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22.03.08 / Der Abschied vom Vater / Warum Männer ihre Rolle so schwer finden / Das bleibt in der Familie (Folge 21)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-08 vom 22. März 2008

Der Abschied vom Vater
Warum Männer ihre Rolle so schwer finden / Das bleibt in der Familie (Folge 21)
von Klaus J. Groth

Na bitte, kaum wird das Elterngeld gezahlt, da steigen die Geburtenzahlen. Zwar nur ein klitzekleines Bißchen, aber doch statistisch signifikant auf 1,4 Kinder pro Paar. Unter dem europäischen Durchschnitt ist das zwar weiterhin, aber Deutschland holt auf. Und bei den „neuen Vätern” holt Deutschland ebenfalls auf. Sie werden, wie berichtet, in jüngster Zeit häufiger gesichtet. Auch das wegen des neuen Elterngeldes. Nur ein Phänomen wird dabei nicht wahrgenommen: Der Vater traditioneller Prägung kommt seit geraumer Zeit dabei abhanden.

Genauer betrachtet, ist der Vater in der modernen Familie nur noch bei der Grundsteinlegung notwendig, als Erzeuger des Nachwuchses. Im Kern der sozialen Beziehungen scheint der Vater entbehrlich.

In allen Kulturen bestand der Kern der Gesellschaft immer aus einer Dreier-Beziehung: Vater, Mutter und Kind. Oder Mutter, Vater und Kind. Die Rang- und Reihenfolge wechselte, sie bestimmte den Aufbau der Gesellschaft. Meist gaben die Männer den Ton an, manchmal die Frauen. Aber immer  waren die Väter ein Teil vom Ganzen.

In den Mythen und Sagen der Völker spielte der Vater nur selten eine Nebenrolle. Meist entwickelten sich die überlieferten Geschichten aus der Beziehung Vater und Sohn. Daraus erklärte sich der Lauf der Welt, daraus wurden gleichnishaft die Schicksalsbahnen der Völker gewoben. Bei den Griechen waren es Uranos, Kronos und Zeus, bei den Juden Abraham und Isaak. Bei den Christen sind es Gott und sein am Kreuz geopferter Sohn. Und fern von alledem erklärt Siegmund Freud die verdeckten Seiten der Seelenwelt aus der Beziehung zwischen Vater und Sohn. Aus der Welt des Vaters wird die Vergangenheit vom Sohn in die Zukunft getragen. Der Sohn übernimmt, was der Vater aufgebaut hat. So wird in den alten Geschichten die verbindende Brücke zwischen den Zeiten geschlagen. Manchmal wird das Erbe willig weiter getragen, manchmal ist die Übergabe voller Brüche und Widersprüche. Das macht die Beziehung zwischen Vater und Sohn so sehr viel anders als die zwischen Mutter und Sohn. Vater und Sohn, diese Beziehung ist häufig voller Disharmonie und Unordnung. Zumindest vorübergehend.

War es unter solchen Umständen nicht an der Zeit, den alten Patriarchen abzulösen? Ihn tief in der Mottenkiste des endlich Überwundenen und Vergangenen zu versenken? Denn nach der Überzeugung der „Vaterlosen Gesellschaft“ (Alexander Mitscherlich dachte darüber nach) ist der Mann grundsätzlich verdächtig. Es sei denn, er entspricht jenem Mann, von dem Herbert Grönemeyer singt: „Außen ganz hart, innen ganz weich …“ Denn Jungen, so das gegenwärtige Credo, werden nicht als Jungen geboren, Mädchen nicht als Mädchen – sie werden dazu gemacht.

Der Mann, so trösten die Verfechter der politisch korrekten Geschlechterlehre, ist ja nicht von Natur aus schlecht, er ist vielmehr ein Ergebnis seiner Sozialisation. Kommt am Ende dieser Sozialisation, wie die prägenden Einflüsse im gespreizten Neu-Deutsch heißen, als Ergebnis ein Macho heraus, dann ist einiges schief gelaufen. Erst politisch korrekte Erziehung macht aus dem prinzipiell verdächtigen Mann einen akzep-tablen Mann.

