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12.04.08 / Vorsicht, zerbrechlich / Warum ein Ehe-Check gut ist und woran Paare scheitern / Das bleibt in der Familie (Folge 24)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Vorsicht, zerbrechlich
Warum ein Ehe-Check gut ist und woran Paare scheitern / Das bleibt in der Familie (Folge 24)
von Klaus J. Groth

Nichts dauert ewig. Auch die Liebe nicht. Die schon gar nicht. Sie ist ein flüchtiges Ding. Und sie wird offenbar immer flüchtiger. Die Zahlen der Eheschließungen und der Scheidungen steuern einen fatalen Kurs aufeinander zu. Statistisch kommt mittlerweile auf zwei Eheschließungen eine Scheidung. Manche Entscheidung zur Trennung wird flotter getroffen als der Beschluß, es gemeinsam zu versuchen. Augenscheinlich halten es immer weniger mit dem Rat aus Schillers „Lied von der Glocke“: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet.“

Selbst mit der Verballhornung dieses Spruches – „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bessres findet“ – ist es nicht weit her. Dabei wird es heute durchaus leichter gemacht, den Partner vor dem endgültigen Ja-Wort auf seine Ehetauglichkeit zu überprüfen. Im Internet schwirren genügend Testprogramme herum, die sich als ultimative Ehe-Checks ausgeben. Solche Angebote für den Ehe-TÜV gibt es nicht erst seit gestern – und trotzdem ist die Aufwärtskurve der Ehescheidungen ungebrochen. Seit mehr als 20 Jahren sind von Computern erstellte Ehe-Diagnosen auf dem Markt. In der durch zahlreiche Fragen ermittelten Diagnose vergeben solche Computerprogramme Punkte. Je höher die Zahl der Punkte ist, desto größer die Übereinstimmung. Bei hoher Trefferzahl besteht Aussicht, die Silberhochzeit zu erleben, bei niedriger Punktezahl sehen die Zukunftsaussichten der Partnerschaft eher düster aus (die Punktezahlen variieren von Programm zu Programm).

Derartige Ehe-Diagnosen werden nicht nur für Paare mit eventueller Absicht einer Eheschließung erstellt. Auch verheiratete Paare werden derartigen Prüfungen auf Wunsch unterzogen. Dabei entpuppen sich gelegentlich Paare, die eigentlich noch in den Flitterwochen sein müßten, als ziemlich hoffnungslose Fälle.

Was auch immer den Streit in solchen Beziehungen auslösen mag, im Grunde geht es um das gleiche: Paare mit Kindern streiten sich wegen der Kinder, Paare ohne Kinder streiten sich ums Geld. Nicht immer, aber meistens.

Eheberater und Wissenschaftler, die sich beruflich mit der Auswertung solcher Programme befassen, stellen fest: Die Ehe als Versorgungseinrichtung hat für Frauen an Bedeutung verloren, sie suchen Liebe, Verständnis und Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Unzufriedenheit geht in erster Linie von den Frauen aus. Vor allem gut Ausgebildete und Berufstätige denken nicht mehr daran, in einer Gemeinschaft auszuharren, die keine mehr ist. Wann dieser unbefriedigende Zeitpunkt er-reicht ist, bestimmen heute die Frauen.

Es ist die Addition von Kleinigkeiten, die zum großen Bruch führt. Ein schlichter Satz wie „Der Kaffee ist kalt“ kann unkalkulierbare Folgen für den Ehefrieden haben. Möglicherweise hat sich der Ehemann nichts weiter dabei gedacht, als er den physikalischen Zustand seines Frühstückskaffees so schlicht umschrieb. Die Frau aber wittert sogleich Kritik an ihren hausfraulichen Fähigkeiten – und überhaupt: Soll er doch erstmal Kaffee kochen. Immer läßt er sich bedienen. Die Reaktion der Ehefrau ist gereizt, ein Wort gibt das andere – und schon hat der Partner wieder eine Kerbe mehr auf dem Kerbholz der ehelichen Verfehlungen. Diese Szenen einer Ehe kennt jeder nach einer Zeit der Gemeinsamkeit.

