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05.04.08 / Ost-Deutsch (60): Schlager

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-08 vom 05. April 2008

Ost-Deutsch (60):
Schlager
von Wolf Oschlies

Das wird mein französischer Freund und Tennispartner Alain nie lernen, daß sich „Schläger“ und „Schlager“ mehr als nur durch den Umlaut unterscheiden. Es ist ja auch nicht leicht: „Schläger“ kommt vom mittelhochdeutschen „sleger“, dem Raufbold. „Schlager“ tauchte um 1880 in Wien auf und bezeichnete etwas, das „einschlug“ – ein Bühnenstück, ein Lied, was auch immer.

Letztere Bedeutung hat auch in Osteuropa eingeschlagen, zum Beispiel in Rußland, wo derzeit „kinosljagery veka“ (Kinoschlager des Jahrhunderts) angeboten werden. Vor vier Jahren verstarb der beliebte Sänger Juri Saulski, den Nachrufe ehrfürchtig zum „Papa sljagerov“ erhoben, zum Schlager-Papst. Bei Tschechen hatte der Slowake Lasica Erfolg, denn er „zpívá slágry 30. a 40. let“ (singt Schlager der 30er und 40er Jahre). Daß jedes Poem des größten serbischen Lyrikers Jovan Jovanovic-Zmaj (1883–1904) ein „slager“ ist, wissen Serben seit über 100 Jahren: Ein serbisches Fest ohne Zmaj-Lieder ist wie abgestandener Sliwowitz! Ähnlich hoch geschätzt sind bei Bosniern die „slageri“ von Esad Arnautalic, Kroaten begeistern sich für den „pjecac slagera“ (Schlagersänger) Robert Knjaz. Es gab und gibt auf dem Balkan eben manchen guten „autor brojnih slagera i balada“ (Autor von vielen Schlagern und Balladen), deren Beliebtheit etwas über die Qualität ihrer Lieder aussagt: Ein südslawischer „slager“ ist mehr als ein deutscher Schlager, der morgen vergessen ist.

Im Sport ist Schlager-Gebrauch vertraut. Wenn bei Tschechen ein „slágr a klicovy duel“ ansteht, ein fußballerischer Schlager und Schlüsselkampf, dann ist Generalmobilmachung der Fans angesagt. Und wenn gar die eine Mannschaft „porazila ve slagru fotbalisty“, also die gegnerischen Spieler im Schlagerspiel besiegt hat, dann ist die böhmische Welt wieder in Ordnung. Ähnlich halten es die Polen; für sie ist  Don Giovanni „to bodaj najsłynniejszy mozartowski szlagier operowy“ – vermutlich Mozarts berühmtester Opern-Schlager. Das würden wir Deutschen gewiß etwas pietätvoller formulieren, wie wir aber auch polnische Enttäuschung teilten, daß auf dem Fußballplatz ein „szlagier bez bramek“ ablief, ein Schlagerspiel ohne Tore. Was kann das für ein „szlagier“ sein, wenn es in keinem Tor einschlägt? 


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