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19.04.08 / Insolventer Winzling von der Weser / Ehemalige Viehmarktsbank gibt sich als Opfer der globalen Finanzkrise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-08 vom 19. April 2008

Insolventer Winzling von der Weser
Ehemalige Viehmarktsbank gibt sich als Opfer der globalen Finanzkrise
von Ansgar Lange

Zum Abschied flossen Tränen: Als der Druck zu groß wurde, gab Ingrid Matthäus-Maier ihren Job als KfW-Chefin auf. Die „Süddeutsche Zeitung“ zeichnete das Porträt einer Frau, die in „der eher kühlen Welt der Nadelstreifen-Träger“ mit ihrer offenen Art erfrischend gewirkt habe. Sie habe doch nur das Gute gewollt: „Eigentlich wollte sie zeigen, wie man Firmen, Existenzgründer, Studenten und Häuslebauer mit günstigen Krediten fördert, wie man den Umweltschutz finanziert, die Entwicklungshilfe anschiebt und nebenher ein bißchen die Welt verbessert.“

Dabei ist es nur larmoyant, wenn Frau Matthäus-Maier sich jetzt über die Angriffe aus der Politik wegen des Trauerspiels um die Mittelstandsbank IKB beschwert. Schließlich war sie früher selber Politikerin auf dem Ticket von FDP und SPD. In Deutschland wird zwar oft beklagt, daß es an dem nötigen Austausch von Politik und Wirtschaft mangele. Was aber eine ehemalige Studentin der Rechtswissenschaften und Verwaltungsrichterin dazu prädestiniert, auf dem glatten Parkett der Finanzwelt unterwegs zu sein, mögen andere beurteilen. Selbstverständlich tragen viele Vertreter der sogenannten Deutschland AG die Verantwortung für das IKB-Desaster, für das wir Steuerzahler finanziell aufkommen müssen.

In der Bankenwelt ist es zur gängigen Ausrede geworden, auf die Immobilienkrise in den USA zu verweisen. Wer das tut, ist nur noch ein halber Versager. Auch die kleine Weserbank versuchte sich in diesem schäbigen Spiel der Volksverdummung. Eine ehemalige „Viehmarktsbank der Unterweserstände“ – so startete man im Jahr 1912 noch ganz bescheiden – als Opfer der weltweiten Finanzkrise! „In einem normalen Marktumfeld hätte die Bank niemals geschlossen werden müssen“, tönte Gerold Lehmann, Chef der Weserbank, selbstbewußt und ganz ohne Träne im Knopfloch. „Die Finanzkrise ist nicht der Auslöser für die Pleite der Bank“, konterte eine Sprecherin der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kühl und korrekt.

Nachdem die BaFin die Überschuldung der Weserbank festgestellt hatte, machte sie dort die Schotten dicht. Inwiefern die Bankaufsicht zuvor geschlafen hat, bedarf einer näheren Prüfung. Schon vor geraumer Zeit hatten die Banken die Arbeitsteilung in der Finanzaufsicht zwischen der Deutschen Bundesbank und der BaFin als wenig transparent gerügt. In einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2006 wurde die Arbeit der Bundesbank als kompetenter wahrgenommen. Gegenüber der BaFin hegten die befragten 800 Kreditinstitute den Zweifel, sie sei mit den jeweiligen Geschäftsmodellen wenig vertraut.

Die Geschichte der Winzlingsbank von der Weser ist in der Tat so abenteuerlich, daß die Aufsichtsbehörden eigentlich schon früher hätten Verdacht schöpfen können. Erst 2001 gab sie das Viehmarktgeschäft auf. 2006 wurde sie dann von einer Investorengruppe um den jetzigen Bankchef Lehmann übernommen. Lehmann war früher Deutschlandchef der Schweizer Großbank UBS, die der größte Vermögensverwalter weltweit ist. Nun waren anscheinend Gigantomanie und Größenwahn angesagt: „Von nun an wollten die Bremerhavener Banker größere Räder drehen. Sie eröffneten eine Filiale in Frankfurt und stiegen sogar in das Investmentbankinggeschäft ein. Doch die Ziele waren zu groß gewählt. Mit einer Bilanzsumme von rund 121 Millionen Euro ist die Weserbank kleiner als die Stadtsparkasse Sachsa – und die ist immerhin die kleinste Sparkasse Deutschlands“, berichtete der „Berliner Tagesspiegel“.

Zum Glück müssen die 2800 Kunden der Weserbank nicht um ihr Geld bangen. Sofort werden sie jedoch nicht an ihr Geld kommen. Zunächst muß ein Insolvenzverfahren eingeleitet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt werden. Der entscheidet dann, wann die Gelder gezahlt werden. Außerdem sind 90 Prozent der Einlagen (maximal 20000 Euro) bei der Bank gesetzlich abgesichert. Doch auch hier muß die BaFin zunächst den offiziellen Entschädigungsfall feststellen. Während die Weserbank auf Weisung der Aufsichtsbehörde keine Gelder mehr auszahlen darf, darf sie weiterhin Zahlungen entgegennehmen. Schulden bei dem kollabierten Kreditinstitut sind demnach – schön wär’s gewesen – nicht hinfällig.


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