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12.04.08 / Mit ihm begann die moderne Physik / Vor 150 Jahren, am 23. April 1858, kam Max Planck, der Vater der Quantentheorie, zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Mit ihm begann die moderne Physik
Vor 150 Jahren, am 23. April 1858, kam Max Planck, der Vater der Quantentheorie, zur Welt
von Anne Bruch

Max Planck gehört zu den herausragenden Physikern des 20. Jahrhunderts. Seine wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiet der Thermodynamik und der Quantentheorie markieren den Beginn der modernen Physik, die dieser Fachrichtung ungeahnte Möglichkeiten eröffnete und unsere Welt nachhaltig veränderte. Darüber hinaus war Planck verantwortlich für bedeutende akademische Einrichtungen, die bis heute die deutsche Forschungslandschaft prägen. Seine Person stellt aber gleichzeitig die Konflikte, Brüche und Zweifel der deutschen Wissenschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar, und macht das Spannungsverhältnis von Forschung und Politik deutlich.

Max Planck war als Forscher ein Revolutionär wider Willen. Es war keineswegs seine Absicht, durch seine physikalischen Erkenntnisse das Weltbild der Zeit zu verändern. Auch Plancks Zeitgenossen wie seinem wissenschaftlichen Nachfolger Werner Heisenberg galt er als ein „seiner Natur nach ausgesprochen konservativer Denker, der … an der klassischen Geschlossenheit der Physik immer seine Freude hatte“. Dessen ungeachtet brachte seine Quantentheorie die – so der Nobelpreisträger Max Born –„Revolution des physikalischen Denkens“, denn Plancks unvoreingenommener Blick auf bis dahin ungeklärte Phänomene führte dazu, traditionelle Sichtweisen der Physik in Frage zu stellen und dadurch zu gänzlich neuen Einsichten zu kommen. Dabei war es keineswegs sicher, daß Max Planck ein naturwissenschaftliches Studium nach seinem Abitur aufnehmen würde. Lange schwankte der hervorragende und vielseitig begabte Schüler bei der Wahl seines Studienfaches und entschied sich erst spät für die Physik.

Der am 23. April 1858 in Kiel geborene Karl Ernst Ludwig Max Planck stammte aus einer bekannten Gelehrtenfamilie, die angesehene Theologen und Juristen aufweisen konnte. So gehörte sein Onkel Gottlieb Planck zu den Verfassern des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900, und Max Plancks Vater war Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Kiel. Im Jahr 1867 erhielt sein Vater einen Ruf an die Münchener Universität, so daß die ganze Familie in die bayerische Landeshauptstadt umzog. Dort besuchte er das angesehene Maximiliansgymnasium – doch eine besondere Begabung für die Mathematik oder Naturwissenschaften zeigten sich bei dem jungen Planck noch nicht. Vielmehr schienen seine Neigungen im musischen und philologischen Bereich zu liegen, und sein Interesse an theologischen Fragen wurde regelmäßig mit dem Schulpreis für Religionslehre ausgezeichnet.

Im Sommer 1874 legte Planck sein Abitur ab und beschloß nach reiflicher Überlegung, das Studium der Physik und Mathematik an der Münchener Universität zum Wintersemester aufzunehmen. Zuvor hatte ihm noch der Münchener Physikprofessor Phi­lipp von Jolly von dieser Disziplin abgeraten, da seiner Ansicht nach „in dieser Wissenschaft schon fast alles erforscht sei, und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schließen“. Planck entgegnete darauf, daß er „keineswegs den Wunsch hege, Neuland zu entdecken, sondern lediglich die bereits bestehenden Fundamente der physikalischen Wissenschaft zu verstehen, und vielleicht auch noch zu vertiefen“ beabsichtige.