Es muß nicht der kalte Kaffee sein oder die immer wieder unverschlossene Zahnpastatube – in einer Partnerschaft offenbaren sich unzählige (schlechte) Angewohnheiten, die den Partner auf die Palme bringen: Sie lacht immer so laut, er raucht zuviel. Sie zieht sich gerne chic an, er fühlt sich in seinen ältesten Klamotten am wohlsten. Die meisten Ärgernisse mögen in den Augen Außenstehender Nebensächlichkeiten sein, aber sie können zu erbitterten Kämpfen in einer Ehe führen.

Die Auseinandersetzungen drehen sich immer um einen Punkt: Der eine möchte den anderen ändern und ihn dazu bringen, seine störenden Angewohnheiten und Fehler abzulegen. Das allerdings erweist sich in der Regel als vergebliche Liebesmüh, und darum werden die Auseinandersetzungen immer erbitterter.

Viele dieser Verhaltensweisen werden schon in früher Jugend festgelegt, sind von Mutter oder Vater übernommen worden. Auch darum sind die Aussichten auf Veränderung so frustrierend gering. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans bekanntlich nimmermehr. Mit den Verhaltensweisen innerhalb einer Familie werden auch die Voraussetzung für das Zusammenleben künftiger Generationen  geschaffen.

Auch wenn es die Betroffenen nicht wahrhaben wollen: Das partnerschaftliche Sündenregister von Frauen und Männern ist gleich groß. Auch hier lassen sich immer wieder die gleichen Kategorien erkennen:

Das Muttersöhnchen bringt seine Wäsche regelmäßig zu Mutti, weil die das besser macht; schwärmt von Muttis Kochkünsten und benimmt sich wie ein Schuljunge, sobald er die elterliche Wohnung betritt.

Der Macho spricht nicht über Gefühle. Er demonstriert Unabhängigkeit und hält sich alle Notausgänge offen.

Der Treulose flirtet auf Teufel komm raus. Er dreht sich nach jeder attraktiven Frau um und ist über die Maßen eitel.

Der Pedant verlangt in seiner Wohnung mustergültige Ordnung, seine Hemden sind wie mit dem Lineal zusammengelegt, sein Auto immer auf Hochglanz poliert.

Der Abenteurer spricht am liebsten über Fernreisen und waghalsige Sportarten, und überhaupt spricht er am liebsten mit Männern, die so sind wie er.

Die Hilflose kann nichts allein, sie ist froh, wenn der Partner ihr alle Hürden aus dem Weg räumt.

Papas Liebling beginnt jeden zweiten Satz mit „Mein Vater …“. Sie schwärmt für ältere Männer und erwartet, daß er immer für sie bezahlt.

Die Eitle hat einen Kleiderschrank, der aus allen Fugen platzt. Sie kommt zum Wochenendtrip mit zwei großen Koffern und ist sauer, wenn sie nicht im Mittelpunkt steht.

Die Kämpferin redet pausenlos von Emanzipation, will unbedingt Karriere machen. Familie und Kinder gehören nicht unbedingt dazu.

Die schlechtesten Aussichten auf Bestand hat eine Ehe, wenn die Frau eine Kämpferin ist, die sich um keinen Preis unterkriegen lassen will. Der zweite Typ Ehefrau resigniert und zieht sich in ein Schneckenhaus zurück. Der dritte Typ entschließt sich nach etlichen Kämpfen, „Ihn“ nicht mehr ernst zu nehmen und behandelt ihren Mann fortan wie einen Vierjährigen, den man trotz seiner Launen gern haben kann.

Keine dieser Reaktionen ist geeignet, den Erhalt einer Familie wirklich zu sichern. Etwas weniger Romantik und etwas mehr sachliche Prüfung kann für eine Familie förderlicher sein. Und einem Teil der 100000 Scheidungswaisen eines Jahres den Wechsel eines Elternteiles ersparen. Denn der ist mit traumatischen Erfahrungen verbunden. In den Akten der Schulpsychologen, die sich mit auffällig gewordenen Kindern befassen müssen, sind die Familiennamen der Kinder und die der Eltern zu 75 Prozent nicht mehr identisch. Das sind Kinder, die sehr feine Unterschiede machen zwischen „Papa“ und „Vater“, zwischen „Mutter“ und „Mammi“.

In der nächsten Folge lesen Sie: Wenn sich Kinder schuldig fühlen – Wie Bruchstellen zu flicken sind – Durchhalten oder zweiter Anlauf?

