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29.03.08 / Mode und Magie / Stilikonen wie Audrey Hepburn werden geboren, nicht gemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-08 vom 29. März 2008

Mode und Magie
Stilikonen wie Audrey Hepburn werden geboren, nicht gemacht
von Katja Schübl

Als am 20. Januar 1993 die Medien Audrey Hepburns Tod vermelden, ist seit dem Drehschluß ihres letzten großen Films ein Vierteljahrhundert vergangen. Ihre engelsgleiche Grazie war im Laufe von 64 Lebensjahren verblaßt. Trotzdem sprechen alle von der größten Schönheit und Modeikone des 20. Jahrhunderts. Sie stirbt weder frühzeitig noch auf theatralische Art und Weise – beides wichtige Vorraussetzungen für eine Heiligsprechung in der Pop-Gesellschaft. Wie schaffte sie es nur, so viele Menschen zu verzaubern?

Audrey sticht unter den Schönheitsidolen ihrer Zeit hervor. Sie ist ihnen in Sachen körperliches Ebenmaß und erotische Ausstrahlung nicht überlegen. Doch die platinblonde Kim Novak wirkt kühl, Grace Kelly in ihrer Makellosigkeit zu erhaben und die anrüchige Marilyn Monroe etwas zu einfältig. Audrey ist dunkelhaarig und schlaksig. Sie besticht durch ihre Menschlichkeit. Auch über die Mode kommt sie ihrem Publikum nahe. Hier ein gepunktetes, um die Hüfte geschlungenes Tuch, dort eine überdimensionale Sonnenbrille – ihre modischen Innovationen können mit einfachen Mitteln nachgeahmt werden. Diese Zugänglichkeit sollte helfen, das Frauenbild der westlichen Kultur zu verändern.

Die zierliche Engländerin mit den Rehaugen wird 1929 in Brüssel geboren. Sie studiert zunächst im Arnhem Konservatorium Ballett, findet jedoch schnell den Weg zum Film. In ihrem großen Debüt „Ein Herz und eine Krone“ spielt Audrey ihren Co-Star Gregory Peck an die Wand. Voller Selbstsicherheit führt sie modische Stilbrüche vor, die bis heute unvergessen sind. Seitdem hat sie die ungeteilte Aufmerksamkeit von Medien und Publikum.

Die größten Designer des 20. Jahrhunderts begleiten fortan jeden Schritt ihrer Karriere. Es folgen die längst zu Kultstatus emporgestiegenen Filme „Sabrina“,  „Frühstück bei Tiffany“, „My Fair Lady“ und „Das rosarote Mannequin“.

Daß sich gefragte Designer um Audrey scharen, wird oftmals ihrem Körperbau zugesprochen. Sie ist außerordentlich zierlich und entspricht so dem Schönheitsideal ihrer Zeit. In Folge schlechter Ernährung in jungen Jahren betragen ihre Maße knabenhafte 81, 50 und 88 Zentimeter. Die Kleiderpuppe, die 1954 zur Herstellung ihrer Garderobe angefertigt wird, muß bis zu ihrem Lebensende nicht mehr geändert werden.

Doch weckt sie das Interesse der Designer nicht, weil die Kleider an ihrem schmalen Körper gut sitzen, sondern vielmehr wegen der Art, wie sie sie zu tragen weiß – voller Ausdruck, Würde und Erfindungsgeist. Hubert de Givenchy, langzeitiger Berater und Lieblingsdesigner von Audrey sagt: „Sie nahm immer die Kleidung, die für sie gemacht wurde, einen Schritt weiter, trug irgendein kleines, persönliches Detail bei, das das gesamte Bild aufwertete.“

Givenchy wurde kurz vor den Dreharbeiten zu „Sabrina“ von Audrey persönlich angesprochen. Sie hatte sich in seine Kollektionen verliebt.

Eines Tages geht sie in sein Pariser Atelier, um ihn kennenzulernen. Laut „audrey1.com“ erzählt Givenchy von ihrer ersten Begegnung: „Als mir gesagt wurde, daß Miss Hepburn eingetroffen war, nahm ich an, es handele sich um Katherine Hepburn, die ich vergötterte.

Ich eilte zu ihr, und fand eine junge Frau, die als Gondoliere verkleidet war! Ich war sehr erstaunt. Noch mehr erstaunte mich, daß sie mich darum bat, die Kostüme für ihr bevorstehendes Filmprojekt zu entwerfen.

Sie war so charmant, daß ich ihr erlaubte, Einzelstücke aus meiner Kollektion mitzunehmen. …

Regisseur Billy Wilder hatte ihr angeboten, die Garderobe der Kostümbildnerin Edith Head mit echter Kleidung zu ergänzen. Und sie wollte nur meine.“

Givenchy schuf hernach alle ikonischen Outfits für Audreys Filme, soweit sie in der Moderne spielen: „Sabrina“, „Das rosarote Mannequin“, „Ariane – Liebe am Nachmittag“, „Frühstück bei Tiffany“, „Charade“, „Wie klaut man eine Million?“ und „Zusammen in Paris“.

Aus dieser Zusammenarbeit stammen viele Trends, die bis heute als Beweis zeitlos guten Geschmacks gelten: flache Ballerinas, Dreiviertelärmel, der fransige, androgyne Kurzhaarschnitt, der Trenchcoat, Lederhandtaschen mit Kettenriemen, das Foulard um die Stirn, an der Taille gewickelte Männerhemden.

Allen voran steht das „kleine Schwarze“ aus „Frühstück bei Tiffany“, das heutzutage aus keinem Kleiderschrank stilsicherer Damen von Welt wegzudenken ist.

Viele Hollywood-Größen arbeiteten vor ihrer Filmkarriere als Kellnerin oder Verkäuferin – sie mußten von ihren Studios überpudert und zu Diven dressiert werden. Audrey Hepburn erschien wie Botticellis Venus in vollendeter Form auf der Muschelschale.

So spazierte sie an jenem Tag in Givenchys Atelier, die vollendete Vereinigung von Glamour und Raffinesse, mal majestätisch, mal kindlich. Erotisch war sie nicht – zumindest nicht offenkundig – vielmehr war sie der Inbegriff der Weiblichkeit. Dieses gewisse Etwas kann man nicht lernen. Man hat es, oder nicht.

Heutigen Stars, denen ein gutes modisches Gespür nachgesagt wird wie Chloé Sevigny oder Gwyneth Paltrow, vergleicht man oft mit den Größen aus vergangenen Zeiten – nie mit Audrey Hepburn.

Da kommen Greta Garbo, Jackie Kennedy oder Coco Chanel der Sache schon näher. Man weiß von ihrem vollendeten Stil und auch, wie sie sich über die Jahre hinweg als Modeikonen bewährten. Doch auch hier bleibt der direkte Vergleich aus. Was unterscheidet einen Star von einer Filmgöttin?

Audrey berührte nicht nur unser Leben, sie verwandelte es. In der Modewelt – und vor allem in unserem Bild der Weiblichkeit –bewirkte sie Veränderungen, die so gravierend und andauernd sind, daß man sie wegen ihrer Selbstverständlichkeit kaum noch wahrnimmt. Das ist unvergleichlich – und unvergänglich.

Foto: Audrey Hepburn: Verzauberte durch ihren Charme


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