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22.03.08 / Links und rechts – ist das nicht längst überholt?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

»Moment mal!«
Links und rechts – ist das nicht längst überholt?
von Klaus Rainer Röhl

Linksfront, wo man hinhört. Links, links, links! Selbst die CDU marschiert, laut Westerwelle, nach links und doch – trotz Ypsilanti, Beck und Lafontaine, Nahles und Schreiner – hört man kluge Leute immer wieder fragen, ob es denn den Gegensatz „links“ und „rechts“ überhaupt noch gäbe. Ob diese Begriffe überhaupt noch „brauchbar“ seien. In nahezu jeder Quasselstunde (dummdeutsch = Talk-show) kommt diese Behauptung vor, meist gar nicht mehr als Frage gemeint, sondern als – unverlangte – Antwort. Es gibt – so heißt der fast obligatorische Standardsatz für jeden besseren Talkgast – gar keinen Gegensatz zwischen links und rechts mehr. Das ist die Pflicht. Dann kommt die Kür, bei der jeder einzelne der Gäste seine markante Einzelpersönlichkeit zur Schau stellen möchte. Er sagt also, es gäbe nur Gewinner und Verlierer, Dumme und Kluge, Machtpolitiker oder Leute ohne Machtinstinkt. Die Naseweisen haben dann meistens noch ein Sprüchlein parat, das sie neulich irgendwo – meist auch in einer Talkshow – gehört haben, und fügen hinzu, daß sie von dieser „Gesäßordnung“ nichts halten. Gar nichts halten. Ganz Gebildete, die durch drei Bücher aus dem Eichborn Verlag und unregelmäßige „FAZ“-Lektüre noch mehr wissen, rufen mit beifallheischender Betonung in den Raum: „Rinks und lechts“! Wie schon mal ein kluger Mann über diesen Gegensatz gespottet hat. Wer war das? Schreiben Sie uns. Karl Kraus, Tucholsky, der Dadaist Arp, Willy Brandt? Es ist – ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn – Ernst Jandl.

Was aber heißt Gesäßordnung? Wo kommt das „links“ und „rechts“ her? 1792 entschied der französische Nationalkonvent, die Girondisten aus der Sicht der Rednertribüne rechts und die radikalen Jakobiner links zu postieren. Wäre die Sitzordnung aus der Sicht der Deputierten entschieden worden, würden heute die Antifa-Profis mit besorgter Miene vor der Gefahr von links warnen und gegen sie zum Aufstand der Anständigen rufen! Irgendein deutscher Politiker oder Schriftsteller nannte eines Tages die Einteilung in links und rechts verächtlich eine Gesäß-Ordnung. Wer hat das zum ersten Mal gesagt? Bitte melden. Willy Brandt war es nicht. Zusatzfrage: War Brandt links?

Nach dem Vorbild des französischen Nationalkonvents sitzen die Parteien in Deutschland und in allen europäischen Staaten folgendermaßen: Links die Sozis, später die Kozis, die Kommunisten, rechts die Konservativen, in der Mitte die Liberalen. So saßen sie im Reichstag bei Bismarck und beim Kaiser. Und in der Weimarer Republik, als es noch Rechtsaußen- und Linksaußen-Parteien gab, da saßen die Kommunisten ganz links und die Nationalsozialisten ganz rechts. So sitzen sie auch heute noch im Europa-Parlament, so in den meisten Ländern der Erde, selbst dort, wo es Parteien nur zum Schein gibt. Auch im Bundestag. Links sitzen die Linken, und rechts? Sitzt die FDP und die CSU und die CDU. Wer sitzt ganz rechts?

Rechte Parteien gibt es nicht im Bundestag. Ihre Funktion wird wenigstens in Bayern von der CSU wahrgenommen, die schärfer als das Bundesverfassungsgericht darüber wacht, daß rechts von ihr nichts über die Hürde gelangen kann. Die CSU ist bayrisch, patriotisch, christlich-wertkonservativ und im übrigen – modern. Rechts mag sie nicht genannt werden, obwohl sie vom Standpunkt der „taz“, der PDS, aber auch der „Süddeutschen Zeitung“ knallrechts ist. Aber das ist nur als Schimpfwort gemeint, nicht als ernsthafte politische Definition der Partei.

Rechte gibt es, rund 60 Jahre nach Ende des NS-Regimes, im Bundestag nicht mehr. Gott sei Dank, werden Sie gleich sagen. Doch der liebe Gott war es nicht, der diesen Zustand schuf, nicht einmal das deutsche Volk selber. Zunächst war es die Besatzungsmacht. Nach aufwendigen und angestrengten Kampagnen nach Kriegsende, alliierter Volkserziehung (= reeducation), Kollektivschuld und Entnazifizierung kam die Eigen-Erziehung der Deutschen durch Selbstzensur. In Besatzungs-Lizenz. Lizenz-Rundfunk und Lizenz-Presse, das Fernsehen brauchte schon keine Lizenz mehr, da war schon alles entschieden.

Die Heranbildung von demokratischem Nachwuchs hatte funktioniert. Wer jetzt etwas zu sagen hatte, war links. Demokratisch verfaßte Rechtsparteien, von denen es in Weimar mehrere gegeben hatte, wurden nicht wieder gegründet oder wurden nach einiger Zeit bedeutungslos – wie die „Deutsche Partei“.