Welche Gedanken die Freunde der geschlechtsneutralen Erziehung umtreiben und wie sie bereits Kinder damit beinflußen, zeigen nachstehende Zitate, die bereits vor 20 Jahren in Schulbüchern veröffentlicht wurden:

„Entgegen den Vorstellungen der Vergangenheit, es gebe angeborene unterschiedliche Charaktere von Frau und Mann, geht man heute im allgemeinen davon aus, daß diese Eigenschaften durch Erziehung und Hineinwachsen in die Gesellschaft, die von den Menschen geschlechtsspezifische Verhaltensweisen erwartet, ausgebildet und erlernt werden. Man nennt das geschlechtsspezifische Sozialisation. Diese beginnt schon mit der Kleinkindererziehung …“

Da ist es wieder, das hinreichend strapazierte Bild vom Jungen, der am Computer die Schlacht gegen die Außerirdischen simuliert, und vom Mädchen, das seine Puppen sorgsam zur Nacht bettet. In Dutzenden von Varianten taucht dies Bild immer wieder auf, auch in unserem zweiten Zitat: „Im Alter von vier bis fünf Monaten, in dem die kleinen Mädchen und Jungen beginnen, mit Gegenständen effektiver zu manipulieren (Gegenstände zu verändern), werden dann auch diese Gegenstände geschlechtsspezifisch ausgewählt. So erhalten kleine Mädchen neben dem geschlechtsspezifischen Teddy, den Stoff- und Gummitieren, hauptsächlich Puppen ins Bett gelegt. Vor allem sogenannte ‚echte‘ Puppen, die zweifelsfrei als ‚weiblich‘ zu identifizieren sind, bleiben kleinen Mädchen vorbehalten, kleinen Jungen hingegen sind sie schon im zarten Alter meistens untersagt … Zwar dürfen Mädchen schon mal mit ‚Jungenspielzeug‘ spielen, Jungen aber fast nie mit ‚Mädchenspielzeug‘… Alles, was zur ‚weiblichen‘ Rolle gehört, ist jedoch minderwertig und wird daher für Jungen verachtet.“

Es war die große Zeit der Frauen-Quoten, als diese Texte in die noch unkritischen Köpfe der Schüler verfrachtet wurden. Die Männer steckten in einer Krise, in der Wissenschaftler eine „Entmännlichung des Mannes“ ausmachten, in der von einer sozialen Kastration gesprochen wurde. Die Frauen forderten ihren Teil der Welt, und die besonders selbstbewußten unter ihnen sagten, es sei mindestens die Hälfte der Welt, die den Frauen zustehe. Dafür wollten sie von ihrem Teil auch gerne die Hälfte abgeben: 50 Prozent der Küchen- und Hausarbeit, 50 Prozent der Kinderbetreuung. Damals bekam das Image der Väter einen gewaltigen Knacks. Von dem hat es sich noch nicht erholt.   

Seit die Männer aus ihrer schillernden Rüstung steigen mußten, suchen sie nach einer neuen Rolle. Dabei haben sie ziemlich viel falsch gemacht. Was sie auch probieren, nichts funktioniert richtig. In größeren Städten finden sich entnervte Männer zu Selbsterfahrungsgruppen zusammen, frei nach dem Motto: „Wenn die Frauen Frauengruppen und Frauenhäuser haben, brauchen wir auch etwas ganz allein für uns.“ In den Männergruppen dürfen Männer über ihre Probleme und Gefühle sprechen, mehr Körperbewußtsein entfalten und Freundschaften zu anderen Männern schließen, ohne sie als Konkurrenten zu betrachten.

Doch, leider, es klappt nicht wie erhofft. Von einem Männerbeauftragten wurde noch niemals etwas gehört, und bei den Frauen löste der männliche Schulterschluß nur Spott aus. Sie machen den Kerlen den Vorwurf einer „neuen Weinerlichkeit“.

Andere Männer retten sich in die Rolle als Macho, tun so, als lebten sie noch im 19. Jahrhundert. Götz George verkörperte mit Schimanski solch einen Typ. Daß der Macho glaubt, über Frau und Kinder uneingeschränkt das Sagen zu haben, das versteht sich von allein.

Ein Relikt aus vergangenen Zeiten, aber recht dauerhaft, ist der Chauvi. Er reitet durch das Leben wie einst John Wayne über die Prärie. Die Frau darf ihm mit Ehrfurcht im Blick einen kühlen Trunk reichen, hinauf aufs Pferd. Er auf Augenhöhe mit einer Frau? Niemals!

Etwas weniger deutlich zu erkennen, dafür aber umso häufiger, ist der Opportunist. Er heuchelt Verständnis für die Frauen, verspricht, sich für ihre Belange einzusetzen. In Wirklichkeit denkt er gar nicht daran, auch nur ein Quäntchen seiner männlichen Rechte abzutreten. Unter Politikern sei dieser Opportunist besonders häufig zu finden, klagte einst die SPD-Politikerin Renate Schmidt.

Der Softi oder Schuldbeflissene traut sich nicht mehr an den Stammtisch, sondern diskutiert seine Identität am liebsten mit Frauen. Er nimmt alle „historische Schuld des Patriarchats“, die von Feministinnen den Männern vorgeworfen wird, auf sich. Bei Frauentreffen wagt er sich mit masochistischer Lust ans Rednerpult und flüstert: „Ich bin so aufgeregt, hier zu sprechen“, um sich am Ende demütigen zu lassen für seinen unverschämten Versuch einer Anbiederung.

