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26.04.08 / Fata Morgana im märkischen Sand / Vision von »Chinatown« bei Oranienburg geplatzt – Neues Glied einer Kette von fehlgeschlagenen Investitionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-08 vom 26. April 2008

Fata Morgana im märkischen Sand
Vision von »Chinatown« bei Oranienburg geplatzt – Neues Glied einer Kette von fehlgeschlagenen Investitionen
von Markus Schleusener

Das in Oranienburg bei Berlin geplante Projekt „Chinatown“ steht vor dem Aus. Das geplante Mega-Gewerbegebiet, das der Ansiedlung chinesischer Investoren in Brandenburg dienen sollte, erweist sich als Luftnummer. Die Stadt rechnet nicht mehr mit der Verwirklichung des Projekts, an das sie große Hoffnungen geknüpft hat.

Kritische Beobachter begleiteten das großspurig angekündigte Vorhaben von Anfang an mit gehöriger Skepsis. Vor einem Jahr (18/07) wunderte sich auch die PAZ: Warum sollten „echte Investoren“ aus dem Reich der Mitte freiwillig in ein ländliches Ghetto ziehen, und damit unter sich und fernab jenes Marktes bleiben, den sie doch erobern wollen?

Stefan Kunigam hatte solche Bedenken damals vom Tisch gewischt. Der Geschäftsführer der Brandenburg-China Projekt Management GmbH aus Frankfurt/Oder wollte Firmen aus China nach Deutschland lotsen und hatte den verwegenen Plan entwickelt, einen alten Flugplatz der Sowjets in ein Gewerbegebiet umzubauen.

1994 wurde der Flugbetrieb mit dem Abzug der Roten Armee eingestellt. 2008 sollten dort, so Kunigams Plan, Teehäuschen und Pagoden – umsäumt von einer riesigen „chinesischen Mauer“ –entstehen. Spätestens 2010 sollte das Geschäft richtig brummen.

Die Riesensumme von 700 Millionen Euro sollte im märkischen Sand investiert werden. Die Lokalpolitiker waren hellauf begeistert, stimmten vor einem Jahr zu. Doch nun hat Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) den Plan so gut wie aufgegeben. „Die Chance auf die Umsetzung halte ich inzwischen für sehr, sehr gering“, sagt er. Die „Investoren“ haben noch nicht einmal das Gelände gekauft, weil ihnen das Geld dazu fehlt. Woher soll dann das Geld kommen, um 2000 Wohnungen und den ganzen China-Schnickschnack zu bezahlen? Was aus dem Projekt wird, entscheidet sich dieser Tage, wenn  Kunigam, die Kommune und das Land zu abschließenden Beratungen zusammenkommen.

Indes erhielten die Spekulationen über die angebliche chinesische Investitionslust in der Region von anderer Stelle neue Nahrung. Im Mai 2007 kündigte eine chinesische Fluggesellschaft, die „Linkglobal Logistics“, die Übernahme des kompletten Flughafens von Parchim in Mecklenburg an.

Das Unternehmen wolle, so hieß es, über den Flughafen in der Nähe von Schwerin vor allem Frachtgut transportieren, aber auch Passagiere. Parchim ist der erste europäische Flughafen, für den Chinesen eine Betriebserlaubnis erhalten haben. Ausgerechnet Parchim. In einer Gegend, in der sich Hase und Igel „Gute Nacht“ sagen, unkten die Spötter.

Und das Geschäft kam tatsächlich bald ins Stocken. Plötzlich war die Kaufsumme um zwei Drittel niedriger, und selbst diesen Betrag konnte der chinesische Investor nicht begleichen. Ende 2007 mußte der Landkreis den Chinesen das Geld aus Steuermitteln stunden. Sie stottern die letzten 18 Millionen Euro jetzt in Raten ab. So ist jedenfalls der Plan. Das Projekt ist zwar nicht tot, aber auch nicht so groß wie ursprünglich angekündigt.

Diese ominöse China-Verbindung ist nur ein weiterer Flop, an dem Landesregierungen und Lokalpolitiker der Region seit 1990 kräftig arbeiten. Wie Wanderer aus der Wüste rennen sie einer Fata Morgana nach der anderen hinterher.

Chipfabrik, Lausitzring, Großflughafen – alles fragwürdige Projekte aus Brandenburg. Und Cargolifter, das Denkmal aller modernen Industrieflops. Die Luftschifffabrik ging nie in Betrieb. Jetzt verbringen Urlauber einen Wintertag in der monströsen Halle. Sie beherbergt ein Spaßbad mit Rutsche und Whirlpool. Der Besucheransturm hält sich allerdings in Grenzen.

Nur eines haben die Cargolifter-Erfinder erreicht: Ihr Projekt hatte einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Idee, große Bauteile nicht mehr als Schwerlasttransport auf der Straße, sondern mit einem Zeppelin durch die Luft zu überführen, hatte etwas Bestechendes. Und die (nunmehr zweckentfremdete) Halle war und ist das Monument dieser Idee. Auf einen hohen Bekanntheitsgrad setzt auch der Bürgermeister von Oranienburg. Er versucht, das beste aus der Situation zu machen, wenn er sagt: „Immerhin ist mit Chinatown ein interessanter Standort bundesweit bekannt geworden. Hoffentlich interessieren sich neue Investoren.“


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