 

Familienmenschen (und andere)

Margot Käßmann (* Juli 1958 in Marburg) ist die erste Bischöfin im Amt, die die Scheidung einreichte. Mit der Bekanntgabe der Trennung nach 26 Ehejahren von ihrem Mann, dem Theologen Eckhard Käßmann, sorgte die Bischöfin für einen Augenblick des Innehaltens und der betroffenen Frage, ob eine Scheidung mit dem Kirchenamt zu vereinbaren sei. Seit Martin Luther die Ehe als „weltlich Ding“ einstufte (siehe Folge 9 unserer PAZ-Serie), ist sie für Protestanten kein Sakrament mehr. Gleichwohl hat innerhalb der Kirche der Kirchenrat darüber zu entscheiden, ob ein Amtsträger nach einer Scheidung weiterhin im Amt bleiben kann. Im Falle von Margot Käßmann beschloß der Kirchenrat, der Bischöfin „in dieser schwierigen Situation zur Seite zu stehen, sie in der bewährten Führung dieses Amtes mit allen Kräften zu unterstützen.“ Margot Käßmann, die Mutter von vier Töchtern ist, hielt sich mit öffentlichen Äußerungen zu ihrer Trennung zurück. In einem Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ nahm sie vor dem Hintergrund der gerade bekannt gegebenen Trennung zu Fragen der Ehe Stellung. Dabei sagte sie auf die Frage, ob es ihr nun schwer falle, das Leitbild der Ehe zu verteidigen: „Ich stehe zum Leitbild Ehe und Familie. Ich habe vier Kinder großgezogen, war 26 Jahre verheiratet und halte die Ehe für eine gute Institution.“ Und auf die Frage, ob sie sich komisch vorkomme, wenn sie ein Paar traue, sagte sie: „Nein, es ist gut, wenn sich zwei Menschen das Versprechen geben, einander zu begleiten, bis daß der Tod sie scheide. Aber ich weiß, daß Menschen scheitern können.“ Und an anderer Stelle sagte sie, auch sie und ihr Mann hätten diesen Anspruch einer lebenslangen Begleitung gehabt. „Ja, das wollten wir und sind doch daran gescheitert.“

Günther Oettinger (*  15. Oktober 1953 in Stuttgart) und Christian Wilhelm Walter Wulff (* 19. Juni 1959 in Osnabrück) lieferten als Ministerpräsidenten die beiden jüngsten Fälle, in denen prominente Politiker das Scheitern ihrer Ehe bekanntgeben mußten. Ein enger Terminkalender sorgt für Christian Wulff offenbar nicht nur im Amt für ein beschleunigtes Leben. Im Dezember 2007 stellte er offiziell seine neue Lebensgefährtin Bettina Körner vor. Das Paar erwartet im Sommer 2008 ein Kind. Zuvor muß noch die Scheidung Wulffs von seiner Frau Christiane rechtskräftig werden. Sogleich im Anschluß will das Paar heiraten. In dem gleichen Monat, in dem Wulff Trennung und neue Verbindung bekanntgab, hatte er auf die Frage, was ihn besonders glücklich gemacht habe in seinem Leben, geantwortet: „Die Geburt meiner Tochter Annalena am 8. November 1993. Als ich sie das erste Mal in meinen Armen gehalten habe, ist mir das Wunder des Lebens neu bewußt geworden.“ Über die Krise in der Ehe von Günther Oettinger und seiner Frau Inken (41) wurde schon länger gemunkelt, bevor Inken Oettinger mit einer vagen Erklärung einer von ihr selbst ausgesprochenen Einladung fernblieb. Die offizielle Erklärung für die Trennung lautete seitens des Ministerpräsidenten: „Meine Frau war zunehmend unglücklich mit der Belastung, die durch Termine und Öffentlichkeit entstanden ist“. .Zwei Tage später allerdings hatte der aktuelle Trennungsgrund einen Namen: Otmar Westerfellhaus. Zu diesem Mann fühlte sich Inken Oettinger nach 13 Ehejahren stärker hingezogen. Erich Kästner, der zu einer Zeit lebte, in der eine Scheidung noch als bemerkenswerte Ausnahme galt, reimte schlicht: „Als sie einander sieben Jahre kannten, und man darf sagen, sie kannten sich gut / Da kam ihnen die Liebe abhanden, wie anderen Leuten ein Stock oder Hut.“

Foto: Hoffnungsvoll gestartet, trauriges Ende: Immer mehr Ehen stehen vor dem Aus.


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