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22.03.08 / Begegnung zweier Welten / Anmerkungen zu der Veranstaltungsreihe »China in Dresden, Dresden in China«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Begegnung zweier Welten
Anmerkungen zu der Veranstaltungsreihe »China in Dresden, Dresden in China«
von Caroline v. Keudell

China in Dresden, Dresden in China“ – unter dieses Leitmotto haben die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden das Jahr 2008 gestellt. Vier Ausstellungen in Dresden und drei in China – begleitet von einem vielseitigen Rahmenprogramm – sind geplant. Kulturelle und künstlerische Entwicklungen vergangener Zeiten genauso wie zeitgenössisches Kunstschaffen in China und Deutschland begegnen einander. Eröffnet wurde der Veranstaltungsreigen mit der Foto-Ausstellung „Humanism in China“, welche sich dem gesellschaftlichen Wandel Chinas in den vergangenen fünf Jahrzehnten widmet.

Zum einen nehmen die Dresdener Kunstsammlungen im Jahr der Olympischen Spiele in Peking das große Interesse der Bevölkerung an China auf, zum anderen folgen sie aber auch ihrer eigenen Tradition. Denn Dresden und der sächsische Hof waren im 18. Jahrhundert das Zentrum der europäischen China-Mode, der sogenannten „Chinoiserie“.

So ist Dresden ein Beispiel für das große europäische Interesse am damaligen Kaiserreich China, an dessen Künsten und Philosophie. Bis heute finden sich in der Stadt zahlreiche Zeugnisse jener Begeisterung: Als ein wichtiges Beispiel gilt das in chinesischem Stil erbaute Schloß in Pillnitz. Hier wird vom 28. Juni bis 31. Oktober eine Ausstellung zur chinesischen Gartenarchitektur unter dem Motto „Chinese Gardens for Living“ gezeigt. Elemente chinesischer Gartenkultur spielten im 18. Jahrhundert bei der deutschen Parkgestaltung eine wichtige Rolle.

Auch die Porzellansammlung im Zwinger kündet von dem bedeutenden chinesischen Einfluß zur Zeit des Barock. Zu verdanken ist sie August dem Starken, der von sich selbst behauptete, er habe die „maladie de porcelaine“, die Porzellankrankheit. Dank seiner großen Sammelleidenschaft besitzt Dresden die größte Sammlung chinesischen Porzellans der kaiserlichen Kangxi-Periode (1662–1722) außerhalb Chinas.

Inspiriert wurde August der Starke dabei von Porzellankabinetten, die er in den brandenburg-preußischen Schlössern Oranienburg und Charlottenburg gesehen hatte. Jedoch der sächsische Regent wollte mit einem geplanten Porzellanschloß eine Sammlung bilden, die alles bislang Übliche weit in den Schatten stellen sollte. Zwar blieb dieses Projekt ein Traum, da es mit dem Tod des Regenten 1733 nicht fortgeführt wurde; doch zeit seines Lebens setzte August der Starke alles daran, seine Porzellansammlung zu erweitern.

Die im Zwinger ausgestellten „Dragonervasen“, mächtige blau-weiße Deckeltöpfe, zeugen in besonderer Weise von der Porzellanbesessenheit des Königs: Er erhielt sie dank eines legendären Tauschgeschäfts mit dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. Im Jahr 1717 wurden 600 sächsische Reiter gegen 151 Porzellangefäße eingetauscht. Da die sächsischen Reiter nach Ostpreußen verlegt und zu einem Dragonerregiment formiert wurden, kam es zu der Bezeichnung „Dragonervasen“.

Aus seinem eigenen Interesse heraus förderte August der Starke die Entwicklung der europäischen Porzellanerfindung, denn die zahllosen Importe aus China und Japan waren äußerst kostspielig. In Europa mußte das „Porzellanrezept“ erst noch gefunden werden. Dies gelang dem Alchimisten Johann Friedrich Böttger im frühen 18. Jahrhundert in Meißen.

Dabei hatte sich der einstige Berliner Apothekerlehrling zunächst ganz der Goldherstellung verschrieben. Als es ihm bei einem seiner Experimente angeblich gelang, einen Goldklumpen herzustellen, wurde König Fried-rich I. auf Böttger aufmerksam. Aus Sorge, daß der Schwindel auffliegen könne, floh Böttger und wurde in Wittenberg an der kursächsischen Grenze aufgegriffen. Zwar verlangte Preußen seine Auslieferung, doch August der Starke nahm Böttger unter seine Fittiche – in sächsische Staatshaft. Gefangen wie ein Vogel im Goldenen Käfig mußte Böttger seine Versuche und wissenschaftlichen Experimente in den Dienst August des Starken stellen. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern und Gelehrten machte sich Böttger daran, das Rezept für die Porzellanherstellung zu finden. Nachdem er 1708 ein rotes Feinsteinzeug, das sogenannte Böttgerporzellan entwickelt hatte, konnte er bereits kurze Zeit später Proben von weißem Porzellan vorlegen. Dank der nun entdeckten Mischung aus Kaolin, Quarz und Feldspat hatte er das Geheimnis des weißen Goldes entschlüsselt. 1710 wurde die Porzellanmanufaktur Meißen gegründet. In großen Mengen wurde zunächst der sächsische Hof beliefert, doch nach und nach trat das Meißener Porzellan auch europaweit seinen Siegeszug an.

Mit der interessanten Rolle des Porzellans am königlichen Hof beschäftigt sich die Ausstellung „Goldener Drache – Weißer Adler“, welche vom 11. Oktober bis zum 11. Januar 2009 im Dresdener Residenzschloß zu sehen sein wird. Bei einem Vergleich des sächsischen Hofes mit dem Kaiserhof von China – bezogen auf einen Zeitraum von 1644 bis 1795 – wird Porzellan in seinen unterschiedlichen Funktionsarten im Mittelpunkt stehen: Neben der Repräsentation war es natürlich auch zu einem wichtigen Bestandteil der festlichen Tafelkultur geworden.

Die lange Geschichte des Porzellans währte viele Jahrhunderte, sie verband China und Europa miteinander und prägte nicht zuletzt auch unsere europäische Tischkultur.


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