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12.04.08 / Hungern für den Klimaschutz / Anbau von Pflanzen für den Bio-Sprit belegt wertvolle Ackerflächen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Hungern für den Klimaschutz
Anbau von Pflanzen für den Bio-Sprit belegt wertvolle Ackerflächen
von Wolfgang Thüne

Es war kein Sieg der Vernunft, der Verzicht des Umweltministers Sigmar Gabriel darauf, den Anteil an „Biosprit“ als Beimischung zum Benzin auf zehn Prozent zu verdoppeln. Zähneknirschend mußte Gabriel sich dem Argument beugen, daß Millionen älterer Autos die hohe Zugabe an Bio-Sprit nicht vertragen hätten. Doch was für den Umweltminister als eine Niederlage bei seinen Klimaschutz-Zielen erscheint, ist eher als Gewinn für Natur und Landwirtschaft zu werten.

Diese entlastende Verschnaufpause für den Naturhaushalt wird von nur geringer Dauer sein, hat die Bundesregierung doch einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für das Jahr 2020 eine Biokraftstoffquote von 17 Prozent in Deutschland vorsieht. Man will mit aller Macht global Vorreiter und Musterschüler beim Klimaschutz sein. Es ist dieser fanatische Ehrgeiz, der den klaren Blick trübt und für die Realität blind macht. Mögen auch der Landwirtschaftsminister Horst Seehofer wie der Bauernpräsident Gerd Sonnleitner den Preisanstieg für Agrarrohstoffe begrüßen und die hohen Lebensmittelpreise als Segen für die deutschen Bauern ansehen, die globalen Folgen sind eher verheerend, denn überall dort, wo Bioenergie-Pflanzen wachsen, kann nichts mehr für die Ernährung angebaut werden.

Doch selbst in Deutschland gibt es keine landwirtschaftliche Überproduktion mehr, wie der  „Spiegel” kommentiert: „Mit diesem Irrsinn ist es vorbei … Die Butterberge sind abgebaut, die Getreidehalden abgetragen, die Milchseen ausgetrocknet.” Das provoziert die Frage: Gehört das Rapsöl in den Tank oder in den Salat? In der Tat, die Politik steht am Scheideweg: Der zunehmende Energiehunger verteuert Lebensmittel und verstärkt den Hunger! Die Preise für Butter, Speisequark, Vollmilch, Weizen, Mais erreichen Rekordhöhen, nicht zuletzt dank der Energiealternative Biosprit.

Mag man in Deutschland und Europa noch über die Zerstörung der Landschaft hinwegsehen, um „grüne Bioenergie“ zu erzeugen, doch weltweit überwiegen die Nachteile eindeutig die vermeintlichen Vorteile. Wenn schon die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen Alarm schlägt und die Hilfslieferungen an Nahrungsmitteln wegen der exorbitant gestiegenen Preise an die Hungernden dieser Erde einschränken muß, dann sollte das Anlaß zum Nach- und Umdenken sein, zur Abkehr von dem eingeschlagenen Irrweg.

Dieser Irrweg hat einen Namen: Klimaschutz. Der Mythos „Bio” soll die Umwelt schonen und den Klimawandel stoppen: Bio-Diesel, Bio-Ethanol, Bio-Energie, Bio-Masse, Bio-Gas, Bio-Wärme: Selten ist nach Meinung des Biophysikers Werner Mäntele von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt „soviel pseudowissenschaftlicher Unfug verbreitet und Otto Normalverbraucher so hinters Licht geführt worden – und zwar von Politikern, von der Autoindustrie, Werbeleuten, und leider auch von vermeintlichen Ökologen und Umweltschützern.  Ich habe oft das Leuchten in den Augen der unbedarften Öko-Freaks gesehen, wenn sie von ihrer klimaneutralen Tankfüllung sprachen, so als hätten sie bei einem kurzen Tankstopp am Rapsfeld persönlich die Pflanzen in den Tank gestopft. Für die Produktion von Biodiesel, präzise gesagt veredeltem Rapsöl, muß gepflügt, geeggt, gepflanzt, gedüngt, gespritzt und geerntet werden. Alle Schritte sind beim Bauern mit erheblichem Energieaufwand verbunden. Die geernteten Pflanzen müssen zur Ölmühle gefahren werden (die meist noch nahe liegt); das Öl wird dann in eine Raffinerie (die meist weit entfernt liegt) gefahren und dort in einem chemischen Prozeß verestert und methyliert, energieaufwendig und mit hohem Transportaufwand. Bilanziert man den gesamten Energieaufwand, bis Biodiesel dann im Tank landet, sieht es mit der Klimaneutralität höchst mager aus.“

Das Vorhaben der Vereinten Nationen, das „Globalklima“ schützen und den Klimawandel stoppen zu wollen, mag zwar den Größen- und Machbarkeitswahn eines sich zur Herrschaft über die Natur berufen fühlenden Menschen befriedigen, doch diese Herrschaftsgelüste scheitern schlicht und einfach am Wetter. Was auch immer an finanziellen Ressourcen zum Schutz des Klimas abkassiert und investiert wird, mag zwar so manchen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beglücken und bereichern, doch auch in 1000 Jahren wird sich am Grundcharakter des Wetters und seiner Unbeständigkeit nichts ändern. Der Klimaschutz-Politik werden wir solange nicht Einhalt bieten können, solange wir an die Möglichkeit einer Klima-Katastrophe glauben und uns Ängste einreden lassen.

Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück und lassen Professor Mäntele sprechen: „Man muß nicht religiös sein, um erhebliche Bedenken zu haben, wenn Lebensmittel (wie Getreide, Mais, Rüben) extra dafür angebaut werden, damit sie später im Tank der Kraftfahrzeuge landen. Solange noch Menschen auf der Welt hungern, sollte dies auf keinen Fall gemacht werden. Ich habe mit Verwunderung festgestellt, wie gering die Proteste unserer großen Kirchen gegen diese – immerhin subventionierten – Schritte sind. Vielleicht planen sie sogar schon eine gemeinsame Änderung der entsprechenden Passage im Vaterunser: „ … unser täglich Sprit gib uns heute.“ Fazit: Hungern für den Klimaschutz? – Nein danke!

Foto: Reiche Ernte, für wen? Die Nachfrage nach Bio-Treibstoffen treibt die Nahrungsmittelpreise nach oben.


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