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29.03.08 / Dresden tilgt Niederschlesien / »Landkreis Görlitz«: Sächsische Gebietsreform läßt den Namen von der offiziellen Landkarte verschwinden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-08 vom 29. März 2008

Dresden tilgt Niederschlesien
»Landkreis Görlitz«: Sächsische Gebietsreform läßt den Namen von der offiziellen Landkarte verschwinden
von Harald Fourier

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat eine Magazin-Beilage. Sie heißt „Wohlfühlen“ und ist voll bunter Anzeigen. Auf Seite 49 der aktuellen Ausgabe wird – finanziert aus Mitteln der Europäischen Union – für „niederschlesische Kurorte“ geworben.

Im Text heißt es: „Das Quellwasser, das aus Niederschlesien kommt, wurde in der Welt schon im Mittelalter berühmt.“ Und dann die Aufforderung in nicht ganz korrektem Deutsch: „Niederschlesische Kurorte laden ein! Komm hier (sic!) und hol die Gesundheit, die Erholung und unvergeßliche Eindrücke. Komm und überzeuge dich: To je vyborne! Das ist super! Niederschlesien.“

Es ist sehr erfreulich, daß die Vertreiberstaaten, insbesondere Polen, die deutschen Wurzeln dieser Gebiete wiederentdecken. (Auch wenn dies in erster Linie geschieht, um deutsche Touristen anzulocken.) Dieser Trend ist auch seit Jahren auf der Internationalen Tourismusbörse zu sehen, die erst vor wenigen Wochen in Berlin zu Ende gegangen ist.

Um so ärgerlicher, daß wir Deutsche die Erinnerung an den Osten weiter ausmerzen. Ein Zipfel Niederschlesiens gehört noch zum Bundesgebiet. 2475 Quadratkilometer liegen heute in den Grenzen des Freistaats Sachsen und tragen den Namen Niederschlesien weiter, ein Terrain so groß wie das Saarland.

Nun aber soll die traditionsreiche Bezeichnung hier untergehen. Bizarr: Während polnische Kurorte Niederschlesien wieder beim Namen nennen, wird es auf sächsischer Seite jetzt von der offiziellen Landkarte getilgt.

In dem Bundesland steht eine Kreisgebietsreform an. Das Ergebnis wird eine Zusammenlegung der Landkreise Niederschlesische Oberlausitz, Zittau und Görlitz zum neuen Landkreis Görlitz sein. Damit verschwindet der Name „Niederschlesien“ von der Landkarte.

Und an dieser politischen Entscheidung hängen natürlich auch die automatisch folgenden Umbenennungen; so würde die „Sparkasse Niederschlesien Oberlausitz“ dann höchstwahrscheinlich in „Sparkasse Görlitz“ umbenannt werden. Als Begründung bringt die in Dresden regierende Große Koalition Personal- und Kosteneinsparungsgründe vor.

Dahinter steht ein großes Fragezeichen: In der Vergangenheit haben Zusammenschlüsse von Verwaltungseinheiten meistens gar keine Einsparungen gebracht, sondern nur noch größere Verwaltungen und damit mehr Kosten für den Steuerzahler produziert.

Viele Schlesier sehen daher politisches Kalkül am Werk. Mit der Umbenennung des letzten schlesischen Gebietsfetzens westlich der Neiße in Görlitzkreis solle die Erinnerung an die Heimat von 4,5 Millionen Ostdeutschen ausradiert werden. Das zumindest behauptet auch Wolfgang Liebenhenschel, einer der Wortführer der Gegner der Kreisgebietsreform.

Der Ex-Görlitzer lebt in Berlin. Er schreibt Briefe, telefoniert mit Journalisten, mobilisiert die Öffentlichkeit und hat sogar Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die begründete er damit, daß es in der Präambel der Sächsischen Landesverfassung heißt: „Anknüpfend an die Geschichte der Mark Meißen, des Sächsischen Staates und des niederschlesischen Gebietes … hat sich das Volk im Freistaat Sachsen … diese Verfassung gegeben.“

Artikel 2 der Verfassung sichert Niederschlesien die gleichberechtigte Verwendung eines eigenen Wappens zu, und in Artikel 5 heißt es, die Wahrung der Identität ethnischer Minderheiten sei im Freistaat gewährleistet. Gilt dies etwa nur für Sorben, nicht aber für Niederschlesier? Das Verfassungsgericht hat seine Klage abgewiesen.

Liebenhenschel hat es immerhin geschafft, den damaligen Innenminister und jetzigen Ministerpräsidenten von Bayern, Günther Beckstein (CSU), auf seine Seite zu ziehen. Beckstein hat einen Brief an Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) verfaßt, der der PAZ vorliegt. Darin bittet Beckstein darum, das Anliegen der Schlesier im allgemeinen und Liebehenschels im besonderen zu berücksichtigen.

Bislang aber ließ sich die Dresdner Landesregierung nicht erweichen.

Von den Landräten erwarten enttäuschte Schlesier kaum Widerstand, nachdem nun herauskam, daß in Sachsen nach der Gebietsreform eine neue Besoldungsordnung herrschen wird. Und die bringt den Amtsträgern mehr Geld. Der Sächsische Landtag hat die neuen Gehälter beschlossen, und der Landkreistag begrüßt sie.


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