Ab 1968 kam nach der Um-Erziehung durch die Besatzung die Erziehung der Väter durch ihre Söhne und Töchter, nach der das Wort „rechts“ endgültig einen geradezu kriminellen Anstrich erhielt, und noch eine Generation später, 1999, nach einem Anschlag arabischer (!) Jugendlicher auf die Synagoge in Düsseldorf, kam der von Schröder ausgerufene „Aufstand der Anständigen“ gegen Rechts ins Rollen, ein Zwergenaufstand gegen ein Phantom. Die rechte Gefahr: Ein Phantomschmerz: die NPD kommt gerade mal in einem Bundesland über die Fünf-Prozent-Hürde, spielt anderswo keine Rolle, mitgliederstarke Rechtsparteien wie in Frankreich, Italien, Polen, Rußland, den Niederlanden und Belgien gibt es bei uns nicht.

Aber. Es gibt, unbestritten, Linke. Unbestritten und unberührt von jedes antitotalitären Gedankens Blässe steht eine vielgestaltige Linke bereit, tief verwurzelt im Überbau und organisiert von der kleinsten Gewerkschaftszelle bis zu einem mächtigen Medien-Mainstream, entschlossen, die Menschheit zu verbessern. Das heißt, die menschliche Natur zu verändern, die Gesellschaft, die Familie und, da das zu langsam geht, wenigstens die Wirtschaft. Sie umzubauen ist das Ziel, und weil es sich bei den „Umbauern“ fast immer um Ungelernte und Laien handelt, heißt das, an der Wirtschaft herumzumurksen. Viel hat sich bei den Sozialisten seit dem seligen Opa Marx da nicht geändert.

Während die immer lauter werdenden Attac-Anhänger als Revolutionstouristen mit ihrem fröhlichen „Anti“ die Kongresse beleben, ärgern sich in der Realität des Alltags unsere Linken von der Linken und die Linken in der SPD bis runter zur jüngsten Projekt-Gruppe am Gymnasium Münster-Eifel und den Jusos von Oberammergau halb krüppelig über die nach so viel Diskussionen immer noch in Privathand befindliche Wirtschaft. Immer sind ihrem Tatendrang Grenzen gesetzt. Mal durch das Grundgesetz, mal durch das Bürgerliche Gesetzbuch, mal durch die Arbeitslosenzahlen, die tatsächlich abgebaut worden sind, peinlich für die Tatsachen.

Wo es so viele linke Umverteiler gibt, müßte sich doch rechts – etwas – Widerstand regen. Wo bleibt also die Rechte? Da ist nichts. Außer, daß die liberalen und meist linken Journalisten die ganze CDU und CSU und natürlich auch die FDP rechts nennen. Stimmt das überhaupt noch? Ist Frau Merkel rechts? Natürlich nicht. Es gibt keine Rechten im Parlament. Das könnte einer der Gründe dafür sein, daß das eingangs geschilderte Gerücht entstanden ist, es gäbe nicht mehr links und rechts, sondern nur „rinks und lechts“. Toller Witz.

Und doch, trotz mehr als 30 Jahren Dauerberieselung durch die Genossen Redakteure sind die Deutschen (dummdeutsch = die Bevölkerung) sauer und mehrheitlich – eher rechts. In einer Untersuchung von Allensbach orteten sich über 50 Prozent der Befragten als „eher rechts“ ein. Was könnte damit gemeint sein? Es gibt immer noch eine satte Mehrheit gegen die Umverteilung.

Was setzen wir dem unendlichen Strom gut klingender Hohl-Worte aus dem Mund von linken Politikern und Gewerkschaftsführern wie Bsirske und Sommer entgegen? Patriotismus? Familie, Identität, Tradition, Vorfahren, Geschichte, Liebe zum eigenen Land, Nation? Deutschland? Achten Sie bitte darauf, wie oft das Wort aus dem Mund von Frau Merkel kommt. Statt Volk Bevölkerung. Statt Liebe zu Deutschland Sorge um den Standort Deutschland.

Als einmal einer wie Merz als Versuchsballon das Wort „deutsche Leitkultur“ aufsteigen ließ, entfesselte sich, automatisch wie eine Sprinkler-Anlage bei Rauchentwicklung, eine Kampagne gegen diese „rechten Töne“. Die Rede von der Gefahr von rechts, die immer abrufbar ist wie die Aufsage eines Anrufbeantworters: „Gerade in diesem Land, das eben noch Hitler und die Judenverfolgung hervorgebracht hat.“ Eben noch? Ja, uns soll es vorkommen wie eben, ob wir abends fernsehen oder morgens die Tageszeitung und donnerstags den „stern“ lesen oder alle über den Roman von Littell diskutieren hören, über den perversen, eiscoolen SS-Mann. Oder den „Spiegel“ vom letzten Montag über die SS-Mörder zur Hand nehmen, zum Greifen nahe das alles, als wäre Hitler gerade im Zimmer nebenan gewesen.

Lechts und rinks, merkt Ihr nischt?

Foto: Ironie der „Gesäßordnung“: Blick auf Deutschlands Rechte im Bundestag.


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