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12.04.08 / Ost-Deutsch (61): Treffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Ost-Deutsch (61):
Treffen
von Wolf Oschlies

Mit meiner Frau Ütchen einkaufen gewesen, danach einen Kleinen gehoben – wie immer. Neu war nur der Name des Cafés, das „Trefferia“ hieß. Was für eine Karriere des althochdeutschen „trefan“, was für eine Bereicherung des Wortfelds! Treffer (ins Tor), Treffen (mit jemandem), ins Treffen führen, vortrefflich, betroffen und so weiter bis zu treffen als Synonym für können, vermögen. Das Wort war typisch für das Prager Deutsch, in das Grete Reiner den „Braven Soldaten Schwejk“ übersetzte, womit dessen Weltruhm begann.

Auch die Tschechen verwenden dieses deutsche Verb in einer für Deutsche ungewohnten Bedeutung: „On nemuze trefit domu, i kdyz vi, kde bydli“ (er schafft es nicht nach Hause, selbst wenn er weiß, wo er wohnt). Häufiger sind vertraute Verwendungen: „Hlavne trefit branku“, will der Trainer: Hauptsache, das Tor treffen. Und der Zyniker rät: „Chcete-li vzdy trefit do cerneho, strilejte ve tme“ (Wenn Sie immer ins Schwarze treffen wollen, dann schießen Sie im Dunkeln).

Ähnlich ist es mit dem polnischen trafic: „Szczescie trafilo w dobre rece“ (Das Glück traf in gute Hände). Und wenn’s schon ein Arzt sein soll, dann bitte einer mit „trafna diagnoza“ (treffender Diagnose).

Fast genau so klingt das slowakische trafit: „Nebol vojak osudeny za to, ked’ sa netrafil“ (Nie wurde ein Soldat verurteilt, wenn er nicht traf). Sogar bei Serben wird getroffen: „Potrefilo se da je tada bio praznik“ (Es traf sich, daß damals ein Feiertag war).

Auch deutsche Substantive trifft man bei Nachbarn, etwa bei Tschechen, denen im Lotto „chybela st’astna trefa“ (der glückliche Treffer fehlte). Am besten gefällt mir der süddeutsche und österreichische Seufzer „Mi trifft der Schlog“, weil ich dem so oft im Osten begegne: „Slak me muze trefit“ (Der Schlag kann mich treffen) sagen Tschechen, die manchmal wünschen, daß „politiky mohl trefit slak“ (Politiker der Schlag treffen könnte). „Mislila sa da me trefne slog“, hörte ich im Bus in Novi Sad von einer Frau: Ich dachte, mich trifft der Schlag. Und Mazedonier meinen: „Nema da ve trefne slog ako komsijata kupi podobra kola“ (Es wird Sie nicht der Schlag treffen, wenn Ihr Nachbar ein besseres Auto kauft).


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