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12.04.08 / Despot ohne Einsicht / Robert Mugabe richtete Simbabwe zugrunde, doch niemand gebot ihm Einhalt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Despot ohne Einsicht
Robert Mugabe richtete Simbabwe zugrunde, doch niemand gebot ihm Einhalt
von Hans Heckel

Großbritannien ist, neben „den Weißen“ überhaupt, der Lieblingsbuhmann in den Hetzreden des Robert Mugabe. Hinter allem Elend, das das ehemalige Rhodesien heimsucht, steht nach den Worten des 84jährigen simbabwischen Präsidenten die frühere Kolonialmacht.

Ausgerechnet Mugabes härteste Kritiker meinen, daß der greise Des­pot hiermit zumindest nicht völlig falsch liegt. Nach dem international erzwungenen Ende des weißen Apartheid-Regimes unter Ian Smith 1979 war es London, dem es mit der Machtübernahme der schwarzen Opposition nicht schnell genug gehen konnte. Als die Untergrundkämpfer von Mugabes marxistischer Zanu-Partei 1979 aus dem rhodesischen Busch kamen, trugen sie nicht mehr die verlotterten Lumpen aus dem Guerillakrieg, sondern brandneue Kampfanzüge aus britischer Produktion.

Im Herbst 1979 wird Rhodesien noch einmal unter britische Verwaltung gestellt, um das Land in eine demokratische Unabhängigkeit zu führen. Im März 1980 finden die ersten und bislang letzten wirklich freien Wahlen statt, Mugabes Zanu gewinnt mit 57 der 100 Parlamentsmandate die absolute Mehrheit, 20 Sitze sind für die Weißen reserviert. In dieser Zeit gibt sich der Wahlsieger noch versöhnlich, holt den Führer der unterlegenen Zapu-Partei, Joshua Nkomo, und zwei Weiße in sein erstes Kabinett, mit dem er das neue Simbabwe am 18. April 1980 in die Unabhängigkeit führt.

Die Weltmedien sind begeistert, Mugabe wird zum Hoffnungsträger vor allem der Linken. Es sollte lange dauern, bis man bereit war, die Wahrheit über Mugabe anzuerkennen. Dabei werden die ersten Alarmzeichen schon bald sichtbar: 1982 wird Nkomo kaltgestellt, flieht im Jahr darauf außer Landes. Von Nordkorea ausgebildete Todesbrigaden verüben Massaker an Nkomo-Anhängern. 1987 kassiert Mugabe die in London 1979 ausgehandelte Reservierung von 20 Parlamentssitzen für Weiße und erweitert seine Kompetenzen als Präsident beträchtlich. 1987 unterwirft sich Joshua Nkomo Präsident Mugabe, der ihn 1990 als Vizepräsident wieder an seine Seite holt. Doch was als Versöhnung erscheinen soll, ist als Maßnahme gedacht, um den Hoffnungsträger der Opposition endgültig zu neutralisieren. Der Plan geht auf: Bis zu seinem Tod 1999 führt Nkomo ein kümmerliches Schattendasein.

Die wirtschaftliche Entwicklung des einst blühenden Rhodesien weist schon in den 80er Jahren einen Abwärtstrend auf. 1991 sollen Reformen den Abstieg bremsen. Doch Unterdrückung und Günstlingswirtschaft haben das Land bereits schwer gezeichnet.

Die entscheidende Zäsur geht jedoch auf das Jahr 1997 zurück: Mugabe verkündet, fünf Millionen Hektar Land, die in den Händen weißer Landwirte sind, ohne Gegenleistung enteignen zu wollen. Nach jahrelanger Propaganda gegen die Weißen glaubt Mugabe sein Volk schließlich reif für den Raubzug und setzt für Februar 2000 eine Volksabstimmung an, die per Verfassungsänderung den Weg frei machen soll für die entschädigungslose Enteignung der weißen Grundbesitzer. Doch die Abstimmung geht schief. Die Majorität der Simbabwer lehnt ab. Ein Schock für Mugabe: Die Mehrheit der schwarzen Simbabwer hat sich mit der winzigen, verfemten weißen Minderheit solidarisch gezeigt, weil sie um deren Wert für die wirtschaftliche Zukunft des Landes sehr wohl weiß.

Die Rache des Präsidenten folgt umgehend: Nur zwei Wochen nach der Abstimmung beginnen seine Schergen mit der massenweisen Vertreibung weißer Farmer, viele Großbauern werden ermordet.

Von nun an geht es Schlag auf Schlag: Schon 2001 schrumpft die Ernte infolge der Landbesetzungen um 42 Prozent. Im Januar 2002 erläßt Mugabe ein Gesetz zur Gleichschaltung der Medien. Dadurch und mittels gewalttätiger Übergriffe auf die oppositionelle „Bewegung für demokratischen Wandel“ (MDC) des Morgan Tsvangirai geraten die Präsidentschaftswahlen zur Farce. Im April 2002 läßt Mugabe Tsvangirai wegen „Hochverrats“ vor Gericht stellen.

