19.03.2024

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12.04.08 / Einer der letzten ist gegangen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Einer der letzten ist gegangen
von Hans-Joachim von Leesen

Einer der letzten noch lebenden Ritterkreuzträger, Hans Georg Hess, starb am 29. März 2008 in seinem Heim in Wunstorf bei Hannover. Sechs Wochen später wäre er 85 Jahre alt geworden.

Millionen kennen das U-Boot, dessen letzter Kommandant Hess war. Es ist U 995, das am Fuße des Marine-Ehrenmals in Laboe steht. Im Oktober 1944 übernahm der Oberleutnant zur See, erst 21 Jahre alt, das Kommando über U 995. Operationsgebiet sollte das Nordmeer sein, um britische und amerikanische Geleitzüge anzugreifen, die Kriegsmaterial in die Sowjetunion brachten. In den wenigen Monaten bis zum Kriegsende konnte das Boot einen Zerstörer, einen bewaffneten Fischdampfer. ein Geleitboot und vier Frachtschiffe versenken sowie einen weiteren Zerstörer und drei Frachter torpedieren. Im Februar 1945 drang das U-Boot nachts in den von den Sowjets besetzten finnischen Nordmeerhafen Kirkenes ein und torpedierte einen an der Pier liegenden Frachter. Unbemerkt erreichte es wieder die offene See. Dafür erhielt der Kommandant das Ritterkreuz. Am Kriegsende wurde die Besatzung von den Engländern in Norwegen interniert, U 995 ging an die norwegische Kriegsmarine, die es 1966 an die Bundesmarine übergab mit der Auflage, daß der Erhalt und eine würdige Aufstellung garantiert werden.

Nach Jurastudium, Promotion und Tätigkeit in der Wirtschaft war Hess bis 1984 Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hannover, um sich anschließend als Rechtsanwalt selbständig zu machen. Wie es leider in unserem Lande nicht selten ist, geriet Hess 2001 in eine Diffamierungskampagne. Der Norddeutsche Rundfunk verbreitete, ohne Hess vorher angehört zu haben, die Behauptung, Hess und seine Offiziere hätten während der britischen Gefangenschaft ein Besatzungsmitglied „ermorden“ lassen. Hess ging gegen die Verleumdung vor. Tatsächlich hatte sich das Besatzungsmitglied unerlaubt von der Einheit entfernt. Als es gefaßt und eingesperrt wurde, versuchte es auszubrechen und überfiel den Wachposten. Der erschoß es versehentlich. Ein anschließendes Gerichtsverfahren hatte die Umstände des Todes geklärt und weder Hess noch einen anderen Offizier schuldig gesprochen. Nach anfänglicher Weigerung mußte der Rundfunk Hess die Möglichkeit bieten, vor den Fernsehkameras den wirklichen Tatverlauf zu schildern.

Hess trat stets für die Ehrenrettung seiner früheren Kameraden ebenso ein wie für seinen früheren Oberbefehlshaber, Großadmiral Karl Dönitz. Mit ehemaligen U-Boot-Fahrern der US-Navy hielt er bis zu seinem Tode kameradschaftlichen Kontakt.


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