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19.04.08 / Streit bewußt inszeniert? / »Zug der Erinnerung«: Die Attacken gegen Hartmut Mehdorn werden zunehmend schriller

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-08 vom 19. April 2008

Streit bewußt inszeniert?
»Zug der Erinnerung«: Die Attacken gegen Hartmut Mehdorn werden zunehmend schriller
von Markus Schleusener

Eine Dampflok schiebt sich auf den Berliner Ostbahnbahnhof. Auf dem Gleis drängeln sich Schaulustige. Polizei und Bahnpersonal sorgen für Ruhe und Ordnung. Außerdem anwesend: etliche Kamerateams, Fotografen, Journalisten.

„Würden Sie einmal bitte herschauen – für die Berliner Morgenpost?“, fragt der Fotograf. Er meint den Lokführer. Der lächelt in die Kamera und antwortet im Scherz: „Aber die Bilder nicht an Herrn Mehdorn schicken.“ Die Umstehenden lachen.

Es stimmt alles an diesem April-Sonntag. Die Macher der Aktion „Zug der Erinnerung“ könnten zufrieden sein. Der Himmel ist wolkenlos. Ihr „Zug der Erinnerung“ ist planmäßig angekommen. Das Gleis ist voll mit Besuchern. Doch als um 12 Uhr mittags die Kundgebung der Initiatoren beginnt, schimpft ein Redner erstmal kräftig auf die Deutsche Bahn.

 „Einige wenige Machthaber“ – gemeint ist wohl vor allem Bahnchef Hartmut Mehdorn – wollten das Gedenken verhindern. Aber will der Bahn-Chef das wirklich? Den Beweis dafür sind die „Zug-der-Erinnerung“-Macher bisher schuldig geblieben.

Der „Zug der Erinnerung“ ist ein Verein, der mit einem historischen Zug an die Deportation von Kindern während der NS-Diktatur erinnern will. Keine einfache Aufgabe: Der Terminkalender des offiziellen Deutschland ist ohnehin reichlich bestückt mit Holocaust-Gedenktagen, Wanderausstellungen zu Krieg und Drittem Reich und ähnlichem. Das Fernsehen sendet nachgerade täglich etwas zu dem Thema. Kaum eine größere Stadt ist mehr ohne „Stolpersteine“, erst in der vergangenen Woche war im Bundestag wieder eine Gedenkstunde wegen der NS-Machtergreifung 1933. Wie also kann ein Verein die Aufmerksamkeit an sich ziehen?

Die Initiative „Zug der Erinnerung“ fiel auf durch wiederkehrenden, laut und öffentlich angezettelten Streit, der regelmäßig entflammte, bevor der Zug eine Stadt erreichte.

Im November startete er in Frankfurt am Main. Am 8. Mai soll der Zug in Auschwitz einrollen. In den Städten, in denen der Zug bereits war, gab es stets Ärger mit der Bahn. Die Initiatoren suchten, so schien es bisweilen, die Auseinandersetzung regelrecht.

Jetzt also die deutsche Hauptstadt. Der Zug sollte in Berlin-Grunewald halten. Hier wurden von den Nationalsozialisten Juden für den Transport nach Osten verladen. Das Gleis 17 wäre also wie gemacht für die Erinnerung an die Deportation.

Problem: Auf diesem Gleis kann beim besten Willen kein Zug mehr halten, da es längst abgeschnitten ist vom restlichen Bahnnetz. In den alten Anlagen wuchern Gras und andere Pflanzen.

Die Bahn bot ein anderes Gleis am gleichen Bahnhof an. Doch das Angebot wurde von den Machern nicht beachtet. Dafür erregten sie sich umgehend, die Bahn verweigere aus böser Absicht den Halt auf dem besagten Gleis 17. „Anstatt mit uns zu sprechen, werden Pressekonferenzen anberaumt und haltlose Vorwürfe gegen die Bahn erhoben. Das ist genau der Umstand, der die Zusammenarbeit mit der Initiative so schwierig macht“, klagt ein Bahn-Sprecher.

So ähnlich lief der Streit um den geplanten Aufenthalt auf dem Berliner Hauptbahnhof. Die Bahn lehnte dies ab – wegen der zu erwartenden Verkehrsprobleme. Stattdessen hielt der Zug nun auf dem ebenso bahneigenen Ostbahnhof. Für den Verein ein „Boykott“.

Bahn und Verein streiten natürlich auch ums Geld. So eine Fahrt kostet etwa 100000 Euro für Trassen-Entgelt. Das sind Gebühren, die die Bahn für den Zug berechnen muß, ob sie will oder nicht. Ein Gesetz schreibt es ihr vor, alle Zugunternehmen gleich zu behandeln. Die Bahn will das Entgelt unter Umständen an eine jüdische Organisation spenden. Aber das reicht den Machern vom „Zug der Erinnerung“ nicht. Das Geld vom Staat, der allein in Berlin 23000 Euro für ihre Aktion bereitgestellt hat, ebenso wenig. Über das zusätzliche Spendenaufkommen des Vereins liegen keine Erkenntnisse vor. Über die Initiatoren auch kaum.

Am vergangenen Sonntag drängelten sich rund 500 Personen an dem Gleis, auf dem der historische Zug stand. Ohne die „Offiziellen“, die Eisenbahn-Hobbyforscher und die aus beruflichen Gründen anwesenden Journalisten wären es noch deutlich weniger gewesen.

Dafür haben es die Macher immerhin in die ARD-Tagesschau um 20 Uhr geschafft. Ob der inszenierte Rummel einem würdigen Gedenken dienlich ist, diese Frage stellte niemand.

Foto: Gedenken an deportierte Kinder: Der „Zug der Erinnerung“ im Berliner Ostbahnhof


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