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12.04.08 / Alarmierendes Ergebnis / Studie: Zuviel Fernsehen stört das Gleichgewicht und führt zu Haltungsschäden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-08 vom 12. April 2008

Alarmierendes Ergebnis
Studie: Zuviel Fernsehen stört das Gleichgewicht und führt zu Haltungsschäden

Fernsehen stört das Gleichgewicht und schadet der Haltung. Ob übermäßiger Fernsehkonsum und häufige Computernutzung schlechtes Ernährungsverhalten, Bluthochdruck und Diabetes bei Kindern und Jugendlichen begünstigen und soziales Verhalten negativ beeinflussen, wird seit Jahren heftig und kontrovers diskutiert. Manche Behauptungen, zum Beispiel die, daß Dauerfernsehen alleine den Blutdruck nachhaltig hochtreibe, konnten in Studien nicht bestätigt werden. Viele Behauptungen entspringen der subjektiv gefärbten Beobachtung, andere haben ihre Quellen in persönlichen Überzeugungen und Glaubensvorstellungen. Harte Fakten wollen die gescholtenen Medien, die für den schlechten Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen verantwortlich gemacht werden.

Aktuelle Meßergebnisse einer Forschergruppe der Universität des Saarlandes belegen nun, daß starker Fernsehkonsum und dauerndes Computerspielen erheblich das Gleichgewichtsempfinden stören und Haltungsschwächen verursachen. Das hat ein Team aus Orthopäden, Neurologen, Humanbiologen, Sportwissenschaftlern und Physiotherapeuten im Rahmen einer Teilstudie der Aktion Kid-Check mit einer eigens entwickelten Meßmethode erstmals nachgewiesen. Alarmierend ist bereits das Zwischenergebnis der Studie: Vier von zehn Kindern sind demnach nicht in der Lage, im Stehen eine stabile Körperhaltung einzunehmen und zu bewahren. Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler 1600 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 17 Jahren. Rund 40 Prozent der jungen Teilnehmer gelang es nicht, ihren Körper im Stehen aufrecht zu halten. Besonders ausgeprägt sind solche Haltungsschwächen bei Kindern, die viel Zeit vor dem Fernseher oder Computer verbringen. Bei einem speziellen Test mußten die Kinder erst mit geöffneten, dann mit geschlossenen Augen eine Minute still stehen. Dabei wurde die Körperschwankung gemessen. Prof. Eduard Schmitt von der Orthopädischen Klinik der Universitätsklinik Homburg und ärztlicher Leiter der Untersuchung erklärt: „Für die Steuerung unserer Körperhaltung und -bewegung sind mehrere Sinnessysteme zuständig. Neben den Augen als visuelles System sind dies Sinneszellen in den Fußsohlen, in Haut, Mus-keln, Sehnen und Gelenken und schließlich das Gleichgewichtsorgan im Ohr.“ Häufiges Fernsehen und Computerspielen führt nach Auffassung der Forscher offenbar dazu, daß das visuelle System besonders beansprucht und trainiert wird und dadurch bei der Steuerung der Haltung und Bewegung des Körpers eine dominierende Rolle übernimmt. Die anderen Sinneswahrnehmungen zur Körpersteuerung werden bei langem Sitzen vor dem Bildschirm hingegen nicht ausreichend genutzt und geschult. Den betroffenen Kindern fällt es daher mit geschlossenen Augen im Stehen schwer, das Gleichgewicht zu halten und richtig still zu stehen.

Eine schlechte Körperhaltung bei Kindern und Jugendlichen ist also nicht allein auf schwache oder schlecht gedehnte Muskeln zurückzuführen. Denn das Kid-Check-Team hat jetzt erstmals zweifelsfrei nachgewiesen, daß in vielen Fällen aufgrund schlecht trainierter Sinne die Körpereigenwahrnehmung gestört ist (Propriozeption). Fällt bei geschlossenen Augen das visuelle System weg, können die schlecht trainierten anderen Sinneswahrnehmungen keine ausreichenden Informationen liefern. Daher gelingt es den betroffenen Kindern nicht, ihre Haltung optimal zu steuern. Schmitt: „Erst wenn wir genau verstehen, wie Haltungsschäden entstehen, können wir gezielt dagegen vorgehen. Im Rahmen der Aktion wurden bereits mehrere hundert Kinder untersucht.“

15 Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren boten die Untersucher ein halbes Jahr lang die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Programm mit Übungen für Gleichgewicht und Koordination. Außerdem wurden Kraft und Beweglichkeit trainiert. „Im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe zeigten alle Jugendlichen der Trainingsgruppe nach Abschluß der Studie eine deutlich verbesserte Körperhaltung“, so Schmitt.       ddp


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