpolitik habe die Arbeitsmarktchancen der Älteren bisher nicht nachhaltig verbessern können, so die Erkenntnis einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). In Deutschland sind nämlich nur 40 Prozent der 55- bis 64jährigen erwerbstätig. Bei den 25- bis 54jährigen liegt die Erwerbstätigenquote bei 80 Prozent, also doppelt so hoch.

Das IAB bringt es auf den Punkt: „Der aktuelle Arbeitsmarkt ist trotz positiver konjunktureller Einflüsse noch immer durch ein hohes Arbeitsplatzdefizit gekennzeichnet.“ Trotz aller Diskussionen über die Rente mit 67 oder sogar mit 70 – ein Ausscheiden vor dem 65. Lebensjahr ist heute immer noch die Regel.


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