Nach dem Grundstudium in München wechselte er 1877 nach Berlin, um dort sein Studium bei den zu dieser Zeit führenden deutschen Physikern Hermann von Helmholtz und Gustav Kirchhoff fortzusetzen. Planck intensivierte seine Studien und machte sich in dem wissenschaftlichen Umfeld Berlins mit dem aktuellen Forschungsstand der Physik vertraut. Sein besonderes Interesse galt dabei den Schriften von Rudolf Clausius (1822–1888), der als Entdecker des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik und Begründer des Begriffs der Entropie gilt. Plancks eigene thermodynamischen Studien, die er sowohl 1879 in seiner Dissertation als auch in der nur ein Jahr später eingereichten Habilitation vertiefte, trugen wesentlich zur theoretischen Begründung und begrifflichen Fundierung der physikalischen Chemie bei. Diese Arbeiten begründeten seinen Ruf als einer der herausragenden Physiker seiner Zeit und waren die Grundlage für Plancks weitere wissenschaftliche Beschäftigung.

Doch der Einstieg in seine berufliche Laufbahn gestalte sich anfänglich äußerst schwierig. Denn obgleich Planck bereits mit 22 Jahren habilitiert war, mußte er fast fünf Jahre als unbesoldeter Privatdozent an der Universität München arbeiten. Erst im Sommersemester 1885 bekam er endlich einen Ruf an die Universität Kiel, um dort als Extraordinarius für theoretische Physik tätig zu sein. Mit Hilfe seines wissenschaftlichen Lehrers von Helmholtz gelang es Planck dann im April 1889, an die Berliner Universität zu wechseln, wo er bereits 1892 zum Ordinarius für Theoretische Physik aufrücken konnte.

Max Plancks akademische Tätigkeit war für über ein halbes Jahrhundert mit der Berliner Universität eng verbunden. Seine Persönlichkeit führte die große Tradition der Physik in Berlin fort. Denn Berlin galt aufgrund der Bedeutung der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften und der Friedrich-Wilhelm-Universität als Zentrum der physikalischen Forschung und nahm darüber hinaus international eine führende Stellung in den Naturwissenschaften ein. Sich dieser Verantwortung bewußt, setzte Planck sich mit großem Engagement für die Wissenschaft ein. Er sah sich nicht nur verpflichtet, den Überblick über die Entwicklungen und den Forschungsstand seiner Zeit auf dem Gebiete der Physik zu bewahren, sondern förderte auch den wissenschaftlichen Nachwuchs. So war es Planck, der Albert Einstein 1914 als Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften nach Berlin holte und dessen Arbeiten auf dem Gebiet der Relativitätstheorie unterstützte.

Fernerhin widmete Planck seine besondere Aufmerksamkeit dem Aufbau wissenschaftlicher Organisationen und Kommunikationsstrukturen. So war er über drei Jahrzehnte im Vorstand der Physikalischen Gesellschaft, deren Mitglied er unmittelbar nach seiner Übersiedlung nach Berlin wurde, erst als Beisitzer und später als Vorsitzender tätig und wurde Mitherausgeber der „Annalen der Physik“. Plancks Verdienste um die Gesellschaft wurden 1927 durch die Ehrenmitgliedschaft gewürdigt und 1929 durch die erstmalige Vergabe der Max-Planck-Medaille anerkannt, die bis heute die höchste Auszeichnung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ist.

Planck war stets bereit entsprechende wissenschaftspolitische Funktionen zu übernehmen, da es seiner Auffassung entsprach, daß der moderne Wissenschaftsbetrieb nur dann optimal funktionieren würde, wenn sich die Gelehrten nicht nur ihrer Forschung widmen, sondern sich auch für diese Aufgaben bereitfinden würden. Über ein Vierteljahrhundert – von 1912 bis 1938 – nahm daher Planck das Amt des Sekretärs der Preußischen Akademie der Wissenschaften wahr. Er bekleidete damit eines der wichtigsten wissenschaftlich-organisatorischen Ämter, die ein Forscher, ohne Teil des Staatsdienstes zu sein, übernehmen konnte.