Wie es die Männer auch machen, sie machen es falsch. Weder Chauvi noch Softi kommen bei den Frauen gut an. Die widersprüchlichen Erwartungen der Frauen erleichtern es den Männern nicht gerade, ihre neue Rolle als Mann und Vater zu finden. Untersuchungen haben gezeigt, daß  ausgerechnet der Macho-Typ, den Frauen am meisten ablehnen, am besten bei Frauen ankommt. Der mit dem Geländewagen, dem beruflichen Erfolg, dem tollen Abschlag beim Golf, der ist ihnen lieber als einer, der zu Hause das Baby füttert, die Windeln wäscht und den Teppichboden saugt. 

Die Wirklichkeit ist eben anders als die frauenbewegte Theorie. Viele Frauen verlieren die Achtung vor dem Partner, wenn er sich nur noch als Hausmann betätigt und sie derweil Karriere macht.

Nur sagen darf man es nicht.

In der nächsten Folge lesen Sie: Terror im Kinderzimmer – Wenn Hobbys zum Streß werden – Kinder unter Leistungsdruck

 

Familienmenschen (und andere)

Jean-Jacques Rousseau (* 28. Juni 1712 in Genf; † 2. Juli 1778 in Ermenonville bei Paris), der Vordenker der Französischen Revolution, war gewiß kein Familienmensch. Die streitbaren Schriften des französisch-schweizerischen Schriftstellers und Philosophen waren Ursache eines unsteten Lebens, das sehr häufig von materieller Not geprägt war. Noch während er sich bemühte, mit literarischen und musikalischen Versuchen Fuß zu fassen, begann er 1745 ein Verhältnis mit der Wäscherin Thérèse Levasseur (1721–1801). Aus dieser Verbindung gingen zwei Kinder hervor, geboren 1746 und 1748. Da die Eltern vor großen materiellen Problemen standen, gaben sie diese Kinder bei den „Findelkindern“ (Enfants trouvés) ab. Das weitere Schicksal dieser Kinder ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich haben sie nicht lange gelebt. Später machte Voltaire diese Trennung von den Kindern Rousseau zum Vorwurf. Rousseau versucht sich damit zu entschuldigen, daß seine Arbeit schlecht oder gar nicht bezahlt worden sei. Zudem habe Thérèse für den Lebensunterhalt aufkommen müssen und sich nicht mit Kindern belasten können. Doch als ihm 1751 seine Einkünfte eine gemeinsame Wohnung mit Thérèse erlaubten, gab das Paar auch ein drittes Neugeborenes bei den Findelkindern ab. Im Jahre 1762 formulierte Rousseau diesen pädagogischen Auftrag: „Die ganze Erziehung der Frauen muß daher auf die Männer Bezug nehmen. Ihnen gefallen und nützlich sein, ihnen liebens- und achtenswert sein, sie in der Jugend erziehen und im Alter umsorgen, sie beraten, das sind zu allen Zeiten die Pflichten der Frauen, das müssen sie von Kindheit an lernen.“   

Kronos ist in der griechischen Mythologie der jüngste Sohn der Gaia (Erde) und des Uranos (Himmel). Er gehört zu den Titanen. Die ewigen Spannungen zwischen Vater und Sohn versinnbildlichen sich in Kronos. Sein Vater Uranos haßte seine Kinder, die Kyklopen und Hekatoncheiren. Er verbannte sie in den Tartaros. Deshalb brachte die Mutter des Kronos, Gaia, ihre anderen Kinder, die Titanen, heimlich zur Welt. Die Mutter stiftete Kronos an, den Vater mit einer Sichel zu entmannen. Nach Besiegung des Vaters wurde Kronos zum Herrscher der Welt. Aus Angst, selbst entmachtet zu werden, fraß Kronos die mit seiner Schwester Rhea gezeugten Kinder – Hestia, Demeter, Hera, Hades und Poseidon. Den jüngsten Sohn jedoch, Zeus, versteckte Rhea auf Anraten der Großeltern Gaia und Uranos in einer Höhle des Berges Aigaion auf Kreta. Dem Vater Kronos hatte sie einen in Windeln gewickelten Stein gegeben, den dieser verschlang. Nachdem Zeus das Mannesalter erreicht hatte, überwand er seinen Vater Kronos und zwang ihn, den Stein und die verschlungenen anderen Kinder wieder auszuspucken.

Foto: „Als Kind schon auf Mann geeicht“, oder dürfen Jungs auch mit Puppen spielen?


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