Das Jahr 2003 beginnt mit Hungerrevolten. Einst größter Agrarexporteur Afrikas (Mais, Tabak und Fleisch), kann sich Simbabwe nicht einmal mehr selbst ernähren, obwohl bereits Millionen Menschen das Land verlassen haben. Ab 2004 nimmt die Inflation ungeahnte Ausmaße an und liegt 2007 schließlich bei weit über 100000 Prozent. Hunger ist nun alltäglich geworden.

Viele setzen nun die Hoffnung auf die Nachbarstaaten der „Südafrikanischen Entwick­lungsgemeinschaft“ (SDAC) unter Führung Südafrikas. Dessen Präsident Thabo Mbeki enttäuscht jedoch, als er sich angesichts der mittlerweile unübersehbar katastrophalen Lage in Simbabwe selbst 2007 noch nicht dazu durchringen mag, mit seinem alten Kampfgefährten Mugabe Tacheles zu reden. Auch die übrigen Chefs der Anrainerstaaten finden, abgesehen von ein paar kritischen Zwischentönen aus Sambia, keine deutlichen Worte für Mugabe.

2007 trifft ein Reporter der „Zeit“ eine alte schwarze Simbabwerin. Wie alt sie sei, kann sie nicht sagen, aber ihre Erinnerungen reichten bis 1907 zurück. Der Journalist will von der Frau wissen, was denn die beste Zeit in der Geschichte Simbabwes gewesen sei. „Simbabwe?“ gibt sie zurück, „von Simbabwe kam nichts Gutes. Da müssen Sie weiter zurückgehen, nach Rhodesien.“ Daß Simbabwe des Robert Mugabe läßt eine Schwarze sich zurücksehnen nach der Apart­heid-Regierung des Ian Smith.

Unweit der Hungerquartiere der Hauptstadt Harare wächst derzeit ein nobles Villenviertel für die Günstlinge des Mugabe-Regimes, die aus dem Land die letzten Reste herausquetschen. An ihrem Wohlstand hat niemand teil außer ihnen selbst.

Foto: Machtwechsel? Alle Augen sind auf Morgan Tsvangirai gerichtet.

 

Zeitzeugen

Cecil Rhodes – Dem 1853 in England geborenen und 1902 bei Kapstadt verstorbenen Geschäftsmann verdankte das Britische Empire maßgeblich den Erwerb seiner Kolonien Nord- und Südrhodesien, des heutigen Sambia und Simbabwe.

 

Peter Carington – Der sechste Baron Carrington kam 1919 in London zur Welt. Seine Ausbildung führte ihn nach Eton und Sandhurst. Zu Zeiten Winston Churchills wurde er Regierungsmitglied. Nachdem er zuvor bereits unter anderem das Amt des Ersten Lords der Admiralität sowie des Verteidigungs- und Energieministers bekleidet hatte, wurde er unter Margaret Thatcher 1979 Außenminister. Noch im selben Jahr einigten sich die Parteien im Rhodesienkonflikt unter seinem Vorsitz auf das sogenannte Lancaster-House-Abkommen.

 

Robert Mugabe – Simbabwes Staatsoberhaupt kam 1924 in der damaligen Region Fort-Victoria, dem heutigen Masvingo, zur Welt. Nach einem Studium an diversen afrikanischen Universitäten kehrte er als überzeugter Marxist in seine Heimat zurück und schloß sich dort dem schwarzen Widerstand an. Aus den Parlamentswahlen der Republik Simbabwe vom 4. März 1980 ging seine Zimbabwe African National Union (Zanu) überraschend als Sieger hervor. Er selber wurde Ministerpräsident. 1987 wechselte er vom Ministerpräsidenten- auf den Präsidentensessel.

 

Doris Lessing – Die britische Schriftstellerin kam 1919 im iranischen Kermanschah zur Welt. 1925 zog ihre Familie in die britische Kolonie Südrhodesien, das heutige Simbabwe. Dort blieb der von der Familie erhoffte Wohlstand aus. Nach einer schwierigen und unglücklichen Kindheit heiratete sie zweimal. Gregor Gysis angeheiratete Tante schrieb 1949 mit „Afrikanische Tragödie“ ihren ersten Roman. 2007 erhielt sie den Literaturnobelpreis

 

Ian Smith – Der Politiker kam 1919 im rhodesischen Selukwe zur Welt. 1964 bis 1979 lenkte er als Premierminister die Geschicke seines Landes. Nach seiner politischen Entmachtung durch Robert Mugabe zog er sich auf seine Farm zurück. Vergangenes Jahr starb er in Kapstadt.


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