Ferner konnte Planck den Wissenschaftsbetrieb und das hohe internationale Ansehen der deutschen Wissenschaft in seiner Position als Rektor der Berliner Universität und Mitinitiator der 1920 gegründeten „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“ fördern. Im Jahre 1930 übernahm der mittlerweile 72jährige zudem noch das Präsidentenamt der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG). Er stand damit der wichtigsten deutschen Forschungsinstitution vor, der er bereits seit 1916 als Senator verbunden war. Trotz seiner vielfältigen Verpflichtungen gelang es Planck, sich weiterhin seiner physikalischen Forschung zu widmen, für die er 1919 den Nobelpreis für Physik verliehen bekam.

Wissenschaftlich erfolgreich und mit einer Fülle an Ämtern versehen, mußte Planck jedoch eine Reihe von privaten Schicksalsschlägen erleiden. So starb seine erste Frau Marie im Oktober 1909, und sein ältester Sohn Karl fiel im Ersten Weltkrieg 1916 bei Verdun. Seine beiden Töchter, die Zwillinge Emma und Grete, überlebten die Geburt ihres jeweils ersten Kindes nicht.

Auch die Auseinandersetzung mit der Politik erschwerte das Leben von Max Planck. Seine Position als Leiter und Vorstand verschiedenster wissenschaftlicher Einrichtungen und das damit verbundene öffentliche Auftreten machten Planck zu einer Persönlichkeit der politischen Öffentlichkeit. Doch während Albert Einstein seine akademische Stellung nutzte, um schon während des Ersten Weltkrieges seine pazifistische Überzeugung der Öffentlichkeit zu übermitteln, verhielt sich Planck Zeit seines Lebens politisch indifferent. Seine politische Auffassung war durch eine eher konservative und staatstreue Grundeinstellung geprägt. So war Planck zu Beginn des Ersten Weltkrieges nicht frei von dem damaligen Enthusiasmus. Später vertrat Planck zwar eine kritischere Meinung, unklar ist jedoch, ob sich diese aus einer ethischen Überzeugung entwickelte oder ob er nur opportunistisch verhindern wollte, daß seine mühsam aufgebauten internationalen Wissenschaftsbeziehungen durch Krieg und politische Intoleranz gefährdet werden.

Ein differenziertes Urteil über Max Plancks Haltung in der Zeit des Nationalsozialismus ist äußerst schwierig zu entwerfen, da seine sämtlichen wissenschaftlichen Aufzeichnungen, Tagebücher und die Korrespondenz während eines Bombenangriffs auf Berlin im Februar 1944 zerstört wurden. Die Informationen über ihn beziehen sich deshalb oftmals auf zeitgenössische Aussagen und auf wenige Quellen, die sein Privatleben beschreiben. Auch sind in den Archiven der Institutionen, denen Planck angehörte, keine Dokumente zu finden, die eine eindeutige politische Haltung gegenüber den neuen Machthabern erkennen lassen.

Eindeutig war jedoch Plancks Bestreben, die Forschungsinstitute möglichst frei von politischen und staatlichen Eingriffen zu halten sowie weiterhin ein hohes wissenschaftliches Niveau zu garantieren. Er konnte zwar in seiner Funktion als Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft die nationalsozialistische Gleichschaltung verzögern, aber sie abzuwehren war er letzt­endlich nicht in der Lage. Die nationalsozialistische Entlassungspolitik, der viele seiner Kollegen zum Opfer fielen, und andere Willkürmaßnahmen wurden von ihm ohne öffentlichen Protest hingenommen. Gleichwohl versuchte er, individuelle Lösung für vertriebene Wissenschaftler zu finden und für den Erhalt wissenschaftlicher Freiräume einzutreten. Seine Bereitschaft, mit dem politischen System zusammenzuarbeiten, sowie die Vereinnahmung seiner Person für die Zwecke des Dritten Reiches prägten dabei insbesondere die frühen 1930er Jahre. Erst als sich der politische Druck auf den mittlerweile 80jährigen Planck erhöhte und 1938 die Akademie der Wissenschaften gleichgeschaltet wurde, trat er aus Protest von seinen Ämtern zurück.

