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29.03.08 / Antike – nicht viel mehr als ein Mythos / Frieden und Völkerverständigung waren den alten Griechen kein Ziel der olympischen Wettkämpfe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-08 vom 29. März 2008

Antike – nicht viel mehr als ein Mythos
Frieden und Völkerverständigung waren den alten Griechen kein Ziel der olympischen Wettkämpfe
von Manuel Ruoff

Obwohl sich die Olympische Bewegung der Neuzeit im allgemeinen und bei der Verfolgung ihres Zieles Frieden und Völkerverständigung im besonderen gerne auf die Antike beruft, hatten die „Spiele“ der Antike weder Frieden noch Völkerverständigung zum Ziel. Bereits der freundliche Begriff „Spiele“ ist fehl am Platze. Er ist eine nicht korrekte Übersetzung des zeitgenössischen Begriffs „Agon“, was korrekt eher mit Wettkampf, wenn nicht gar Kampf zu übersetzen ist. In der Tat waren für die alten Griechen die Olympischen Wettkämpfe weniger Spiele, denn die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Von einem internationalen Fest konnte keine Rede sein. De facto nahmen nur Griechen daran teil, „Barbaren“ waren ausgeschlossen. Und nicht einmal innerhalb Griechenlands wirkten die Wettkämpfe versöhnend, da nicht die Loyalität zu Hellas, dem gemeinsamen Land, im Vordergrund stand, sondern zur eigenen Polis, zur Stadt.

Nicht zu verwechseln mit dem Frieden ist die in der Antike in der Tat angestrebte Ekecheiria. Diese Ekecheiria läßt sich wohl am besten mit Festfrieden übersetzen. Während die neuzeitliche Olympische Bewegung die Olympischen Spiele als Mittel zum Zwecke des Friedens betrachtet und damit auch ein Stück weit legitimiert, wurde in der Antike die Ekecheiria als Mittel begriffen, um den reibungslosen und regelmäßigen Ablauf der Wettkämpfe zu ermöglichen.

Dieses Mittel erfüllte aber durchaus seinen Zweck. In den immerhin fast 1200 Jahren zwischen 776 vor und 393 nach Christi Geburt wurden die Wettkämpfe im griechischen Olympia ohne Unterbrechung 293mal gefeiert.

Nun sollte man die Ekecheiria allerdings nicht mit dem modernen Märchen verwechseln, daß in der Antike während der Wettkämpfe Frieden oder auch nur Waffenruhe geherrscht hätte. Vielmehr war der Festfrieden auf den Festort Olympia mit dem umliegenden Gebiet von Elis sowie die Festteilnehmer beschränkt, wobei sowohl die Sportler als auch die Zuschauer nicht nur während ihrer Teilnahme an dem Fest, sondern auch während der An- und Abreise Immunität besaßen, und das selbst dann, wenn sie ihre Reiseroute in das Gebiet eines Stadtstaates führte, der sich mit ihrem im Kriegszustand befand. Diese Regelung führte zu einer entsprechend erfreulich großen Beteiligung an dem Fest.

Trotz dieses Zweckcharakters der Ekecheiria verzichteten jedoch auch die alten Griechen nicht auf eine mythologische Überhöhung bei der Begründung und Herleitung: Einem Spruch des Orakels von Delphi versuchten im 8. Jahrhundert vor Christi Geburt die Könige von Elis, Sparta und Pisa durch den Beschluß Rechnung zu tragen, Olympia den Status eines sakralen und auch neutralisierten wie entmilitarisierten Ortes zu verleihen, an dem fortan alle vier Jahren ein Fest zu Ehren des Zeus stattfinden sollte. Der Festort wurde gleichsam der Obhut des Göttervaters übergeben. Als Besitz und Aufenthaltsort der Götter sollte Olympia ebenso wie seine Besucher, die als Gäste des Zeus betrachtet wurden, unantastbar sein. Dieser Gottesfriede, die Ekecheiria, wurde Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den drei Königen Iphitos, Lykurgos und Kleosthenes, deren Text auf einem Bronzediskus fixiert wurde, der im Heratempel aufbewahrt wurde.


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