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12.04.08 / Namen, die kaum einer kennt / Die Schirn Kunsthalle Frankfurt zeigt Werke von in Vergessenheit geratenen Impressionistinnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Namen, die kaum einer kennt
Die Schirn Kunsthalle Frankfurt zeigt Werke von in Vergessenheit geratenen Impressionistinnen
von Silke Osman

Welcher Kunstfreund kennt sie nicht, die Namen der berühmten Impressionisten Manet, Monet, Degas, Renoir? Ausstellungen mit ihren Werken locken jedes Mal Tausende von Besuchern in die Museen. Kaum einer weiß jedoch heute noch, daß es auch Frauen gab, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgreich als Malerinnen wirkten. Die Namen Berthe Morisot (1841–1895), Mary Cassatt (1844–1926), Eva Gonzalès (1847–1883) und Marie Bracquemond (1840–1916) stehen für hochkarätige Arbeiten dieser bewegten Epoche. Sie malten, zeichneten, radierten auf höchstem Niveau. Davon kann man sich derzeit auf einer Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt überzeugen.

Die Arbeiten der drei Französinnen und der Amerikanerin sind unterschiedlichen Erfahrungswelten entsprungen, zeigen aber durchaus Gemeinsamkeiten. Motive wie Alltagsszenen, Frauenporträts oder Interieurs sind bei ihnen zu finden. Berthe Morsot, Kollegin, Freundin und Modell von Manet, wurde von Kritikern ihrer Zeit wegen ihres lockeren Pinselstrichs gelobt; mit ihrer hellen Farbpalette beeinflußte sie sogar den bis dahin dunkel malenden Manet.  Morisot bevorzugte Familien-szenen, malte aber auch Landschaften und Hafenbilder.

Die Amerikanerin Cassatt lebte ab 1874 in Frankreich und war bekannt wegen ihrer unsentimentalen Darstellungen von Müttern und Kindern. Ihr war es auch zu verdanken, daß der Impressionismus in USA früh Erfolge feiern konnte.  1914 erblindete die Künstlerin, deren grafische Arbeiten und Pastelle einst hochgeschätzt wurden. Die Manet-Schülerin Gonzalès, die wegen ihres frühen Todes nur ein begrenztes Œuvre hinterlassen hat, feierte man einst als exzellente Pastellmalerin. Bracquemond schließlich mußte ihren künstlerischen Beruf ganz aufgeben, da ihr Mann, der Maler Felix Bracquemond, Konkurrenz witterte. Zuvor hatte die Schülerin von Ingres, die in den Kreis um Degas, Renoir und Manet aufgenommen wurde, Entwürfe für Porzellan und Wanddekorationen geschaffen und eigene Gemälde in den Ausstellungen der Impressionisten gezeigt.

Die Ausstellung mit 150 Werken aus internationalen Museen und Privatsammlungen macht nicht zuletzt auch deutlich, mit wieviel Durchsetzungsvermögen und Entschlossenheit diese Frauen ihren Platz in der männlich dominierten Kunstszene eroberten.

„Wie keine andere Bewegung bot der recht offene Kreis der impressionistischen Künstler begabten Frauen ein ungewöhnlich liberales Forum an Entfaltungsmöglichkeiten. Diese Künstlerinnen waren Pionierinnen, die jedoch weder Hosen trugen noch männliche Pseudonyme annahmen“, liest man im Katalog. „Sie lebten ihr Leben auf möglichst selbstverständliche Weise, charakteristisch für die meisten Künstlerinnen ihrer Epoche und stellvertretend für viele andere, deren Werke bis heute in den Depots von Museen und in Privatsammlungen auf ihre Wiederentdeckung warten.“

Die Ausstellung „Impressionistinnen – Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond“ in der Schirn Kunsthalle, Römerberg, 60311 Frankfurt, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr, mittwochs und donnerstags bis 22 Uhr geöffnet, Eintritt 9 / 7 Euro, bis 1. Juni, anschließend im Fine Arts Museum of San Francisco (21. Juni bis 21. September). Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch im Verlag Hatje Cantz, Stuttgart, erschienen (320 Seiten, 305 Abb., davon 274 in Farbe, geb. mit Schutzumschlag, 39,80 Euro).


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