Die letzten Lebensjahre waren geprägt von der schwierigen Kriegssituation und persönlichen Schicksalsschlägen. So verlor er durch den Luftangriff seinen Besitz vollständig und mußte bei einem befreundeten Industriellen Quartier beziehen. Kurze Zeit später unternahm seine Enkelin Emma einen Suizidversuch, und am 23. Juli 1944 wurde schließlich sein Sohn Erwin als Beteiligter des Aufstandes vom 20. Juli 1944 verhaftet und in das Hauptquartier der Gestapo gebracht. Es besteht kein Zweifel, daß der Vater über die politische Haltung seines Sohnes Bescheid wußte. Denn beide standen sich sehr nahe und besuchten regelmäßig die Mittwochs-Gesellschaft für wissenschaftliche Unterhaltung, bei der die am Aufstand Beteiligten stets zusammentrafen. Planck versuchte seinen ganzen Einfluß geltend zu machen, um das noch im Oktober 1944 ausgesprochene Todesurteil, für seinen Sohn in eine Gefängnisstrafe umzuwandeln, aber Erwin Planck wurde im Februar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Im Mai 1945 brachten amerikanische Kollegen Max Planck zu Verwandten nach Göttingen, wo er in bescheidenen Verhältnissen die unmittelbare Nachkriegszeit verbrachte. Diese war für ihn durch Krankheit und Altersbeschwerden gekennzeichnet Dennoch setzte sich Planck als Doyen der Theoretischen Physik für den Wiederaufbau der deutschen Wissenschaft ein. So unternahm er im Juli 1946 als einziger geladener Deutscher eine Vortragsreise zu den Feierlichkeiten der Royal Society zum 300. Geburtstag Isaac Newtons, um dort mit seiner Persönlichkeit für ein „besseres Deutschland“ einzutreten. Fernerhin übernahm Planck im selben Jahr noch einmal die kommissarische Präsidentschaft der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, die während der britischen Besatzungszeit in Göttingen wieder aufgebaut wurde. Die Planung zur Umbenennung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Max-Planck-Gesellschaft erlebte der 88jährige Wissenschaftler noch im September 1946, bevor er, etwas über ein Jahr später an den Folgen mehrerer Schlaganfälle am 4. Oktober 1947 verstarb.

 

Sie trägt seinen Namen

Die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. (MPG) ist eine gemeinnützige Forschungsorganisation mit Sitz in Berlin und München. Sie ging 1948 unter der Präsidentschaft von Kurt Hahn aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) hervor, die seit 1911 zu der führenden wissenschaftlichen Einrichtung auf dem Gebiet der Grundlagenforschung in Deutschland zählte.

Die MPG ist die Trägergesellschaft der 78 Max-Planck-Institute und -Forschungseinrichtungen, die sich maßgeblich der natur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung widmen. Diese Institute arbeiten zwar in Kooperation mit den Universitäten, bleiben aber unabhängig von deren Verwaltung und Anweisungen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dienen der Allgemeinheit und beabsichtigen, Schwerpunkte exzellenter Forschung – so genannte Exzellenzcluster - in Zusammenarbeit mit den deutschen Universitäten zu bilden. Auch international ist die MPG eine führende Wissenschaftsinstitution. im Jahre 2006 wurde sie in einer Umfrage des renommierten Times Higher Education Supplement zu der weltweit besten nicht-universitären Forschungseinrichtung gewählt. Für ihre Qualität sprechen auch die 17 Nobelpreisträger, die seit 1948 aus den Reihen der an den Max-Planck-Instituten tätigen Wissenschaftler hervorgingen.

Foto: Max Planck: Ein Revolutionär des physikalischen Denkens wider Willen.


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